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Ukraine-Wahl
Prowestliche Parteien feiern Sieg

Acht Monate nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Janukowitsch haben die Ukrainer ein neues Parlament gewählt - ohne die Bewohner im Donbass und auf der Krim. Erst ein Bruchteil der Stimmen wurde ausgezählt, die pro-europäischen Kräfte sprechen bereits von einer "unumkehrbaren Unterstützung" für ihren Kurs. Sie wollen heute Koalitionsgespräche aufnehmen.

Von Sabine Adler | 27.10.2014
    Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko feiert nach der Parlamentswahl den Sieg der pro-westlichen Parteien.
    Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko feiert nach der Parlamentswahl den Sieg der pro-westlichen Parteien. (dpa / picture-alliance / Sergey Dolzhenko)
    Der Präsident hat einen deutlichen Dämpfer bekommen, doch er gibt sich erfreut:
    "Ich bin zufrieden mit dem Resultat. Der Neustart ist erfolgt. Ich erwarte eine schnelle Aufstellung einer Koalition, was die Pflicht der Parteien und Abgeordneten ist, bei der ich jedoch nicht als Beobachter an der Seite stehen werde. Meine Mannschaft hat die Grundlage für eine Koalitionsvereinbarung erarbeitet, die keine Postenverteilung enthält, sondern die Zielvorstellungen für Reformen und Gesetze."
    Für seinen Weg nach Europa stehen Präsident Petro Poroschenko mehr Verbündete zur Verfügung als erwartet, zwei Drittel der Abgeordneten, gehören proeuropäischen Parteien an, die über fünf Parteilisten in die Werchowna Rada kommen. Insgesamt ziehen sieben Parteien ein.
    Beachtlicher Erfolg für Jazeniuk
    Der Sieg des Blocks Poroschenko fiel mit rund 22 bis 23 Prozent weniger deutlich aus, vorhergesagt waren 30 Prozent. Umso beachtlicher ist der Erfolg von Premierminister Arseni Jazeniuk. Seine Volksfront folgt mit 21 Prozent - laut Wählerbefragung, Hochrechnungen liegen noch nicht vor. Jazeniuks Erfolg dürfte ihm das Amt des Regierungschefs weiter sichern. Er hat sich damit erfolgreich von seiner früheren Verbündeten Julia Timoschenko emanzipiert, die zu ihrer Enttäuschung nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat.
    Und noch zwei Überraschungen hält das Ergebnis bereit: Drittstärkste Kraft ist die Selbsthilfe, die eine Reihe von Bürgermeistern gegründet hat, um die Macht stärker zu dezentralisieren. Die Radikale Partei um den gewaltbereiten rechtsextremen Oleg Ljaschko ist statt auf dem ihm vorhergesagten zweiten Platz nur auf dem fünften Platz gelandet.
    Dort, wo im Donbass gewählt werden konnte, schnitt die ehemalige Janukowitsch-Partei, die jetzt Oppositionsblock heißt, am erfolgreichsten ab, insgesamt wird sie rund 8 Prozent bekommen, vor zwei Jahren waren es noch 30: Seine nationalistische Swoboda-Partei hat zwar Stimmen verloren, zieht aber in die Werchowna Rada ein, freut sich Oleg Tjagnibok, die Kommunisten nicht.
    "Das Beste an diesem Wahlergebnis ist, dass zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit der Ukraine die bolschewistische, kommunistische Kremlpartei nicht im Parlament vertreten ist."
    Wahlen während des Krieges
    "Frieden im Donbass und dass nicht mehr gekämpft und geschossen wird": Das erwarten die Bürger von ihren neuen Parlamentsabgeordneten. Wahlen während des Krieges, nichts konnte das eindringlicher veranschaulichen als ein Präsident in Uniform. Petro Poroschenko verschaffte sich mit einer Blitzvisite in Kramatorsk einen Eindruck, besuchte ein gut frequentiertes Wahllokal in der Anfang Juli zurückeroberten Stadt.
    "Ich konnte mich davon überzeugen, dass sich 10.000 Soldaten in die Wählerverzeichnisse eintragen konnten. Das sind zwar nicht alle, das alte Parlament hat ja zwei Drittel nicht erlaubt zu wählen, was ein Grund mehr war, das Parlament aufzulösen. Ich war auch erfreut zu sehen, dass mehr Wahllokale geöffnet hatten, als zunächst angenommen worden war."
    Im Donezker Gebiet blieben allerdings rund 60 Prozent der Wahllokale geschlossen, im Lugansker Gebiet sogar drei Viertel, denn die Separatisten erlaubten die Abstimmung in den von ihnen besetzten Orten nicht. In Donezk hatten die Separatisten zu einem bizarren Volksfest eingeladen, es sollte die Bürger einschwören auf die für kommenden Sonntag anberaumten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in den sogenannten Volksrepubliken. Die Ukraine erwartet eine klare Verurteilung und Ablehnung der Separatisten-Wahl, vor allem von der russischen Führung, die bislang dazu schweigt.