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Umstrittenes deutsches Prestigeprojekt

Die German University Cairo (GUC) will Brücken schlagen zwischen deutscher und ägyptischer Kultur und den wissenschaftlichen Dialog zwischen den Ländern fördern. Seit zwei Jahren wird an der GUC gelehrt und und zunehmend auch geforscht. Die Kontakte auf Hochschulebene mit der arabischen Welt gewinnen zunehmend an Bedeutung, aber es gibt auch Kritik.

Von Thomas Wagner | 14.12.2005
    "Man muss sehen. Vor fünf Jahren war hier noch Wüste, wo heute Hörsaalgebäude stehen, fünf Hörsäle, Institutsgebäude, ein Fußballstatdon, drei Sand-Tennisplätze, Handballplätze, und dergleichen mehr, eine schöne Mensa – da war vor fünf Jahren noch Wüste."

    Willi Baur, Sprecher der Universität Ulm, lässt über die GUC, die "German University of Cairo", nichts kommen. Von Anfang hat die Ulmer Uni das Projekt unterstützt, wahre Dozenten- und Professorenkarawanen nach Ägypten geschickt. Ein sicherer Start des Lehrbetriebes war das Ziel. Gerumpelt hat es aber trotzdem. Professor Hans Peter Großmann vom Kommunikations- und Informationszentrum der Uni Ulm hat im Zuge der angedachten Aufbauhilfe schön öfters mal in Kairo vorbeigeschaut.

    "Also die Universität ist ja erst vor zwei Jahren in Betrieb gegangen und hat jetzt fast 4000 Studierende. Da kann man ja nicht erwarten, dass sich das alles ganz problemlos umsetzen lässt. Das muss man einfach mal akzeptieren. Das würde bei uns auch nicht gehen."

    Und der Probleme gab es einige, meinen so manche der ersten deutschen Dozenten, die mittlerweile die "German University of Cairo" wieder verlassen haben. Eine Klage lautete: An der "German University" werde kein Wort in Deutsch gelehrt, sondern in zuweilen recht schlechtem Englisch, was der wissenschaftlichen Reputation der Hochschule nicht eben zuträglich sei. Professor Hans Peter Grossmann über seine Eindrücke in Kairo:

    "Dass dort kein Deutsch gesprochen wird, ist klar. Das war nie beabsichtigt. ‚German University’ heißt, dass dort die Unterrichtssprache nicht Deutsch sein soll, sondern ganz klar Englisch .Wir haben dort nicht viele native Speaker, das ist keine Frage. Die Qualität des Englischen ist, sagen wir einmal, ausreichend, sie ist nicht supergut. Aber auch da gibt es Qualifizierungsprogramm für die Dozenten, die dort sind. Da wird dran gearbeitet."

    Daneben herrschte unter den ersten deutschen Dozenten, die in Kairo aushalfen, blankes Entsetzen über ein Instrument zur Leistungserfassung, das sie von deutschen Hochschulen gar nicht kannten: Die Stechuhr, der sich auch die Profs in Kairo beugen müssen.

    "Die Stechuhr gibt es, in der Tat. Es ist so, dass dort eine Arbeitszeitkontrolle für alle existiert, das ist richtig. Und das tut natürlich manchem deutschen Hochschullehrer weh, weil er das nicht kennt. Ich muss gestehen: ich finde das auch zumindest seltsam. Aber mir wurde gesagt: Das wird gemacht, weil es dort ja auch ägyptische Dozenten hat. Und es ist doch eben üblich, dass die noch viele sonstige Aktivitäten haben. Die wollen das unter Kontrolle haben."

    Bei den nächsten Besuchen in Kairo wollen sich die deutschen Hochschulvertreter verstärkt darum Bemühen, Unstimmigkeiten abzustellen. So reist Professor Dieter Fritsch, Rektor der Universität Stuttgart, jeden Monat einmal nach Kairo, um nach dem Rechten zu sehen. Denn: Kontakte auf Hochschulebene mit der arabischen Welt gewinnen zunehmend an Bedeutung, glaubt Fritsch.

    "Gerade nach dem 11. September 2001 ist das Verständnis für fremdartige Kulturen, glaube ich, nicht hoch genug einzuschätzen. Und wir haben mit diesem Engagement in Kairo gezeigt, dass wir in der Lage sind, nicht nur die Hand zu reichen, sondern dass wir gemeinsam mit den Ägyptern einen großen Beitrag aus Ausbildung, zur Bildung junger Menschen leisten können."

    Doch am Austausch zwischen diesen ‚jungen Menschen’ in Deutschland und in Ägypten hapert es bislang ebenfalls: Der ursprünglich einmal angedachte Studentenaustausch ist noch nicht in die Gänge gekommen. Das soll sich aber bald ändern – ein wichtiges Element dieser deutsch-ägyptischen Hochschulpartnerschaft, meint Professor Großmann aus Ulm:

    " Die Universitäten suchen ja auch Internationalisierung. Das heißt: Wir haben in Ulm zum Beispiel englischsprachige Studiengänge, wo wir weltweit Studierende suchen. Und wir möchten natürlich gute Studenten haben. Und wenn wir einen Einfluss haben auf die Institutionen im Ausland, haben wir auch gute Gewähr, von dort gute Studenten zu kriegen."

    Gute Studenten aus zumeist gut betuchten Familien. Denn über die Höhe der Studiengebühren, die demnächst in einigen deutschen Bundesländern kommen, dürften die Studenten der GUC in Kairo nur ein leises Schmunzeln übrig haben. Dieter Fritsch, Rektor der Universität Stuttgart:

    "Also die Universität kostet Geld. Sie kostet bis etwa 4000 Euro im Jahr Studiengebühren. Das ist insofern verwunderlich, weil das Jahreseinkommen eines Durchschnittsbürgers in etwa bei 1000 Euro liegt im Jahr. Und da sind natürlich 4000 Euro natürlich eine stolze Summe. In Ägypten, darf man nicht verkennen, gibt es natürlich auch eine sehr gute Mittelschicht mittlerweile, ihre Kinder hervorragend ausbilden wollen. Die sind bisher an die America University gegangen, die es bereits seit den 70er Jahren in Kairo gibt. Und die gehen jetzt an die Deutsche Universität."

    Eine Universität, die ihren Weg in der vielfältigen Hochschullandschaft zwischen Deutschland und Fernost aber erst noch find