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UN-Meereskonferenz
"Was wir wirklich brauchen, sind verbindliche Regeln"

Auf der UN-Meereskonferenz hätten die über 150 teilnehmende Länder zwar viel über die Probleme der Meere gesprochen, sagte Marie-Luise Abshagen vom Forum Umwelt und Entwicklung im Dlf. Es sei aber kaum darum gegangen, was Staaten international wirklich verbindlich umsetzen wollten.

Marie-Luise Abshagen im Gespräch mit Anna Seibt | 09.06.2017
    Fischfangschiffe im Hafen von Texel, Niederlande
    "Es ist gut, dass die Staaten miteinander sprechen, aber wenn sie dann nichts Verbindliches umsetzen, haben sie damit erst mal auch gar nicht so viel gewonnen", sagt Marie-Luise Abshagen. (imago / blickwinkel)
    Anna Seibt: Die erste UN-Meereskonferenz geht heute in New York zu Ende. Eine Woche lang haben Vertreter von über 150 Ländern diskutiert. Sie haben nach Lösungen zum Schutz der sieben Weltmeere gesucht und freiwillige Verpflichtungen formuliert. Das westafrikanische Land Gabun will beispielsweise Afrikas größtes Meeresschutzgebiet einrichten.
    Neben vielen Nichtregierungsorganisationen beobachtet auch das Forum Umwelt und Entwicklung die Konferenz. Das ist ein Zusammenschluss aus deutschen umwelt- und entwicklungspolitischen Organisationen. Marie-Luise Abshagen, Referentin des Forums, ist vor Ort in New York und vor der Sendung habe ich sie gefragt, warum sie die Meereskonferenz für eine Marketing-Show hält.
    Marie-Luise Abshagen: Was wir hier sehen ist vor allem, dass zum einen zwar über die Probleme der Meere viel gesprochen wird, ob das jetzt Überfischung ist oder die Versauerung der Meere durch den Klimawandel oder die riesigen Plastikstrudel, die wir schon in den Meeren finden. Gleichzeitig geht es aber kaum darum, was Staaten international verbindlich wirklich zusammen umsetzen wollen. Es gibt zwar freiwillige Verpflichtungen, wo beispielsweise bestimmte Länder sagen, sie wollen keine Plastiktüten mehr umsonst verkaufen lassen in ihren Ländern. Das reicht natürlich aber gar nicht aus. Was wir wirklich brauchen sind verbindliche Regeln, verbindliche internationale Vereinbarungen zwischen Staaten, wie beispielsweise Kohleausstieg vereinbaren, aber auch Überfischung effektiv bekämpfen, und das sehen wir leider hier gar nicht.
    "Es ist gut, dass die Staaten miteinander sprechen"
    Seibt: Ist es denn nicht besser, die Staaten setzen sich zusammen – wie gesagt: Über 150 Länder ist ja auch nicht wenig – und reden unverbindlich miteinander, als wenn sie gar nicht miteinander reden?
    Abshagen: Ja natürlich ist es in dem derzeitigen Klima erst mal immer gut, dass Staaten über internationale Prozesse zusammen reden. Das ist natürlich richtig. Vor allen Dingen auch, weil wir hier sehen, dass das, was international sich gerade im Kontext beispielsweise der neuen US-Administration entwickelt, sich auch auf diese Meerespolitik auswirken könnte. Der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen ist hier auch großes Thema. Vor allen Dingen die Vertreter der Entwicklungsländer betonen immer wieder, dass der Klimawandel und dessen Bekämpfung ein zentrales Element im Meeresschutz sein muss. Gleichzeitig ist es natürlich aber so, dass wir solche Konferenzen sehr, sehr häufig haben, wo Staaten regelmäßig zusammenkommen, sich dann aber tatsächlich nicht wirklich viel verändert, oder wir sogar sehen, dass Regulierungen zurückgefahren werden, oder dass neue Abkommen geschlossen werden, neue Subventionen beispielsweise im Fischereibereich in der EU, die gleichzeitig aber die Probleme, die wir international haben, nur verschlimmern. Insofern ist es gut, dass die Staaten miteinander sprechen, aber wenn sie dann nichts Verbindliches umsetzen, haben sie damit erst mal auch gar nicht so viel gewonnen.
    "Wir brauchen effektive Regulierungen"
    Seibt: Portugal hat jetzt angeboten, die nächste Konferenz in drei Jahren in Lissabon zu organisieren. Was sollte denn dann dort Ihrer Meinung nach anders gemacht werden?
    Abshagen: Was wir wollen ist natürlich, dass bei den nachhaltigen Entwicklungszielen der UN, auf die sich ja diese Konferenz heute auch beruft, konkret geschaut wird, was dort die beschlossenen Unterziele und Indikatoren sind, die es im internationalen Kontext ja seit 2015 gibt, dass dort konkret geschaut wird, was Staaten vereinbart haben und dann diese Überprüfung auch durchgeführt wird. Dazu gehört beispielsweise die Verringerung der Fischerei um sehr viel Prozent bis 2020, sodass vor allen Dingen die Menschen in den Küstenregionen der ärmeren Länder ihren Fisch selber essen können und der nicht alles in unseren Verbrauch hier vor allen Dingen im globalen Norden geht. Wenn sich Staaten dort auch tatsächlich auf das berufen, was schon passiert ist, und gemeinsam überlegen, wie sie es umsetzen können, nur dann ist auch der fortlaufende Prozess im Fluss. Wir fordern beispielsweise eine effektive Regulierung von Mikroplastik. Hier gibt es viele Versuche, dass man beispielsweise aus der Kosmetik oder aus Shampoo Mikroplastiken rausnimmt, und auch Staaten haben hier immer wieder betont, das wäre richtig. Aber was wir natürlich brauchen, sind effektive Regulierungen, die eine solche Verwendung von Mikroplastiken verbieten. Nur wenn das international passiert, kann es dann auch wirklich effektiv sein.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.