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Umwelt
Nanopartikel sollen Gewässer sauber halten

Die Chemikalie Triclosan hemmt das Wachstum von Bakterien. Weil die Substanz in vielen Desinfektionsmitteln enthalten ist, aber auch in Körperpflegeprodukten, gelangt sie häufig in Flüsse und andere Gewässer. Forscher aus Boston haben nun eine Methode entwickelt, mit der sich viele umweltgefährliche Stoffe wieder aus dem Wasserkreislauf entfernen lassen.

Von Arndt Reuning | 22.07.2015
    Wasser fließt durch einen Bach.
    Mithilfe winzig kleiner Partikel aus Kunststoff sollen Gewässer von bestimmten Chemikalien befreit werden. (picture alliance / dpa - Henning Kaiser)
    Den Bakterienhemmer Triclosan, den hormonähnlichen Wirkstoff Ethinylestradiol aus der Anti-Baby-Pille und das mittlerweile nicht mehr zugelassene Insektizid Methoxychlor: Diese drei Substanzen und darüber hinaus einige mehr konnte der Pharmazeut Nicolas Bertrand nahezu vollständig aus Wasserproben entfernen – und zwar mithilfe winzig kleiner Partikel aus Kunststoff, welche die Verunreinigungen fest an sich binden. Entwickelt hat er sie zusammen mit seinen Kollegen im Labor von Robert Langer am Massachusetts Institute of Technology.
    "Die Teilchen, die wir verwendet haben, besitzen einen Durchmesser von 60 Nanometern. Das ist ungefähr halb so groß wie ein Virus und ungefähr ein Hundertstel von einem Bakterium. Bezogen auf ihr Volumen haben diese Partikel eine große Oberfläche. Und diese Oberfläche ist entscheidend für die Aufnahme der Schadstoffe. Ihre Nano-Dimension macht die Teilchen daher besonders effizient für diese Aufgabe."
    In der Kläranlage das Wasser mit Nanopartikeln zu reinigen – diese Idee ist nicht neu. Aber bisher bestand dabei eine große Herausforderung: Wie lassen sich die Winzlinge nach der Operation wieder entfernen? Denn sie sind so klein, dass sie von herkömmlichen Filtern nicht zurückgehalten werden. Für ihre Kunststoffpartikel haben sich die MIT-Forscher daher einen ganz besonderen Trick einfallen lassen.
    "Bestrahlt man sie mit ultraviolettem Licht, dann scheiden sie sich recht schnell von der Lösung ab. Sie klumpen zusammen und können leicht entfernt werden. Für den Reinigungseffekt nutzen wir also die Nano-Eigenschaften des Materials. Aber wenn wir dann fertig sind, bleiben keine Nanopartikel im Wasser zurück."
    Fester Kern der Teilchen wirkt auf Schadstoffe wie ein Magnet
    Diese besondere Fähigkeit verdanken die kleinen Teilchen ihrem inneren Aufbau: Man kann sie sich vorstellen als kleine, flauschige Bälle. Ihr fester Kern ist es, der auf viele Schadstoffe wie ein Magnet wirkt. Er besteht aus dem wasserabweisenden Kunststoff Polymilchsäure. Fest daran gebunden sind Molekülketten eines zweiten Polymers, welche die Partikel einhüllen wie ein Pelz. Sie sorgen dafür, dass die winzig kleinen Gebilde vom Wasser benetzt werden, denn Wasser finden sie sehr attraktiv.
    "Zwischen diesen beiden Hälften der Polymermoleküle befindet sich eine Sollbruchstelle. Das UV-Licht spaltet diese Verbindung und trennt damit die äußere Komponente ab."
    Die mit Schadstoff beladenen Nanoteilchen lassen ihre Hülle fallen und verändern damit den Charakter ihrer Oberfläche. Weil sie nun nicht mehr vom Wasser benetzt werden, lagern sie sich zusammen und können zum Beispiel mit einem Filter entfernt werden. Im Wasser zurück bleiben nur die Moleküle aus der einstigen Hülle. Das ist für Nicolas Bertrand zwar ein kleiner Schönheitsfehler. Aber er hat bereits eine Idee, wie man die Methode noch weiter optimieren kann.
    "Es sollte möglich sein, für die Hülle der Partikel biologisch abbaubare Kunststoffe zu benutzen, etwa auf Basis von Eiweißverbindungen. Die würden zwar auch ins Wasser abgegeben, aber anschließend von Bakterien zersetzt werden. Probleme mit langlebigen Chemikalien in der Umwelt gäbe es dann nicht."