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Sure 27 Vers 23
Die Geschichte der Königin von Saba

Sie ist eine der bemerkenswertesten Frauen im Koran und liefert zugleich eine der farbenprächtigsten Geschichten darin: Die berühmte Königin von Saba, Bilkîs oder Balkîs. Über die Jahrhunderte hat sie die Vorstellungen der Menschen beflügelt. Das gilt vor allem angesichts ihres geheimnisvollen Treffens mit König Salomo.

Von Dr. Asad Q. Ahmed, University of California, Berkeley, USA | 18.08.2017
    "Siehe, dort fand ich eine Frau, die Königin über sie ist. Von allen Dingen wurde ihr gegeben, und sie besitzt einen großartigen Thron."
    Dieser Vers ist Teil der Ausführungen des Korans über die Königin von Saba. In der islamischen Tradition trägt sie den Namen Bilkîs oder Balkîs. Sie gilt als Beispiel für die Wertschätzung von Frauen im Koran.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Bemerkenswert ist zunächst die Ausführlichkeit, mit der der Koran die Königin und eine Zusammenkunft zwischen ihr und dem Propheten-König Sulaimân, im biblischen Kontext heißt er Salomo, darstellt.
    Bilkîs ist Herrscherin über ein großes Land. Ihrem Befehl unterliegen zahlreiche männliche Würdenträger und starke Truppen.
    Dr. Asad Ahmed
    Dr. Asad Ahmed lehrt als Associate Professor an der kalifornischen Berkeley University. (priv. )
    Im eingangs zitierten Vers spricht ein Wiedehopf. Er bringt Sulaimân Nachricht von Bilkîs Regentschaft und ihrem unvergleichlichen Thron. Darauf hin schreibt Sulaimân einen Brief an die Königin. Da diese einem heidnischen
    Kult folgt, fordert er sie auf, den Islam anzunehmen, und bittet sie, zu ihm zu kommen.
    Das stürzt Bilkîs in ein Dilemma: Der Brief, so war ihr klar, stammt von einem mächtigen Mann, der ihr Land womöglich versklaven könnte, wenn sie sich nicht fügt. Aber sie wollte sich auch keinem falschen Propheten unterwerfen.
    Schließlich macht sie sich auf den Weg zu Sulaimân. Der veranlasst derweil einen untergebenen Dschinn - das ist im Islam ein von Gott erschaffenes übersinnliches Wesen -, ihren Thron herbeizubringen und diesen so zu verändern, dass Bilkîs ihn nicht wiedererkennen würde.
    Das war als Test gedacht. Möglicherweise sollte es Bilkîs auch Gottes Allmacht demonstrieren. Die Gelehrten sind sich nicht einig, warum Sulaimân das so wollte.
    Als Bilkîs bei ihrer Ankunft gefragt wird, ob der Thron der ihre sei, antwortet sie: "Es sieht so aus, als könnte er es sein." Dann fügte sie hinzu, sie sei als jemand erschienen, der sich Gott bereits unterworfen habe.
    Auf diese Antwort hin bittet man sie in den Palast. Sie bemerkt ein Bassin vor Sulaimâns Thron und hebt ihren Saum ein Stück an, um hindurch zu schreiten, so entblößt sie ihre Beine. Doch dann erkennt sie, dass es gar kein Wasser ist, sondern feinster, kristallklarer Bodenbelag.
    Auch das war ein Test. Einige Gelehrte sagen, Sulaimân habe ihren Verstand prüfen wollen. Andere meinen, ihm sei eingeflüstert worden, Bilkîs habe behaarte Beine, da ihre Mutter ein Dämon sei.
    Gina Lollobrigida als Königin von Saba in dem Film "Salomon und die Königin von Saba" (1959)
    1959 verkörperte Gina Lollobrigida die Königin von Saba in dem Film "Salomon und die Königin von Saba". (Imago / AGD)
    Die muslimischen Koranausleger haben viele Aspekte an der Geschichte von Bilkîs und Sulaimân ausgearbeitet. Aber egal ob in vormoderner oder moderner Zeit, alle sehen in ihr eine fähige Herrscherin, diplomatisch und gewillt, einen Krieg gegen Sulaimân zu vermeiden, zu dem sie ihre adligen Untertanen zu Anfang drängen wollten.
    Die meisten Koranausleger erkennen in Bilkîs auch eine hochintelligente Frau, die Sulaimâns Test geschickt umgeht: Sie hätte falsch gelegen, hätte sie gesagt, der Thron sei nicht ihrer. Genauso hätte sie falsch gelegen, hätte sie gesagt, es sei ihrer. Schließlich handelte es sich ja um eine veränderte Version. Ihre Antwort gilt somit als präzise und korrekt.
    Für gewisses Erstaunen sorgt auch ihre Aussage: "Wir sind gekommen und Gott bereits ergeben." Die meisten Koranausleger versichern, Bilkîs habe Sulaimâns Prophetie schon anhand seines Briefs erkannt, und werten das ebenfalls als Zeichen für ihre Intelligenz.
    Bevor Bilkîs zu Sulaimân ging, hatte sie ihm großzügige Geschenke gemacht, um ihn zu beschwichtigen. Sulaimân lehnte diese jedoch ab. Ein Koranausleger geht sogar so weit, dass er behauptet, dies sei ein Test ihrerseits gewesen. An Sulaimâns Reaktionen habe sie feststellen können, dass er ein echter Prophet sei. Nach dieser Lesart des Korans erscheint letztlich Bilkîs als Herrin über das Treffen mit Sulaimân.