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Umschulung von Zellen gelungen

Medizin. - Embryonale Stammzellen konnten bisher nur aus Embryonen gewonnen werden. Doch Forschern aus den USA und aus Japan ist offenbar gelungen, embryonale Stammzellen aus reifen Körperzellen herzustellen - ein Durchbruch, der das Ende des therapeutischen Klonens einläuten könnte, bevor es überhaupt begonnen hat.

Von Michael Lange | 21.11.2007
    Das Team um den amerikanischen Stammzellen-Pionier James Thomson war schnell. Als bekannt wurde, dass der japanische Wissenschaftler Shinya Yamanaka aus reifen Körperzellen von Mäusen embryonale Stammzellen machen kann, machte man sich in Madison, Wisconsin, sofort an die Arbeit, um diesen Erfolg auf Menschen zu übertragen. Gleichzeitig mit den Japanern veröffentlichten die Amerikaner nun den ersten Nachweis, dass sich auch Körperzellen des Menschen umprogrammieren lassen. Während die Japaner Hautzellen aus dem Gesicht einer 36-jährigen Frau verwendeten, benutzten die Amerikaner Zellen aus der Lunge eines Fötus und aus der Vorhaut eines neugeborenen Jungen. Junying Yu aus der Arbeitsgruppe von James Thomson von der Universität von Wisconsin in Madison verkündete den Erfolg auf einer Telefon-Pressekonferenz:

    " Von den vier Genen, die wir verwendeten, waren zwei identisch mit denen, die auch die japanischen Kollegen eingesetzt haben. Diese beiden Gene Oct 4 und Sox 2 sind absolut notwendig, um die Zellen umzuprogrammieren: Von Hautzellen zu embryoähnlichen Zellen. Die beiden anderen Gene sind hilfreich und verbessern die Effizienz, aber sie sind ersetzbar. "

    Die vier mit Gentechnik eingeschleusten Gene machten aus Körperzellen Zellen, die aussehen wie embryonale Stammzellen. Auf ihrer Oberfläche befinden sich ähnliche Moleküle, und auch die Eigenschaften beim Wachstum in Zellkultur entsprechen denen der kostbaren embryonalen Stammzellen, ohne dass die Zellen je zu einem Embryo gehört haben.

    Ob die neuen Zellen tatsächlich genau so gut kranke Gewebe reparieren können, wie die echten embryonalen Stammzellen, muss jetzt überprüft werden. Die vorliegenden Daten machen den Wissenschaftlern Hoffnung. Aber bewiesen ist noch nichts. Eines aber wird schon jetzt immer wahrscheinlicher. Die Technik des therapeutischen Klonens könnte überholt sein, bevor sie jemals an Patienten ausprobiert wurde. Dazu James Thomson von der Universität von Wisconsin:

    " Die Verpflanzung von Zellkernen aus Körperzellen, das so genannte Klonen, wie beim Klonschaf Dolly, ist eine wichtige experimentelle Technik. Mit ihrer Hilfe können wir verstehen, wie sich Zellen umprogrammieren lassen. Aber sie ist ineffizient, umständlich und teuer, so dass sie sicher niemals im klinischen Alltag eingesetzt werden kann. Ganz anders die jetzt gezeigte direkte Umprogrammierung von Körperzellen. "

    Viele Wissenschaftler haben mit dieser Möglichkeit gerechnet. Aber kaum einer wagte zu hoffen, dass es so schnell gehen würde. Während die Klontechnik, der so genannte Kerntransfer, nur langsam Fortschritte zeigt, führte die gezielte Umschulung von Zellen mittels Gentechnik innerhalb von Monaten zu beachtenswerten Erfolgen. Aber das ist erst der Anfang. Die Forschung hat gerade erst begonnen. James Thomson:

    " Wir müssen die Krankheiten verstehen, die wir heilen wollen. Man kann nicht einfach Zellen in den Körper eines Patienten geben und hoffen, dass sie irgendwie helfen. Wir müssen die Zellen besser kennen lernen, und das gilt auch für die neuen Zellen, die jetzt erzeugt werden können. Mit ihnen können wir das Problem der Abstoßung durch das körpereigene Immunsystem umgehen, da es sich um körpereigene Zellen handelt. Aber es bleiben genug Probleme übrig, die gelöst werden müssen. "