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Ungewöhnliches Gasthaus

Das neue Dorfgasthaus Bolando in Bollschweil, in Südbaden, ist das erste genossenschaftlich geführte Gasthaus Deutschlands. Weil ein Dorf nicht nur Rathaus und Kirche braucht, sondern auch eine zünftige Dorfwirtschaft, haben sich die Dorfbewohner zusammengetan und das Bolando gegründet - mit Erfolg.

Von Klaus Amann | 18.04.2010
    In Deutschland gibt es viele 10.000 Kneipen und Gasthäuser, darunter einfache, gemütliche, abgelegene, schmuddelige, erstklassige und auch preiswerte. Es gibt sie traditionsbewusst über mehrere Generationen hinweg in Familienbesitz, doch nicht wenige wechseln auch die Besitzer und ihre Geschmacksrichtung so häufig wie das sprichwörtliche Hemd.

    Doch nun ist seit wenigen Wochen im Südbadischen, in der 2200 Seelen-Gemeinde Bollschweil ein funkelnagelneues Dorfgasthaus in Betrieb, das eine ganz ungewöhnliche Geschichte zu erzählen hat - und daher auch Schlagzeilen in der deutschlandweiten Presse auslöste.

    Zur Eröffnung kamen nicht nur die Landrätin und ein Staatssekretär der baden-württembergischen Landesregierung, sondern auch zwei Geistliche waren mit dabei: ein katholischer Priester und ein evangelischer Pfarrer. Damit über den Tischen und Stühlen des Gasthauses künftig der Himmel wohlwollend die Existenz dieses ersten genossenschaftlich gegründeten Dorfgasthauses in Deutschland, am Fuße des Schwarzwaldes sichern möge.

    Seit wenigen Wochen ist der Alltag in dem neuen Dorfgasthaus Bolando in Bollschweil eingekehrt. Das genossenschaftlich geführte Wirtshaus brummt und findet überregionales Interesse. Die Schildchen Reserviert auf den Tischen - so um 17, 18 Uhr herum - sind mit ein Hinweis auf die große Nachfrage aus der Gemeinde und dem Umland in Sichtweite zu Freiburg im Breisgau an der badischen Küche; beispielweise Schnitzel und Bratkartoffeln in der Obhut von Charles Henry Gaspard aus dem Elsass.

    Bolando blüht und gedeiht, allen Unkenrufen zum Trotz, und alle zeigen Gesichter der Zufriedenheit, das Gasthausteam und auch die Mitglieder und Repräsentanten der Gasthausgenossenschaft.

    Rund vier Jahre lang hat das rund 600.000-Euro-Projekt von der Idee bis zur Eröffnung gedauert. Die Gelder lieferten Genossen aus dem Ort und weit darüber hinaus bis in die USA. Es kam ein Förderscheck der Landesregierung und auch Bankkredite wurden notwendig. In Bollschweil wird nun der Beweis angetreten, dass ein Dorf nicht nur Rathaus, Kirche und Einkaufslädele braucht, sondern auch eine zünftige Dorfwirtschaft.