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Uni Düsseldorf nach Schavan-Plagiat
"Der Diskurs hat stark zugenommen"

Vor zwei Jahren wurde der damaligen Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan von der Universität Düsseldorf ihr Doktortitel entzogen, nachdem sich ein Plagiatsverdacht bestätigt hatte. Die Hochschule versucht seitdem, den Doktoranden besseres wissenschaftliches Arbeiten zu vermitteln.

Von Moritz Börner | 07.02.2015
    Die Doktorarbeit von Annette Schavan
    Die Doktorarbeit von Annette Schavan (dpa/picture alliance/Daniel Naupold)
    Der Fall Annette Schavan hat an der Universität Düsseldorf für erhebliche Unruhe gesorgt. Das Verfahren der Universität, das mit der Aberkennung des Doktortitels der damaligen Bildungsministerin endete, wurde heftigst kritisiert, besonders aus CDU-nahen Kreisen. Auch zwei Jahre später will sich der Dekan der Universität noch immer nicht zur Sache äußern. Einblicke, inwiefern die wissenschaftliche Arbeit sich verändert hat, gewährt die Universität aber durchaus. Zum einen wurde die sogenannte "Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis" überarbeitet, eine Art Regelwerk für Doktoranden. Darin wurde zum Beispiel genauer als bisher festgehalten, welche Dokumentationspflichten bei einer Doktorarbeit bestehen, oder ab wann eine Doktorarbeit als Plagiat gilt. Das erklärt Simone Brandes, die in der philosophischen Fakultät Promovenden betreut:
    "Das bekommen alle Doktoranden zu Beginn ihrer Promotionsphase. Das ist uns sehr wichtig, weil dort im Prinzip alle Richtlinien verankert sind und auch sozusagen Konsequenzen von Fehlverhalten aufgelistet sind, sodass der Doktorand eine Orientierung bekommt, die natürlich ausgerichtet ist an den Richtlinien guter wissenschaftlicher Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft."
    Kurse für saubere wissenschaftliche Arbeitsweisen
    Diskussion um Plagiate und Fälschungen gab es an der Heinrich-Heine-Universität nicht erst seit den Vorwürfen gegen Annette Schavan, sie gehörten schon immer zum wissenschaftlichen Betrieb dazu. Christian Dumpitak, der Promovenden an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät betreut, glaubt aber, dass die Sensibilität für das, was erlaubt ist oder nicht, seit den Fällen Schavan und zu Guttenberg gestiegen ist:
    "Mittlerweile durch verschiedene bekannt gewordene Fälle in der Vergangenheit ist deutlich stärker auch den Universitäten bewusst geworden, ne, das muss doch mal transparenter, nachvollziehbarer implementiert werden."
    Seit 2010 gibt es Graduiertenakademien an der Heinrich-Heine-Universität, also Kurse, in denen saubere wissenschaftliche Arbeitsweisen vermittelt werden. Inzwischen ist für fast alle Promovenden die Teilnahme an der Graduiertenakademie Pflicht. Sie lernen, wie saubere wissenschaftliche Arbeit funktioniert, wie man zum Beispiel richtig zitiert oder welche Rolle wissenschaftliche Ethik in der Forschungsarbeit spielt.
    "Ich merke durch diese Kurse, dass natürlich schon durchaus da ein zunehmendes Bewusstsein entsteht, dass natürlich häufiger auch mal Rückfragen zurückkommen, der Diskurs hat schon sehr stark zugenommen, was schon für mich ein sehr gutes Zeichen ist, dass diese Werte verfangen, darüber nachgedacht wird, wie man sie in den Arbeitsalltag umgesetzt werden kann. Und mit Sicherheit war das schon vorher der Fall, aber mit Sicherheit noch mal verstärkt."
    Simone Brandes stellt immer wieder fest, dass die Doktoranden die Hilfestellung dankend annehmen, gerade auch, weil sie Angst haben, dass sie Fehler machen:
    "Die Doktoranden sind sehr sensibel, sie sind aufgeweckt, und fragen deutlich nach, kann ich dies und das, also es ist im Prinzip ein Auslöser für eine Selbstreflexion und auch eine Diskussion, mit dem Betreuer und der wissenschaftlichen Gemeinschaft, in der sie agieren."
    Falsches Zitieren ist kein Kavaliersdelikt
    Einer der Promovenden ist Tobias Schuhmann. Er schreibt seine Doktorarbeit an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät im Fach Biologie, Bereich Pflanzenphysiologie. Auch er hat den Kurs "Gutes wissenschaftliches Arbeiten" belegt. Er glaubt, die aufsehenerregenden Plagiatsfälle der vergangenen Jahre haben viele Doktoranden dazu bewegt, ihre Arbeitsweise kritischer zu hinterfragen:
    "Schwerpunkt war natürlich auch Plagiat, war in den Medien ja zu genüge vertreten! Man ist stets bemüht da nicht in diese Falle zu tappen, sei es jetzt bewusst oder unbewusst. Ich glaub, man wächst da so ein bisschen in die Rolle rein, wenn man anfängt mit dem Doktor! Dann ist man erst so ein bisschen überlastet mit allem, aber man hat ja auch Betreuer, die einen da ein bisschen ranführen, wie das funktioniert."
    Abschreiben und falsches Zitieren in wissenschaftlichen Arbeiten sind kein Kavaliersdelikt, das ist die Botschaft der Graduiertenakademie. Die Uni Düsseldorf versucht nicht nur durch bessere Betreuung Fälschungen und Plagiate zu verhindern, sondern auch mithilfe von Plagiatssoftware, die Texte systematisch auf Fehler untersuchen kann. Die wird aber nicht bei jeder Doktorarbeit eingesetzt, sondern nur in Verdachtsfällen. Schließlich wolle man nicht alle Doktoranden unter den Generalverdacht stellen, bei der Promotion schummeln zu wollen, so der Leiter der Graduiertenakademie, Christian Dumpitak.