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Phaeton-Produktion eingestellt
Das Ende des VW-Luxusautos

VW verkauft so viele Autos wie kein anderer deutscher Autohersteller. Aber lange Zeit waren keine Autos der sogenannten Oberklasse dabei. Der VW-Phaeton sollte das ändern. 2001 rollte der erste Wagen aus der Fabrik in Dresden. Aber durchsetzen konnte er sich nie. Heute wurde die Produktion in Dresden eingestellt.

Von Andrea Gerlach | 18.03.2016
    Die Gläserne Manufaktur in Dresden. Sie gilt als gelungene Verbindung von Technik und Kultur. Hier wurde das VW-Luxusauto Phaeton hergestellt.
    Die Gläserne Manufaktur in Dresden. Hier wurde das VW-Luxusauto Phaeton hergestellt. (imago/Rainer Weisflog)
    Dass das Ende so schnell kommen und dass die Perspektive für die Zukunft so ungewiss sein würde, das haben die Gründer der sogenannten Gläsernen Manufaktur von VW sicherlich nicht erwartet. Im Jahr 1999, anlässlich der Grundsteinlegung, waren die Festtagsreden von VW-Vorstandschef Ferdinand Piech und des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, voller Stolz auf das neue, einzigartige Konzept und den außergewöhnlichen Produktionsstandort, direkt am Rande des Großen Gartens von Dresden.
    "Die Schönheit und die Historie Dresdens sowie das innovative Umfeld bieten den idealen Rahmen für die gläserne Manufaktur von Volkswagen."
    "Weil die Dresdnerinnen und Dresdner sehr schnell begriffen haben, dass hier in der Tat eine Symbiose entstehen zwischen industrieller Produktion uns Kultur."
    365 Millionen Mark investierte Volkswagen in das Dresdner Prestige-Objekt mit seinem markanten runden Fahrzeugturm und der eleganten Glasfassade.
    In der Mythologie gilt Phaeton als Bruchpilot
    Es war der Traum des damals unumstritten an der VW-Spitze stehenden Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Piech, die Palette der VW-Modelle um ein Auto der Luxusklasse zu erweitern, auf Augenhöhe mit dem Audi A 8 , dem 7-er BMW oder der Mercedes S-Klasse. "An diesem exponierten Ort werden wir das Top-Fahrzeug der automobilen Oberklasse von Volkswagen fertigen. Feinste Handarbeit und modernste Technologie werden hier sichtbar und fühlbar."
    Die Namenswahl für das neue Modell wurde heftig kritisiert. In der Mythologie gilt Phaeton, der Sohn des griechischen Sonnengottes Helios, als Bruchpilot, der den wertvollen Sonnenwagen seines Vaters in den Abgrund steuerte. Piech setzte sich auch damit durch, die neue Luxuskarosse unter dem VW-Logo zu platzieren. Eine schwere Bürde für den Verkauf, wie sich später erweisen sollte.
    Nach einem schwierigen Start des neuen Modells mit vielen Kinderkrankheiten und schwachen Absatzzahlen ging es bergauf, vor allem in Russland – und im China-Geschäft. Kunden schätzten die exquisite Atmosphäre der Gläsernen Manufaktur, in der auf edlem Bergahorn-Parkett die noblen Wagen nach den individuellen Wünschen des künftigen Eigentümers zu großen Teilen von Hand gefertigt wurden.
    Die großzügige Anlage erwies sich zudem als eleganter Veranstaltungsort für Bankette, Konzerte und Konferenzen, inmitten der Produktion. Ein Touristenmagnet, der allein im letzten Jahr rund 140.000 Gäste anzog.
    Der letzte Phaeton geht nach China
    Jetzt, so die offizielle Lesart des Konzerns, sei - Zitat - der "Produktionszyklus des Fahrzeugs an seinem Ende angekommen". Ein offenes Geheimnis sind die seit Langem schwachen Absatzzahlen und die fehlende Weiterentwicklung des Modells. Der Letzte von insgesamt 84.235 Phaetons geht nach China. Zum Vergleich, Daimler baut in nur einem Jahr rund 100.000 Autos der S-Klasse.
    Von den rund 500 Mitarbeitern werden gut 400 vorerst in andere Werke des VW-Konzerns umgesetzt, und müssen pendeln, rund 100 verbleiben am Standort. Für Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) ist die Zäsur bitter. Das Bekenntnis des VW-Konzerns zum neuen E-Phaeton ab 2019, sei positiv: "Er bekennt sich auch zu Dresden, zur gläsernen Manufaktur. Der E-Phaeton, der soll mit einer Reichweite mit mindestens 500 Kilometern mit einer Technologie, wo die Aufladezeit etwa bei 15 Minuten liegt und bei einer hohen Leistung einer Luxuskarosse hier auf dem Markt sein, und das ist wettbewerbsfähig. Wenn das klappt, ist das ein richtig gutes Zeichen für Dresden, für den Standort.
    Insider schauen skeptisch auf diesen Zeitplan angesichts der aktuellen Abgas-Krise bei VW.