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UN-Konferenz
Reglementierung auf hoher See gefordert

Die Weltmeere bergen viele Reichtümer. Angesichts hoher Öl- und Metallpreise in den letzten Jahren waren die Begehrlichkeiten enorm gewachsen, diese auszubeuten. Doch keiner fühlt sich für die Schäden zuständig, die dabei auftreten könnten. Dies soll sich nun ändern.

Von Heike Wipperfürth | 23.01.2015
    In einem Eisbärenkostüm in Lebensgröße stehen am 23.03.2013 Greenpeace-Aktivisten vor einer Shell-Tankstelle in Hannover. Greenpeace macht mit Aktionen auf einen bundesweiten Protest gegen Ölbohrungen in der Arktis aufmerksam.
    Tiefseebohrungen und Müll belasten schon jetzt die Meere. Und um den von Überfischung bedrohten Fischbestand zu retten, sollen Schutzgebiete auf hoher See eingerichtet werden, sagt Greenpeace Mitarbeiterin Sofia Tsenikli. (picture alliance / dpa / Peter Steffen)
    "Die hohe See ist eine der schutzlosesten und gesetzlosesten Gegenden der Welt," warnt The High Seas Alliance. Hinter dieser Allianz steht eine große Koalition von Umweltschützern. Noch bis Freitagabend treffen sich in New York Abgeordnete aus 140 Ländern bei der Weltmeereskonferenz der Vereinten Nationen. Das Ziel: Ein Rettungsplan für die hohe See. Aus gutem Grund, sagt Kristina Gjerde von der Weltnaturschutzorganisation International Union for Conservation of Nature, kurz IUCN.
    "Es geht um das Wohl und die Stabilität fast der Hälfte unseres Planeten. Zwei Drittel des Ozeans – damit meine ich die Hohe See und den Meeresboden – sind gesetzloses Gebiet. Uns fehlt eine allumfassende Vorstellung, wie wir zum gemeinsamen Wohl der Menschheit am besten auf diese Gegend aufpassen können."
    Überfischung und Raubbau
    Während Umweltschützer und Wissenschaftler im UN Hauptgebäude vor Überfischung und Raubbau warnen, wird hinter den Kulissen über ein internationales Übereinkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt in der hohen See verhandelt. Weiter so, sagt Gjerde.
    "Das Abkommen soll das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1982 ergänzen, das so eine Art Grundgesetz der Meere ist. Es ist aber zu alt und regelt vor allem Meeresflächen in der 200 Seemeilen Zone. Was uns fehlt, sind Regeln zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung des offenen Meeres."
    Massenaussterben im Meer
    Nun sind die neuen Regeln in Planung. Dabei geht es vor allem darum, dass die Umweltverträglichkeit diverser Eingriffe geprüft werden muss, bevor sie auf hoher See vorgenommen werden dürfen. Tiefseebohrungen und Müll belasten schon jetzt die Meere. Und um den von Überfischung bedrohten Fischbestand zu retten, sollen Schutzgebiete auf hoher See eingerichtet werden, sagt Greenpeace Mitarbeiterin Sofia Tsenikli. Sie fordert schnelles Handeln.
    "Eine vorige Woche veröffentlichte wissenschaftliche Studie sagt, dass es auf Grund der wachsenden industriellen Nutzung der Ozeane möglicherweise zu einem Massenaussterben im Meer kommen kann. 85 Prozent unserer Fische sind bereits vom Aussterben bedroht, 90 Prozent der großen Raubfische gibt es nicht mehr."
    Ob es auf der Konferenz zu einem Abkommen kommt, ist ungewiss, denn es gibt große Differenzen zwischen den Teilnehmern. Während sich vor allem die Europäische Union, Südamerika und Australien für neue Regeln zum Schutz der Weltmeere einsetzen, haben sich bislang die USA, Russland und Japan bis jetzt gegen eine Reglementierung auf hoher See gewehrt.
    Deutschland könnte Schlüsselrolle übernehmen
    Auch Fragen wie die Beteiligung der Entwicklungsländer an möglichen Gewinnen der Meeresforschung - zum Beispiel aus der Nutzung maritimer genetischer Ressourcen - müssen noch beantwortet werden. Können sich die Delegierten einigen, würde das Abkommen der UN Vollversammlung im September zur Ausarbeitung vorgelegt.
    Deutschland könnte eine Schlüsselrolle übernehmen, sagt Torsten Thiele von der Weltnaturschutzorganisation IUCN. Dazu sei die Bundesrepublik gerade jetzt bestens geeignet.
    "Die Herausforderung ist, wie Deutschland die Rolle als Führungsnation in den G7 jetzt nutzt, um dieses Ozeanthema voranzubringen. Das ist die Aufgabe, das muss finanziert werden, und da muss auch politisch Führungskraft bewiesen werden."
    Globaler Klimaschutz steht auf dem Spiel
    Zumal der Schutz der Meere nicht isoliert von anderen Umweltproblemen gesehen werden dürfe.
    "Wenn wir nicht die Ozeane retten, dann kriegen wir auch den Klimaschutz nicht in den Griff. Und in dem Vorlauf für die Pariser Klimakonferenz Ende des Jahres ist es extrem wichtig, dass die beiden Prozesse zusammengebracht werden. Die Ozeane absorbieren einen großen Teil des CO2-Ausstoßes und dies muss einheitlich geregelt werden."
    Und Thiele warnt: Ein Scheitern der Verhandlungen sei nicht nur schlecht für die Meere, sondern für den gesamten globalen Klimaschutz.