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Ukraine
Regierungsumbildung angekündigt

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch kommt den Forderungen der Opposition entgegen. Er sagte eine Kabinettsumbildung zu und versprach außerdem, die umstrittene Verschärfung des Demonstrationsrechts zu überarbeiten.

24.01.2014
    Bei einer Sondersitzung des Parlaments in der kommenden Woche sollten die kürzlich beschlossenen strikten Beschränkungen der Versammlungsfreiheit wieder geändert werden, sagte Janukowitsch nach Angaben von Medien am Freitag in Kiew. Überdies werde er die Regierung umbilden. Ziel sei eine "optimale Variante für eine professionelle Regierung". Weitere Details nannte er nicht.
    Janukowitsch reagierte damit auf die zwei wichtigsten Forderungen der Opposition. Diese verlangen aber noch weit mehr Zugeständnisse. Doch Janukowitsch machte deutlich, dass er darauf nicht eingehen werde. Janukowitsch drohte den Demonstranten, er werde "alle legalen Mittel" nutzen, sollte es keine Einigung mit der Opposition geben. Einen Rücktritt schloss er aus. Den Hardliner Andrij Kljujew ernannte er zum neuen Leiter des Präsidialamtes.
    Treffen mit Opposition endete ohne Durchbruch
    Zuvor hatte sich der ukrainische Präsident mit EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle sowie mit religiösen Führern des Landes getroffen. Gestern war ein mehrstündiges Treffen mit den wichtigsten Oppositionsführern ohne Ergebnisse geblieben. Die Regierungsgegner hatten ihre Proteste daraufhin massiv ausgeweitet. In Kiew besetzten Demonstranten vorübergehend das Landwirtschaftsministerium. Die Regierungsgegner konnten ohne Widerstand in die Büros eindringen. Andere Aktivisten verstärkten die Barrikaden im Zentrum der Hauptstadt.
    Auch in mehreren Städten im Westen des Landes belagerten Oppositionelle die Büros der dortigen Gouverneure. Schon gestern hatten sich die Unruhen auf die Provinz ausgeweitet. Hunderte Regierungsgegner stürmten in Lwiw (Lemberg) das Büro des Gouverneurs und zwangen ihn, seine Rücktrittserklärung zu unterschreiben. Später zog er seine Demission zurück. Auch in der Stadt Riwne drangen Demonstranten in den Gouverneurssitz ein und skandierten: "Nieder mit der Bande."
    Schulz schlägt Ukraine-Konferenz vor
    EU-Parlamentspräsident Martin Schulz schlug eine internationale Konferenz zur Ukraine vor. "Wir müssen der Ukraine zunächst die Chance geben, den Dialog selbst zu führen. Lässt sich dadurch die Lage nicht beruhigen, dann wäre ein internationaler Dialog sicherlich hilfreich", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung.
    Die Regierungen in Berlin, Paris und Vilnius bestellten die ukrainischen Botschafter ein. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wollte dem ukrainischen Botschafter in Berlin, Pavlo Klimkin, die Haltung der Bundesregierung deutlich machen, sagte ein Ministeriumssprecher. Es dürfe keine Gewaltanwendung geben, und die Gesetze zur Einschränkung der Demonstrationsfreiheit müssten überprüft werden.
    Gab es einen Schießbefehl?
    Auch in Paris wurde der ukrainische Botschafter einbestellt. Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte einem französischen Fernsehsender, man sei beunruhigt und verurteile die Unterdrückung der Proteste. "Es gab den Befehl, auf die Menge zu schießen, was natürlich inakzeptabel ist." Klimkin, der Botschafter der Ukraine in Deutschland, wies diese Vermutung ausdrücklich zurück. Die Sicherheitskräfte hätten nur Gummigeschosse eingesetzt, versicherte Klimkin im Deutschlandfunk.
    Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite bestellte den ukrainischen Botschafter in Vilnius ein. Sie habe die politischen Parteien aufgefordert, eine weitere Eskalation zu verhindern. Friedliche Verhandlungen seien der einzige Weg, um die gegenwärtige Krise zu lösen, sagte Grybauskaite laut Mitteilung der Präsidialkanzlei. Sie bot zudem medizinische Hilfe für die vielen bei den Ausschreitungen Verletzten an.
    EU-Russland-Gipfel jetzt nur noch informelles Treffen
    Die Krise in der Ukraine belastet indes auch das Verhältnis zwischen Moskau und Brüssel erheblich. Ein für nächsten Dienstag geplanter EU-Russland-Gipfel sei deswegen auf ein informelles Treffen zurückgefahren worden, teilte ein Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin mit.
    Auf Betreiben Brüssels werde es nur informelle Gespräche bei einem Arbeitsfrühstück und dann eine Pressekonferenz geben, Dokumente würden nicht unterzeichnet, sagte der Berater laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax. Die EU-Vertreter hätten dies mit „vielen Problemen“ begründet, die sich in den Beziehungen angehäuft hätten. Er nannte insbesondere die Ukraine als Streitpunkt.