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Umfrage unter Managern
Keine hohen Ethikstandards in Unternehmen

Viele europäische Manager glauben nicht, dass in ihrem Unternehmen hohe Ethikstandards gelten. Das geht aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zur Wirtschaftskriminalität hervor. Auch werde Korruptionsfällen häufig nicht nachgegangen.

Von Michael Braun | 20.05.2015
    EY-Schriftzug an einem gläsernen Gebäude.
    Die Wirtschaftsprüfer von EY haben europaweit Manager zu Wirtschaftskriminalität befragt. (imago/stock&people/Steinach)
    Vielleicht sind sie raffgierig, vielleicht nur unter Druck, vielleicht auch nicht Manns genug, dem Vorgesetzten zu melden, die gestellten Ziele seien nicht erreichbar. Und dann kommen sie auf krumme Ideen, auf illegale Handlungen: etwa die vorgezogene Verbuchung von Umsätzen noch im alten Jahr oder eine zu geringe Erfassung von Kosten.
    Stefan Heißner, früher Kriminalbeamter, jetzt Leiter der forensischen Wirtschaftsprüfung bei Ernst & Young, ist mit seinen 170 Mitarbeitern gut ausgelastet, solche Delikte in Unternehmen aufzuklären und durch entsprechende Prävention zu verhindern. Er erzählt ein Beispiel aus dem Einzelhandel, wo der Einkäufer niedrigere Einkaufspreise vorweisen wollte und dann auf seinen Lieferanten zuging.
    "Ok, Du gibst mir jetzt einen großzügigen Rabatt. Dafür kannst Du mir auch nächstes Jahr minderwertige Ware zukommen lassen. Die akzeptiere ich. Ja. Das fällt gar nicht auf. Sind dort riesige Schäden entstanden weltweit."
    In diesem Fall habe der Schaden fürs Unternehmen 100 Millionen Euro überschritten. Ernst & Young hat Manager befragt und festgestellt, immerhin 26 Prozent der hiesigen Unternehmensführer hielten Korruption für weit verbreitet in Deutschland. Die Beratung hat auch gefragt, ob Manager die Ethikstandards in deutschen Unternehmen für hoch hielten: Nein, kam heraus, so dächten nur wenige.
    "Lediglich 23 Prozent sagen, unsere Ethikstandards sind sehr hoch. Das heißt: Wir haben über 75 Prozent der Befragten, die sagen, sie sind nicht sehr hoch. Das soll man sich mal vor Augen führen. Und sie haben sich auch nicht deutlich verbessert. Das sagen auch über drei Viertel, dass sie sich nicht deutlich verbessert haben."
    "Offensichtlich kein Konsequenzenmanagement"
    Und mehr als die Hälfte sagten, es gebe in ihren Unternehmen auch keine globalen Standards. Doch ein bisschen schmieren in Indien, in Deutschland aber nicht, das gehe nicht. Bei Korruption im Unternehmen gelte "null Toleranz". Die werde jedoch offenkundig nicht gelebt. Nur ein gutes Drittel der Manager sage, das Unternehmen sei gegen Mitarbeiter vorgegangen, die Richtlinien gegen Bestechung und Korruption verletzt hätten.
    "Und wenn Sie beispielsweise, so wie es hier scheint, nur ein Drittel der Delikte verfolgen, heißt das gleichzeitig: Da ist offensichtlich kein Konsequenzenmanagement dahinter gewesen. Und da stellt man sich die Frage: Habe ich hier eine Aufsichtspflichtverletzung?"
    Immerhin eine gute Nachricht hat der ehemalige Kriminalpolizist, der nun als Unternehmensberater ermittelt und sein Geld verdient: Der Aussage, man dürfe die Finanzergebnisse des Unternehmens absichtlich falsch darstellen, wenn es nur dazu diene, das Unternehmen über einen Abschwung zu retten, dieser Aussage stimmten nur zwei Prozent der Manager zu. Das, so der Kriminalist, sei beruhigend.