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Unbemerkte Verbrauchssenkung

Automobiltechnik. – Nur wenige Autos schaffen die strikten Emissionsvorgaben, die die EU-Kommission für die Zukunft androht, und diese Fahrzeuge sind in den unteren Klassen zu finden. Aachener Konstrukteure haben jetzt vorgeführt, wie man ein Auto der Unteren Mittelklasse auf den Ökotrip schickt.

Von Sönke Gäthke | 14.09.2007
    "Das ist ein Golf, der innerhalb eines öffentlichen Projektes derart modifiziert werden soll, dass er möglichst wenig Kraftstoff verbraucht, damit einhergehend ist auch eine Reduktion des Kraftstoffverbrauchs verbunden."

    Harald Görtz, Entwickler vom Institut für Kraftfahrwesen an der RWTH Aachen. Der Ingenieur präsentiert den dort umgebauten VW Golf TSI. Im Normalfall ein Wagen von 170 PS, und einem CO2 Ausstoß von 173 Gramm pro Kilometer. Ohne auf Leistung zu verzichten, und ohne teure Technik haben die Aachener Autokonstrukteure den Verbrauch und den CO2 Ausstoß kräftig reduziert: Auf 131 Gramm pro Kilometer. Görtz steuert auf die offene Motorhaube des Wagens zu – den ersten Baustein der Spartechnik:

    "Wir sehen die Motorhaube, die im Vergleich zu einer Standard-Motorhaube leichter ist, (leises Klopfen) ja, man hört das, das ist eine Carbon- Motorhaube, natürlich ist die vielleicht im Serieneinsatz so nicht realisierbar oder weniger zweckmäßig, aber hier soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten in einem Fahrzeug realisierbar hinsichtlich Leichtbau sind."

    Neben der Motorhaube haben die Aachener Techniker auch noch die Sitze und die Batterie gegen leichtere ausgetauscht. Gewichtsreduktion dadurch: 100 Kilogramm, Spritersparnis: 0,2 Liter auf 100 Kilometern. Dann fällt der Blick auf einen blinkend silbernen Zylinder im Motorraum. Görtz:

    "Kommt ihnen ungewöhnlich vor, nicht? Mir ja – Das ist ein Wärmetauscher, der dort platziert wurde, und der gehört nicht mit zur Standartausrüstung, und der dient eben auch dazu, dass man hier im Antriebsstrang Energie einsparen kann, dass heißt, man hält die Wärme, die man einmal im Motor hat, in diesem Bauteil fest, und bei Neustart ist der Motor dann gleich vorgewärmt, was sich gerade bei Kurzstecken dann optimal auswirkt."

    Kurzstecken machen den Löwenanteil der Autofahrten aus. Dank dieses Wärmetauschers reduziert sich der Verbrauch im Schnitt noch einmal um 0,2 Liter. Neben diesem Zusatz haben die Aachener auch noch die Getriebeübersetzung geändert – das spart 0,3 Liter auf 100 Kilometern – und den Wagen mit einer Start-Stop-Automatik ausgerüstet. Das bedeutet: Hält der Wagen zum Beispiel an einer Ampel, dann stellt sich der Motor automatisch ab. Will der Fahrer wieder anfahren, springt der Motor im Bruchteil einer Sekunde wieder an. Einsparpotential: 0,3 Liter je 100 Kilometer. Diese Veränderungen zusammen reduzieren den Verbrauch bereits um rund einen Liter. Doch es gibt noch mehr. Die auffälligste Änderung zeigt sich an den Türen. Görtz:

    "Anderes Merkmal, das man hier augenscheinlich sieht, sind beispielsweise die Spiegel – die es gar nicht mehr gibt; sollte man im ersten Moment denken, aber wenn wir mal hier rübergehen, dann erkennen wir, dass in diesen, dass in diesen Kiemenartigen Gebilden…"

    Görtz zeigt auf die Stelle vorn in der Ecke der Tür, an der normalerweise die Rückspiegel sitzen.

    "… dass sich dort eine Kamera befindet, und auf den Innenmonitoren, die sich hier befinden, kann man dann das Bild sowohl der rechten als auch der linken Kamera abbilden."

    Die Kamera ist kaum größer als ein Finger, duckt sich strömungsgünstig eng an die Tür. Görtz:

    "Wir könnten mal schauen, ob wir das einschalten können, dann würde man auch sehen, dass das tatsächlich den Blick ähnlich wie ein Spiegel auf dem Monitor im inneren abbilden kann. Einsteigen "

    Der Entwickler steigt ein, dreht den Zündschlüssel und die Monitore gehen an. Die Entwickler haben zwei Monitore eingebaut, ganz links auf dem Armaturenbrett und ganz rechts - für die linke und die rechte Kamera. Und tatsächlich erfassen die beiden Kameras fast genauso viel, wie der konventionelle Spiegel. Nur Form und Platz der Monitore sind etwas gewöhnungsbedürftig. Görtz:

    "Muss man natürlich hier schon sehen, dass das jetzt prototypisch realisiert ist, die Displays, die hier installiert wurden, würden sicherlich in einem Serieneinsatz nicht möglich sein, da müsste man sich jetzt alternativen überlegen, wie man das ins Armaturenbrett integrieren kann."

    So auffällig diese Monitore auch sind – ob sich durch sie tatsächlich der Benzinverbrauch reduzieren lässt, ist nicht sicher. Zwar reduzieren die Kameras den Luftwiderstand, aber sie brauchen Strom – und das hebt den Verbrauch wieder an. Eine sichere Einsparung bringen dagegen die Reifen – sie sind schmaler und stärker aufgepumpt, laufen dadurch leichter. Das reduziert den Verbrauch zwischen 0,3 und 0,6 Litern. Für sich genommen, senkt keine dieser Techniken den Verbrauch besonders deutlich. Doch in der Summe kommt der Wagen mit gut eineinhalb Litern Sprit pro 100 Kilometern weniger aus. Wer jetzt noch so schaltet, wie es die Ganganzeige im Tachometer empfiehlt, kann noch mal einen halben Liter Sprit sparen.