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Umwelt
Die Ozonemissionen der Öl- und Gasindustrie

Ozon ist ein giftiges Gas, dass die Atemwege angreift. Deshalb sind US-Forscher besorgt, dass es ausgerechnet mitten in den Rocky Mountains besonders starke bodennahe Ozonemissionen gibt. Sie haben die örtliche Öl- und Gasindustrie im Verdacht.

Von Monika Seynsche | 11.12.2013
    Mitten in den Rocky Mountains, an der östlichen Grenze des Bundesstaates Utah, liegt das Uintah Basin. Ein Hochtal, fast so groß wie Schleswig-Holstein, aber mit gerade mal 30.000 Einwohnern spärlich besiedelt. Trotzdem habe die Region ein Problem, das eher aus Großstädten bekannt sei, sagt Seth Lyman von der Utah State University in Vernal:
    "Unsere Ozonwerte gehören in einigen Winterperioden zu den höchsten in den USA gemessenen Werten. An einer Stelle im Tal wurden im letzten Winter mehr als 300 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft gemessen. Das ist ein Wert, der fast an die höchste sommerliche Belastung in Los Angeles heranreicht."
    Schon ab einer Konzentration von 200 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft kann das Gas zu Kopfschmerzen und Hustenreiz führen sowie die Lungenfunktion und die Schleimhäute angreifen. Seth Lyman und seine Kollegen wollten herausfinden, woher das Ozon stammt. Im Verdacht hatten sie dabei die Öl- und Gasindustrie, die im Uintah Basin in großem Maßstab die Öl und Gas fördert. Bei diesem Prozess werden auch große Mengen Wasser an die Oberfläche gepumpt, das stark mit flüchtigen organischen Verbindungen belastet ist. Es wird in künstlichen Seen gelagert, aus denen es langsam verdunstet. Und genau diese Seen wollten die Forscher untersuchen. Denn flüchtige organische Verbindungen sind mögliche Vorläuferstoffe für die Ozonentstehung, so Lyman:
    "Wir haben eine Methode genutzt, bei der im Prinzip einfach eine Art Haube über der Wasseroberfläche installiert wird. Dann können Sie die Gaskonzentrationen innerhalb und außerhalb der Haube miteinander vergleichen und sehen, wie viel der See emittiert. So haben wir Methan, Kohlendioxid und eine Reihe von organischen Verbindungen untersucht, die das Potenzial haben, Ozon zu produzieren."
    Die Studie von Seth Lyman ist die erste ihrer Art und die Forscher waren vom Ergebnis überrascht, denn es kann das seltsame Phänomen der hohen Winterozonwerte im Uintah Basin nicht erklären: Die Seen tragen zu dieser Zeit kaum zur Ozonbelastung bei. Doch dass die hohen Ozonkonzentrationen mit der Öl- und Gasproduktion zusammenhängen, vermutet Seth Lyman noch immer. Darauf deutet auch die Arbeit von Kuo-Jen Liao an der Texas A&M University in Kingsville hin. Er hat Satellitendaten ausgewertet und entdeckt, dass mit Beginn der Schiefergasgewinnung im Süden Texas die Konzentrationen von bestimmten Ozonvorläuferstoffen um fast 30 Prozent angestiegen sind. Besonders wichtig waren dabei flüchtige organische Verbindungen sowie Stickoxide. Liao:
    "Die organischen Verbindungen entweichen direkt aus den Bohrlöchern. Sie sind in großen Mengen im Gas enthalten. Die Stickoxide wiederum stammen aus den Abgasen der Verdichter, mit denen das Gas komprimiert wird, sowie der LKW, die zum Transport von Wasser benötigt werden."
    Aber da es keine Grenzwerte für flüchtige organische Verbindungen oder Stickoxide gebe, kümmerten sich die Öl- und Gasfirmen nicht um das Problem.