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Ukraine
Separatisten schießen Hubschrauber ab

In der Nähe der Stadt Slawjansk lieferten sich ukrainische Armee und prorussische Separatisten schwere Gefechte, mehrere Menschen wurden dabei getötet. Zudem schossen die prorussischen Milizen einen weiteren Kampfhubschrauber ab. Bundesaußenminister Steinmeier setzt auf eine diplomatische Lösung.

05.05.2014
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) machte sich erneut für eine zweite Konferenz in Genf stark. Er sprach sich am Abend im ZDF-Fernsehen dafür aus, noch vor der geplanten Präsidentschaftswahl eine zweite Ukraine-Konferenz abzuhalten. Das sei auch deswegen nötig, weil Moskau die derzeitige Regierung in Kiew als illegitim ansehe, zugleich aber gegen die Wahl sei.
    Nach Angaben des Kreml will der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter, am Dienstag in dieser Sache Gespräche in Russland führen.
    Schwere Gefechte bei Slawjansk
    Derweil hat es erneut Kämpfe im Osten der Ukraine gegeben. "Es gab Tote", sagte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow vor Ort an einem Kontrollpunkt der Armee etwa sechs Kilometer vom Schauplatz der Gefechte entfernt. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums wurden vier Einsatzkräfte getötet und 30 verletzt. Ein Sprecher der Aktivisten sprach von 20 Toten.
    Awakow schätzte, dass etwa 800 bewaffnete Separatisten die Stellungen im strategisch wichtigen Slawjansk mit einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt hielten. "Sie setzen schwere Waffen ein, schießen mit großkalibrigen Waffen, benutzen Granatwerfer und sonstige Technik", sagte der Minister.
    Die Separatisten haben zudem erneut einen Kampfhubschrauber der Regierungstruppen abgeschossen. Die Besatzung des Mi-24 habe den Absturz in einen Fluss überlebt und sei von einem Spezialkommando in Sicherheit gebracht worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Bereits am Freitag waren zwei Mi-24 abgeschossen worden.
    Turtschinow spricht von Krieg gegen sein Land
    Die militanten Separatisten in Slawjansk wiederum berichteten über neue Angriffe von Regierungstruppen. Mindestens fünf Angehörige der "Selbstverteidigungskräfte" seien bei Feuergefechten schwer verletzt worden.
    Am Vortag hatten die ukrainischen Streitkräfte die Belagerung verstärkt. Übergangspräsident Alexander Turtschinow hatte am Morgen gesagt, gegen sein Land werde "ein Krieg geführt und wir müssen bereit sein, diese Aggression abzuwehren". Turtschinow machte dafür erneut Russland verantwortlich und warf Moskau Kriegstreiberei vor. Russland versuche, die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai "völlig zu destabilisieren", sagte Turtschinow dem Kiewer Fernsehsender 5. Kanal.
    Ban bietet Vermittlung an, Gauck ruft zu Gesprächsbereitschaft auf
    UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat angeboten, im Ukraine-Konflikt zu vermitteln. Bei einem Besuch in Abu Dhabi sagte Ban, er sei bereit, diese Rolle zu übernehmen, damit eine Lösung gefunden werde. Zugleich rief er alle Seiten auf, die schwere Krise mit friedlichen Mitteln beizulegen. Bundespräsident Joachim Gauck rief alle Beteiligten zu Gesprächsbereitschaft auf. Bei einem Staatsbesuch in Tschechien sagte er, es sei in Europa nicht hinnehmbar, dass mit Drohungen Politik gemacht werde. Nötig sei eine aktive Politik, die auf Entspannung statt auf Zuspitzung setze. Explizit an Russland wandte sich der Bundespräsident mit dem Appell, innerhalb der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa produktiv zusammenzuarbeiten.
    Der außenpolitische Sprecher der SPD, Niels Annen, hat die Initiative von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für eine weitere Gesprächsrunde in Genf begrüßt. Steinmeier hatte für ein weiteres Treffen geworben, bei dem eine Lösung im Ukraine-Konflikt gefunden werden müsse. Im Deutschlandfunk sagte Annen, er hoffe, dass die schrecklichen Bilder aus Odessa, aber auch die Nachrichten über Tote bei Kämpfen um Slawjansk, dazu führen würden, dass der Vorschlag von Steinmeier aufgegriffen werde.
    Beerdigung der Opfer von Odessa
    In Odessa haben prorussische Aufständische einen bei einem Brand ums Leben gekommenen Politiker zu Grabe getragen. Im Anschluss kündigten sie die Besetzung von Gebäuden der Stadtverwaltung an. "Held, Held!", riefen die rund 300 Teilnehmer der Beerdigung von Wjatscheslaw Markin. Markin war am Sonntag seinen Verletzungen erlegen, die er bei einem Brand in einem Gewerkschaftsgebäude am Freitag erlitten hatte. Er und Dutzende prorussische Aktivisten hatten sich in das Haus nach Unruhen geflüchtet, dann ging es in Flammen auf. Insgesamt kamen bei den Auseinandersetzungen in Odessa mehr als 40 Menschen ums Leben.
    Die Lage im Osten und im Süden der Ukraine hat sich in den vergangenen Tagen weiter zugespitzt, nachdem prorussische Milizionäre weitere Regierungsgebäude unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Angesichts der zunehmenden tödlichen Zusammenstöße zwischen Separatisten und Streitkräften wächst die Furcht vor einem Abgleiten des Landes in einen Bürgerkrieg.
    (pg/tgs/ach)