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"Umvolkung"
AfD lockt CDU-Politikerin nach Twitter-Entgleisung

AfD-Vize Beatrix von Storch lädt die umstrittene CDU-Abgeordnete Bettina Kudla nach ihrem "Umvolkungs"-Tweet zum Parteiwechsel ein. Und die Unions-Fraktion streitet heftig über den weiteren Umgang mit der Kollegin. "Twittert nicht gleich alles in die Welt!"

28.09.2016
    Die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla
    Die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla, (privat / Laurence Chaperon)
    Nach dem Gebrauch des nationalsozialisitsch gepräften Begriffs "Umvolkung" hat die CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla ein Übertrittsangebot von der rechtspopulistischen AfD bekommen. AfD-Vizechefin Beatrix von Storch sagte der "Bild"-Zeitung: "Jeder kann sich mal im Ton vergreifen, aber grundsätzlich sind konservative Abgeordnete bei uns willkommen." Kudla hatte auf Twitter zur Flüchtlingskrise geschrieben: "Die Umvolkung Deutschlands hat längst begonnen."
    Die Verwendung eines Nazi-Begriffs hatte auch innerparteilich für Empörung gesorgt. Die Führung der Unionsfraktion will die Parlamentarierin noch in dieser Woche zur Rede stellen. Grund für einen Rauswurf aus der Fraktion sieht deren Vorsitzender Volker Kauder (CDU) aber momentan nicht: "Wir sollten jetzt nichts überstürzen", sagte er "Spiegel Online". Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte im ARD-Fernsehen: "Ich bitte die Abgeordnete Kudla darum, sich schnellstmöglich zu entschuldigen, dann kann es vielleicht aus der Welt geschafft werden."
    Erinnerungen an Hohmann-Ausschluss nach "Tätervolk"-Aussage
    Deutschlandfunk-Hauptstadtkorrespondent Frank Capellan berichtete, in der Unionsfraktion habe es gestern nach Angaben von Teilnehmern heftige Diskussionen gegeben. Die Debatte sei dann jedoch von Volker Kauder unterbunden worden. Er solle darauf verwiesen haben, dass die Sache nun Angelegeneheit der Landesgruppe Sachsen sei. Zudem solle Kauder seinen Kollegen zugerufen haben: "Twittert nicht alles in die Welt!" Capellan zufolge fürchtet die Unionsfraktion offenbar, dass ein Ausschluss Kudlas zu einer neuen Debatte über die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) führen könne. Zugleich erinnert er, 2003 habe immerhin ein Fünftel der Unionsabgeordneten gegen den Ausschluss des damaligen Fuldaer Fraktionskollegen Martin Hohmann gestimmt; Hohmann hatte am 3. Oktober 2003 eine Rede mit dem Titel "Gerechtigkeit für Deutschland" gehalten und dabei die Juden mit dem Begriff "Tätervolk" in Verbindung gebracht.
    Den Eintrag zur "Umvolkung" hat Kudla inzwischen gelöscht, ebenso eine frühere abwertende Bemerkung über den verfolgten türkischen Journalisten Can Dündar. Den früheren Chefredakteur der Oppositionszeitung "Cumhuriyet" hatte sie ebenfalls bei Twitter als "Cansel Dünnschiss" tituliert.