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Unbestrittener Herrscher über Nordkorea

Kim Jong Un ist seit einem Jahr Machthaber in Nordkorea. Am Mittwoch hatte er eine Trägerrakete ins All geschossen und weitere Tests angekündigt. Hunderttausende feierten in Pjöngjang das Ereignis.

Von Peter Kujath, Tokio | 15.12.2012
    Wo er auftritt, ertönen meist Fanfaren. Brechen Frauen, Kinder und sogar Soldaten in Tränen aus - zumindest solange die Kameras auf sie gerichtet sind. Kim Jong Un ist in diesem Jahr zum unbestrittenen Herrscher über Nordkorea aufgestiegen.

    Er werde die Son-gun-Politik seines Vaters Kim Jong Il fortführen, betonte Kim Jong Un während seiner ersten öffentlichen Rede im April. Das heißt, dem Militär wird in Nordkorea weiter Vorrang eingeräumt. Der etwa 1,80 Meter große und angeblich 90 Kilogramm schwere Kim Jong Un wirkte damals noch unsicher, nervös. In seinen dunklen, seidenglänzenden Anzügen ähnelt er bis heute einem zu groß gewordenen Schuljungen.

    Das Gesicht ist rund und drall; die Haare über den Ohren abrasiert gehen ansonsten füllig vom Mittelscheitel weg. Im Gegensatz zu seinen Untertanen scheint Kim Jong Un, ausreichend zu essen zu haben. Einer der wenigen Ausländer, die den nordkoreanischen Herrscher persönlich erlebt haben, ist der ehemalige Sushikoch seines Vaters. Im japanischen Fernsehen betonte Kenji Fujimoto:

    "Der Jüngste, Kim Jong Un, ist ein geborener Führer. Schon seit seiner frühesten Jugend an, hatte er die Fähigkeit, Menschen anzuziehen und sie zu seinen Anhängern zu machen. Er war immer derjenige, der Vorschläge für seine älteren Brüder gemacht hat – zum Beispiel wie sie zusammen spielen sollen. Ich habe Kim Jong Il oft sagen hören, dass Kim Jong Un ganz nach ihm gekommen ist."

    Es ist interessant, dass auch nach einem Jahr an der Spitze eines Landes, das wahrscheinlich Atomwaffen besitzt, etwa 1,2 Millionen Soldaten unterhält und Raketentests absolviert, noch immer nicht viel mehr über den Charakter seines Führer bekannt ist. Die vielen Propagandabilder unter anderem mit seiner Frau zeigen Kim Jong Un bei Truppenbesuchen, in Fabriken oder im Vergnügungspark. Sein Geburtsdatum ist hingegen bisher nicht veröffentlicht worden. Wahrscheinlich wurde er am 8. Januar 1983 oder 84 geboren, hat später ein Internat in der Schweiz besucht und die Kim Il Sung Universität in Pjöngjang absolviert.

    Im Gegensatz zu seinem Vater hält Kim Jong Un viele Reden, wie hier Ende August vor hochrangigen Militärs, als er einen erbarmungslosen Gegenschlag ankündigte, sollte auch nur eine feindliche Kugel auf nordkoreanisches Gebiet fallen.

    Auch wenn das Charisma bei seinen Reden noch immer nicht zu bemerken ist, scheint Kim Jong Un im unmittelbaren Kontakt auf die Menschen durchaus Eindruck zu machen. Er geht auf sie zu und vermittelt das Bild, als ob er sich persönlich ihrer Sorgen annehmen würde. Bisher hat sich an der schlechten, wirtschaftlichen Lage des Landes aber nichts geändert. Mitte des Jahres gab es Berichte über vorsichtige Reformen im Agrarbereich. Aber von einer Öffnung scheint Nordkorea unter Kim Jong Un noch immer weit entfernt zu sein.

    Um seinen Führungsanspruch gegenüber der Bevölkerung zu demonstrieren, braucht Kim Jong Un einen Erfolg, der propagandistisch ausgeschlachtet werden kann. Sein Vater gilt als der große General, der Nordkorea zur Atommacht aufsteigen ließ. Kim Jong Un könnte versuchen, als das vermeintliche Technologiegenie zu punkten, das es schafft, das verarmte Land ins Raketenzeitalter zu befördern.