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Umsatzausfälle in der Coronakrise
Karstadt Kaufhof beantragt Schutzschirmverfahren

Erst vor Kurzem sind die Warenhaus-Ketten Karstadt und Galeria Kaufhof fusioniert. Jetzt bedrohen die Folgen der Corona-Epidemie den angeschlagenen Konzern. Das Unternehmen hat ein sogenanntes Schutzschirm-Verfahren in Eigenverwaltung beantragt.

Von Silke Hahne | 02.04.2020
Logo des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof
Galeria Karstadt Kaufhof: große Umsatzeinbrüche (Oliver Berg/dpa)

Was heißt es, ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung zu beantragen?

Das Unternehmen ist noch nicht zahlungsunfähig oder pleite. Das Schutzschirmverfahren gilt als Vorstufe der Insolvenz. Die Regeln sind aber die gleichen: Der Warenhauskonzern ist nun für drei Monate vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt ohne Insolvenz anmelden zu müssen. In dieser Zeit soll der Konzern seine Finanzen ordnen können. Die Geschäftsführung lenkt derweil das Unternehmen weiter und kann versuchen, es selbst zu sanieren. Dabei wird sie von einem externen Sachwalter beraten. Ziel von Karstadt Kaufhof ist es, die aktuelle Krise zu überwinden, ohne neue Schulden anzuhäufen. Oftmals mündet ein Schutzschirmverfahren in einem regulären Insolvenzverfahren. Wie dieser Fall ausgeht, bleibt aber abzuwarten.
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Sind nur die Einnahme-Ausfälle durch die geschlossenen Läden für die Geldnot verantwortlich?

Das Unternehmen stellt es so dar: Seit Anfang März sei der Umsatz eingebrochen, seit dem 18. März haben die Läden geschlossen. Dadurch entgingen Karstadt Kaufhof nach eigenen Angaben zuletzt Umsätze von 80 Millionen Euro pro Woche. Deshalb hatte der Warenhauskonzern auch schon Kurzarbeit für einen Großteil der Belegschaft beantragt. Rund 28.000 Menschen arbeiten bei dem Unternehmen.
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Auch die Mieten für alle Warenhäuser, für Sport-Geschäfte, Reisebüros und Logistik-Immobilien waren bereits ausgesetzt, Zahlungen an Lieferanten ebenso. Es war daher absehbar, dass das Unternehmen aus eigener Kraft nicht lange durchhalten würde können.

Wie stand es vor der Corona-Epidemie um den Konzern?

Die Lage des Unternehmens war schon vorher alles andere als gut: Die Umsätze gehen schon seit Jahren zurück. Karstadt hatte bereits 2009 ein Insolvenzverfahren hinter sich gebracht. Der Zusammenschluss der beiden Warenhaus-Unternehmen halt als letzter Versuch, zusammen die Krise der Branche zu bewältigen - unter anderem mit tausenden Stellenstreichungen. Aber die Laden-Schließungen machen der Sanierung jetzt einen Strich durch die Rechnung.

Greifen die staatlichen Hilfen hier?

Schon vor Wochen hatte Karstadt Kaufhof Notkredite bei der staatlichen Förderbank KfW beantragt. Jetzt kritisiert der Konzern, das sei nicht schnell genug gegangen.
Offenbar kommt hier den Geschäftsbanken eine entscheidende Rolle zu: Der Finanzchef des Warenhauskonzerns Miguel Müllenbach nannte den Prozess bürokratisch. Das koste wertvolle Zeit und sei mit zusätzlichen Hürden verbunden. Auf eine Lösung könne man aber nicht wochenlang warten.
Möglicherweise ist das nun auf den Weg gebrachte Schutzschirm-Verfahren auch ein Weg, sich der Politik mitzuteilen: Es gibt schon länger Kritik daran, dass die KfW keine hundertprozentigen Garantien für Kredite abgibt, sondern Banken letztlich zehn bis 20 Prozent der Risiken tragen – und deshalb langwierig prüfen.
Der Fall Karstadt Kaufhof scheint dafür nun der Beleg zu sein. Da es um Tausende Mitarbeiter und letztlich auch das Erscheinungsbild deutscher Innenstädte geht, könnte der Hilferuf eine politische Debatte in Gang setzen.