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Ukraine
Wirtschaftliche Lage verschärft sich

Neben der politisch, angespannten Lage hat die Ukraine derzeit auch mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Deutsche Unternehmen verzichten auf Investitionen. Und für die Ukraine ist es alles andere als leicht, Kredite zu bekommen. Diese Umstände rücken die Ukraine wieder näher an den Geldgeber Russland.

24.01.2014
    Menschen demonstrieren mit gelb-blauen Plakaten für einen EU-Beitritt der Ukraine
    Nicht nur die politische, auch die wirtschaftliche Lage ist in der Ukraine angespannt. (dpa/picture alliance/Pawel Supernak)
    In Kiew, nicht weit vom Dnejpr-Ufer, steht das Furnierwerk Ukrshpon. Vor einiger Zeit hat Generaldirektor Franz Pasztor erklärt, welche Holzarten er hier schält und trocknet:
    "Momentan wir bearbeiten nur ukrainische Holzarten: Eiche, Buche, Esche. Und dann kommt noch etwas Kirschbaum, Ahorn und wenig Nussbaum dazu."
    Auch in diesen Tagen hat Ukrshpon gutzutun. Franz Pasztor heute zur aktuellen Lage:
    "Ja, wir arbeiten im Normalbetrieb, das heißt in drei Schichten, wie früher. Die Unruhen machen für uns und auch für unsere Lieferanten gar keine Probleme.
    "Also, die Arbeiter kommen pünktlich zur Arbeitsstelle und auch der Absatz ist gesichert?"
    "Ja. Metro und alle Transporte funktionieren im Prinzip in der ganzen Stadt. Und nach 16 Uhr gehen die dann oben zum Unabhängigkeitsplatz und jeder protestiert dann gegen Janukowitsch."
    Währung verliert an Wert
    90 Prozent der Furniere gehen in den Export, eine Hälfte nach Europa, die andere nach Russland. Ukrshpon hilft damit, das große Problem der ukrainischen Wirtschaft nicht noch größer werden zu lassen: Das Leistungsbilanzdefizit. Die Gas- und Energieimporte sind so teuer, dass sie die von sinkenden Stahlpreisen belasteten Exporte bei weitem Übertreffen. 2010 lag das Leistungsbilanzdefizit noch bei zwei Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Voriges Jahr hatte es sich auf acht Prozent vervierfacht. Zugleich fiel die Wachstumsrate auf 0 zurück. Das macht klar: Das Land lebt deutlich über seine Verhältnisse. Die einheimische Währung verlor an Wert und Vertrauen: Der Dollar zählt im Land. Robert Kirchner von der Deutschen Beratergruppe bei der ukrainischen Regierung:
    "Hier war also dann ein Punkt erreicht, wo beispielsweise ausländische Kapitalgeber, die Kapitalmärkte, nicht mehr bereit waren, der Ukraine Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, so dass man hier also an einem Punkt angelangt war, dass man über eine externe Hilfe nachdenken musste, wollte man nicht riskieren, dass das Land vor dem Zahlungsausfall steht."
    Es kam externe Hilfe, aus Russland. Moskau kauft - vermutlich bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im März nächsten Jahres ukrainische Anleihen im Gesamtumfang von 15 Milliarden Dollar. Kurzfristig helfe das, sagt Regierungsberater Kirchner. Mittelfristig nicht:
    Höherer Schuldenstand erwartet
    "Was wir befürchten ist, dass tendenziell diese Ungleichgewichte nicht verschwinden, sondern vielleicht sogar noch zunehmen. Und dann steht die Ukraine nach dem Ablauf dieses Pakets 2015 in einer sehr unerfreulichen Situation da. Dann hat sie nämlich die gleichen oder vielleicht sogar noch größere Ungleichgewichte. Und sie hat einen höheren Schuldenstand."
    Und Franz Pasztor von Ukrshpon wäre es lieb, wenn die Ukraine näher an die EU heranrückte:
    "Wir haben sehr große Probleme mit der Verzollung der Ware. Das heißt, diese ganze Just in time-Lieferung für unsere Produkte ist im Prinzip für uns momentan unmöglich."
    Derzeit hat er sogar Mühe, seine Furniere nur 500, 600 Kilometer weit nach Polen zu exportieren. Die Nachfrage ist groß. Aber die Zollschranken sind größer.