Welttag der humanitären Hilfe

Ärzte ohne Grenzen beklagt Zunahme der Risiken

Ein zerstörtes Krankenhaus in Aleppo ist mit Sandsäcken verbarrikadiert.
Immer wieder waren Krankenhäuser Ziele von Angriffen, wie hier in Aleppo 2016. © Karam Almasri / Medecins sans Frontieres / dpa
Florian Westphal im Gespräch mit Oliver Thoma · 19.08.2018
Am 19. August ist der Welttag der humanitären Hilfe – 2008 haben die Vereinten Nationen den Tag proklamiert. Florian Westphal von "Ärzte ohne Grenzen" sagt, immer wenn Helfer zu Schaden kämen, leide am Ende die Zivilbevölkerung noch mehr als ohnehin schon.
Der Tag der humanitären Hilfe wird jedes Jahr am 19. August begangen – zum Gedenken an die Toten und Verletzten des Anschlages auf das UN-Hauptquartier in der irakischen Hauptstadt Bagdad 2003. Damals wurden 22 UN-Mitarbeiter getötet und mehr als hundert verletzt.
Florian Westphal, Geschäftsführer der deutschen Sektion von "Ärzte ohne Grenzen" sagt, der Tag sei einerseits Anerkennung und Würdigung der Arbeit der Kollegen in den betroffenen Ländern – und die Mitarbeiter vor Ort wüssten das auch sehr zu schätzen. "Andererseits ist es natürlich auch so, dass ein einziger Tag leider nichts daran ändert, dass unsere Kollegen weiterhin enormen Risiken und auch oft direkten Angriffen und bürokratischen Beschränkungen ausgesetzt sind."

Direkter Zugang mitunter schwierig

In manchen Konfliktgebieten, zum Beispiel in Syrien, aber auch im Südsudan, sei es extrem schwierig, direkt an die Menschen in Not heranzukommen. Oft sei das so, weil "das Risiko durch Verbrechen, aber auch das Risiko durch bewusste Kriegshandlungen wie Luftangriffe auf Krankenhäuser extrem viel größer wird." Außerdem gebe es in einigen Ländern auch zunehmend bürokratische Hindernisse.

Und dennoch werde viel geleistet, betont Westphal: Allein Ärzte ohne Grenzen habe im vergangenen Jahr mehr als 10,6 Millionen Menschen medizinisch behandeln können – und das eben auch in extrem gefährlichen Ländern, wo der Zugang sehr schwer sei.
Gedenken Ärzte ohne Grenzen Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen gedenkt vor dem Reichstag den Opfern des Bombardement ihres Krankenhauses in Kundus (Afghanistan) und fordert eine unabhängige internationale Untersuchung des Vorfalls. Bei einem Luftangriff 3. Oktober 2015 wurde das Krankenhaus mehrmals von US-Flugzeugen bombardiert, dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet. Demonstrantin mit Schild: "Even war has rules" - "Selbst der Krieg hat Regeln"
Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" gedenkt vor dem Reichstag den Opfern des Bombardements ihres Krankenhaus in Kundus am 3.Oktober 2015.© imago stock&people
Bedauerlich seien auch die Konsequenzen bei Angriffen auf die Mitarbeiter: Wann immer humanitäre Helfer zu Schaden kommen, so Westphal, habe das unmittelbare Auswirkungen auf die Hilfe vor Ort: "Denn die muss meistens reduziert werden in der betroffenen Region – und darunter leidet dann natürlich vor allem erst mal die Zivilbevölkerung, die ja sowieso schon die Hauptleidtragenden einer jeglichen Konfliktsituation sind."

Keine Helden gesucht

Was muss man eigentlich für ein Mensch sein, wenn man humanitärer Helfer werden will?
Florian Westphal sagt, als humanitärer Helfer brauche man Fachwissen, Motivation, Interesse und die Bereitschaft, unter sehr schwierigen Lebensumständen zu arbeiten. Zudem sei Teamgeist wichtig, schließlich arbeite man viel in internationalen Teams und lebe zusammen. "Was wir nicht brauchen, sind Helden. Ja, wir brauchen Menschen, die Mut haben, die bereit sind, hart zu arbeiten, die gesunden Menschenverstand haben – aber wir brauchen niemanden, der sich hier irgendwie profilieren möchte oder dadurch irgendwelche unverantwortlichen Risiken eingeht."
(mf)
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