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Ukraine
Verwirrung um angeblichen Atom-Unfall

Eine Meldung über einen atomaren Zwischenfall im Südosten der Ukraine hat am Mittwochmittag für Unruhe gesorgt. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte Regierungschef Arseni Jazenjuk mit den Worten zitiert, es habe einen Atomunfall gegeben - eine Fehlmeldung, wie es inzwischen scheint. Dennoch geben die veralteten Meiler in dem Land Anlass zur Sorge.

03.12.2014
    Der ukrainische Premierminister Arseni Jazenjuk sitzt an einem Tisch hinter einem Mikrofon und gestikuliert.
    Der ukrainische Premierminister Arseni Jazenjuk bei einer Kabinettssitzung (picture alliance / dpa / Nikitin Maxim)
    Jazenjuk hatte örtlichen Medien zufolge von Energieminister Wladimir Demtschischin Aufklärung über einen technischen Defekt im ukrainischen Atomkraftwerk Saporoschje gefordert. Dort war nach Angaben der AKW-Leitung bereits am 28. November der dritte Block abgeschaltet worden, was in der Ukraine zu Problemen mit der Stromversorgung führte.
    Laut Energieminister Demtschischin geht davon keinerlei Gefahr aus. "Es gibt keine Probleme mit den Reaktoren", sagte er. "Das ist eine technische Frage - und obwohl der dritte Block abgeschaltet ist, stellt er keine Gefahr dar." Bis zum Wochenende würden die Probleme behoben werden. Erhöhte Radioaktivität sei nicht gemessen worden, hieß es. Die Anlage, die seit 1984 in Betrieb ist, liegt rund 570 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Kiew und gilt als leistungsstärkstes Kernkraftwerk Europas.
    Der Energieexperte der ARD, Jürgen Döschner, sagte im Deutschlandfunk, der Vorfall werfe ein Schlaglicht auf den Zustand des Atomkraftwerks. Umweltschützer kritisierten schon seit langem, dass der veraltete Reaktor noch am Netz sei. Zudem befinde sich der Meiler nur gut hundert Kilometer von der Kriegszone im Osten der Ukraine entfernt. "Wenn schwere Waffen eingesetzt werden - sei es durch Terroristen, die gezielt in diese Richtung schießen oder durch ein Versehen - kann es zu einer richtig großen Katastrophe kommen", betonte Döschner.
    Seit der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 habe sich zwar bei den ukrainischen Kraftwerken technisch einiges getan, sagte Döschner. Kritisch ist nach seinen Worten aber, dass der Betrieb der Meiler weiter zu großen Teilen von russischen Fachleuten und Firmen abhängig ist. "Das spricht nicht für die Sicherheit der Reaktoren", betonte der ARD-Experte. Deshalb werde nun die Forderung laut, die AKWs angesichts der Krise mit Russland unverzüglich abzuschalten.
    (swe/lob/vic)