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Umstrittenes Weltkriegs-Gedenken
Kremltreue Rocker-Gruppe spricht von Russenhass

Trotz Einreiseverboten für Deutschland und Polen sind Mitglieder des ultranationalistischen russischen Motorradclubs "Die Nachtwölfe" zu ihrem umstrittenen Weltkriegs-Korso aufgebrochen. "Nach Berlin!", riefen die Biker in Anlehnung an den Schlachtruf der Roten Armee. Deutschen und polnischen Behörden wird Diskriminierung und Russenhass vorgeworfen.

26.04.2015
    Der Anführer der Rocker-Gang "Nachtwölfe", Alexander Zaldostanow, fährt mit anderen Bikern durch Sewastopol.
    Der Anführer der Rocker-Gang "Nachtwölfe", Alexander Zaldostanow, fährt mit anderen Bikern durch Sewastopol/Krim. (picture alliance / dpa / Stanislav Krasilnikov)
    Der russische Rockerclub "Nachtwölfe" hat in Moskau seine umstrittene Motorradtour nach Berlin zum 70. Jahrestag des Kriegsendes begonnen - allen Protesten aus Polen und Deutschland zum Trotz. Die polnische Regierung hat den Bikern die Einreise verboten, und am Samstag drohte auch Deutschland, die kremltreuen "Nachtwölfe" an der Grenze abzuweisen.
    Das Auswärtige Amt und das Innenministerium in Berlin erklärten, der Korso diene nicht dem Ziel, "einen Beitrag zur Stärkung der deutsch-russischen Beziehungen zu leisten". Und wenn Gefahren für die Sicherheit und Ordnung drohten, habe man das Recht und die Pflicht, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, führten Vertreter der beiden Ministerien aus. Das schließe die Möglichkeit ein, Ausländer an der Einreise zu hindern: "Wir stellen uns mit Nachdruck gegen jegliche Instrumentalisierung des unermesslichen Leids der Opfer und des Widerstands gegen die Naziherrschaft."
    Russische Regierungspartei wirft deutschen Behörden Diskriminierung vor
    Die russische Regierungspartei Geeintes Russland warf den deutschen Behörden daraufhin eine politische Diskriminierung der Gruppe vor. "Nachtwölfe"-Präsident Alexander Saldostanow sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass 20 Motorradfahrer versuchen wollten, bis zum 9. Mai Berlin zu erreichen. Die Rocker hätten Visa und würden einzeln die Grenze nach Polen überqueren, trotz des Einreiseverbots.
    Der mit Kremlchef Wladimir Putin befreundete Club-Chef wies Vorwürfe zurück, dass die Tour eine Provokation sei. "Eine Provokation ist es, uns das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg zu verwehren. Der auch unter dem Namen "Chirurg" bekannte Rocker fügte hinzu: "Wir wollen die Gräber unser Großväter besuchen, das ist unsere Pflicht." Der polnischen Regierung warf Saldostanow Russen-Hass vor. Die Biker starteten unter dem Beifall von Hunderten Zuschauern von ihrem Clubgelände in Moskau. "Nichts hält uns auf! Kein Wetter und auch kein polnisches Außenministerium", riefen einige von einer Bühne.
    Gedenkstätten-Direktor unterstützt Einreiseverbote
    Der Direktor der Gedenkstätte für Stasi-Opfer in Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, unterstützte die Bundesregierung und drängte darauf, den Rockern die Einreise zu verweigern. "Deutschland sollte seinen Nachbarn Polen in dieser Angelegenheit nicht alleinlassen", meinte er. "Es kann nicht sein, dass russische Chauvinisten und Stalin-Verehrer das 70. Jubiläum des Kriegsendes für martialische Aufzüge in ihren Nachbarländern missbrauchen."
    Bei ihrer Abfahrt in der russischen Hauptstadt schwenkten sie rote Fahnen mit Stalin-Porträts und dem Rote-Armee-Slogan "Für das Vaterland! Für Stalin!" Die geplante Reise der "Nachtwölfe" soll durch Weißrussland, Polen, Tschechien und die Slowakei nach Deutschland führen. Dem Club zufolge sind Stationen auf der Fahrt in Minsk, Brest, Breslau, Brünn, Bratislava, Wien, München, Prag, Torgau und Berlin-Karlshorst geplant. Am 9. Mai, dem in Russland gefeierten Tag des Sieges über Hitlerdeutschland, wollen die "Nachtwölfe" in Berlin sein.