Freitag, 29. März 2024

Archiv

Vor 275 Jahren
Die Gründung des Wiener Burgtheaters

Das Burgtheater in Wien ist das größte und bestausgestattete deutschsprachige Sprechtheater. Gegründet als kaiserliches Hoftheater brachte es erstmals Adelige und Bürgerliche zusammen. Vor allem Opern und Ballett waren beliebt, das Schauspiel hingegen war weniger erfolgreich. Erst die Erhebung zum "National-Hoftheater" 1776 brachte die Wende.

Von Eva Pfister | 14.03.2016
    "Bei uns im Theater, das ist eine Not, wie soll man denn danken bei Vorhangverbot ."
    Dass das Wiener Burgtheater etwas Besonderes ist, zeigte sich fast 200 Jahre lang auch daran, dass die Darsteller keinen Applaus entgegennehmen durften. Das sogenannte Vorhangverbot sollte verhindern, dass die kaiserlich-königlichen Hofschauspieler sich vor dem gemeinen Volk verbeugen mussten. Als Relikt aus der Kaiserzeit ist das Burgtheater bis heute ein Mythos. Das erlebte auch Hermann Beil, der dort 13 Jahre lang Chefdramaturg war.
    "In Wien ist jeder stolz auf das Burgtheater, auch wenn er nicht hineingeht. Ich erinnere mich, mit dem Taxi bin ich einmal vorbeigefahren, und der Taxifahrer dachte, ich sei ein Tourist, und dann hat er ganz stolz gesagt: Und hier ist unser Burgtheater, die erste Bühne deutscher Zunge!"
    Pragmatische Anfänge
    Die Anfänge der legendären Bühne waren pragmatisch. Die hohen Kosten der theatralischen Lustbarkeiten am österreichischen Hof bewogen Kaiserin Maria Theresia dazu, am 14. März 1741 einen Vertrag mit dem Theaterimpresario Joseph Carl Selliers abzuschließen. Darin überließ sie ihm das Ballhaus, eine Art Sporthalle neben der Hofburg:
    "dass er solches zu einem Opern-, respektive Komödienhaus auf eigene Kosten innerlich zurichte ... und darin zu mehrerer Divertierung des Publici und Ihro Majestät eigener allerhöchster Unterhaltung täglich entweder eine Opera oder eine Komödie, wie es der Hof verlangen wird, zu produciren."
    Maria Theresia entlastete damit ihren Theateretat um mehr als die Hälfte. Selliers durfte dafür Eintrittsgelder verlangen, allerdings nur von den bürgerlichen Zuschauern. Die saßen nun erstmals gemeinsam mit dem Adel im Theater, und so konnte sich Maria Theresia aus der kaiserlichen Loge direkt an ihre Untertanen wenden.
    Das "Theater nächst der Burg" spielte abwechselnd Komödien, Ballette und Opern. Hofkomponist Christoph Willibald Gluck erlebte hier 1762 die Uraufführung von "Orfeo ed Euridice", Mozart brachte gleich drei Opern auf diese Bühne.
    Weniger erfolgreich war das Schauspiel. Die Wiener liebten die Volkskomödien, die aber mit ihren unbotmäßigen Improvisationen im Hoftheater nicht geduldet wurden, und der Adel zog ohnehin französische Stücke vor.
    Erst als 1776 das Theater in den Rang eines "National-Hoftheaters" erhoben wurde, begann die Pflege des deutschen, literarisch anspruchsvollen Sprechtheaters.
    Im 19. Jahrhundert kamen die Klassiker auf die Bühne und die Dramen von Franz Grillparzer. Und im 20. Jahrhundert schafften es auch die Komödien von Nestroy und Raimund in das pompöse Haus am Ring, in dem das Burgtheater seit 1888 residiert. Zeitkritischen Stücken jedoch wurde der Zutritt lange verwehrt.
    "Es war eine Traditionstrutzburg und bestimmte Stücke wurden von vornherein nicht auf dem Burgtheater gespielt. Büchners "Woyzeck" hatten wir zum ersten Mal in der Geschichte des Burgtheaters überhaupt gespielt."
    Gründliche Reform einer "Trutzburg"
    Als Hermann Beil 1986 als Chefdramaturg mit dem Intendanten Claus Peymann an das Burgtheater kam, hatten sie den Auftrag, diese "Trutzburg" gründlich zu reformieren. Sie schafften Privilegien ab, änderten die Arbeitsbedingungen, holten junges Publikum ins Haus - und neue Stücke in den Spielplan. Auch die lebenden österreichischen Autoren kamen nun vermehrt zum Zug: Peter Turrini etwa, Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard.
    "Und insofern kam da schon ein ganz anderer Ton hinein, und das gipfelte ja dann auch in einem totalen Skandal um den "Heldenplatz", der ganz Österreich erschüttert hat."
    Thomas Bernhard thematisierte in seinem Skandalstück den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich im Jahr 1938, aber er nahm auch genüsslich das Theater und sein Publikum aufs Korn.
    "Es ist traurig, dass selbst auf dem Burgtheater nur mehr noch schlechtes Theater gemacht wird. Ich gehe ja schon jahrelang nicht mehr ins Theater."
    Immer noch etwas Besonderes
    Das Lachen zeigt, dass niemand ernstlich an den Niedergang des Burgtheaters glaubt. Es ist einfach immer noch etwas Besonderes.
    "Es ist insofern etwas Besonderes, weil es das größte Theater ist und auch glänzend ausgestattet, weil es zentral in der Stadt ist und weil es sozusagen für das Ganze Land beherrschend ist und ausstrahlend."