Samstag, 20. April 2024

Archiv

Ukraine-Konflikt
"Wir sind russische Soldaten"

Sie wurden in der Ost-Ukraine festgenommen, und sie sagen in einem Zeitungsinterview: Ja, wir gehören der russischen Armee an. Damit bestätigen die zwei Gefangenen die Angaben der ukrainischen Regierung. Doch Moskau dementiert weiterhin eine militärische Beteiligung.

Von Gesine Dornblüth | 22.05.2015
    Ein angeblicher russischer Soldat in einem Militärhospital in Kiew.
    Bekräftigt, der russischen Armee anzugehören: Feldwebel Aleksandrow, hier in einem Militärhospital in Kiew (AFP / GENYA SAVILOV)
    Der Reporter der russischen kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gazeta" hat die beiden russischen Gefangenen in ihren Krankenbetten in einem Krankenhaus in Kiew gesprochen. Die Zeitung hat ein Video des Interviews veröffentlicht. Ob er noch nicht aus der Armee entlassen sei, fragt der Reporter einen der Männer, den Hauptmann Jerofejew.
    Er sei noch nicht entlassen, antwortet der Mann. Und weiter: "Ich bin als Angehöriger der Armee gekommen und habe einen Befehl ausgeführt. Ich habe niemanden getötet."
    "Befehle ausgeführt"
    Auch der zweite Mann, ein Feldwebel Aleksandrow, bekräftigt in dem Interview, er gehöre noch der russischen Armee an. Er wolle nicht als Söldner oder Bandit behandelt werden.
    "Es gab einen Befehl, ich habe ihn als Militärangehöriger ausgeführt. Das war eine Dienstreise. Wir sind am 16. Mai mit dem Kommandeur der Gruppe losgegangen, um die Ortschaft auszukundschaften. Wir sind ukrainische Stellungen abgegangen. Als wir näher kamen, blieben meine Kameraden hinter mir zurück, ich hörte Schüsse. Ich bin etwa 15 Meter gerannt, wurde verwundet, dann festgenommen.
    Beide Männer geben an, einer Einheit des militärischen Aufklärungsdienstes in der Wolgastadt Toljatti anzugehören. Auch Vertretern der OSZE haben sie gesagt, sie seien Soldaten der russischen Armee. Sie hätten aber keinen Kampfauftrag gehabt. In dem Interview mit der Nowaja Gazeta bitten die Männer darum, als Gefangene ausgetauscht zu werden.
    Angehörige dementieren
    Das russische Verteidigungsministerium hatte Anfang der Woche mitgeteilt, es handele sich bei den beiden Männern um "ehemalige Soldaten", die freiwillig in der Ukraine seien. Das russische Staatsfernsehen sendete Interviews mit Angehörigen der beiden Gefangenen: mit dem Vater des einen und der Ehefrau des anderen. Beide sagen in die Kamera, die Männer hätten den Dienst im Dezember 2014 bzw. im Januar 2015 quittiert.
    Im Interview der Nowaja Gazeta zeigt sich Feldwebel Aleksandrow überrascht von den Aussagen seiner Frau. Das schockiere ihn jetzt ein wenig. Und Hauptmann Jerofeew äußert offen Unmut: "Es ist traurig, dass man uns, ich weiß nicht, vergisst, im Stich lässt, abschreibt."
    Moskau will beide freibekommen
    Am Mittag hat Kremlsprecher Dmitrij Peskow auf das Interview der Soldaten reagiert: Russland werde alles tun, um die beiden Männer freizubekommen. Den Inhalt des Videos wollte er nicht kommentieren.In Russland wird die Präsenz regulärer russischer Soldaten in der Ukraine nach wie vor geleugnet.
    Letzte Woche war in Moskau der Nemzow-Bericht erschienen. Oppositionelle um den ermordeten Politiker haben darin viele bis dahin schon bekannte Belege für eine russische Militärpräsenz erstmals komprimiert zusammengestellt, darunter ganz ähnliche Videoaussagen wie die heute veröffentlichten.
    Auch der Inhalt des Nemzow-Berichts wurde von den Staatsmedien und vom Kreml weitgehend ignoriert. Die Autoren indes müssen strafrechtliche Verfolgung fürchten. Der Leiter einer kremltreuen Organisation hat Beschwerde bei der russischen Staatsanwaltschaft eingereicht, wegen angeblicher Verbreitung von Unwahrheiten in dem Bericht.