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Uni-Präsident: Es handelt sich um privatrechtliche Verträge

Der Präsident der TU Berlin, Jörg Steinbach, sagt, dass der Kooperationsvertrag mit dem Chemiekonzern BASF nicht veröffentlich werden müsse, weil dieser keine Berufungen beinhalte. Kein Hochschullehrer stünde damit in einer direkten Abhängigkeit von BASF.

Jörg Steinbach im Gespräch mit Manfred Götzke | 06.02.2012
    Manfred Götzke: Die TU Berlin wurde letzten Sommer immer mal wieder als "TU Deutsche Bank" verspottet. Die Uni hat sich nämlich ein Institut von der Deutschen Bank bezahlen lassen und ihr dafür Mitsprache bei Lehre, Forschung und auch Professorenberufung eingeräumt. Diese massiv kritisierte Kooperation ist mittlerweile beendet worden, aber jetzt gibt es einen neuen Deal: Die Uni will gemeinsam mit dem Chemiekonzern BASF ein Chemielabor eröffnen. BASF zahlt mehr als sechs Millionen Euro für das gemeinsame Forschungsprojekt, aber wie genau läuft die Kooperation ab, wofür genau bezahlt BASF wie viel? Und was passiert mit den Forschungsergebnissen? Wir wissen es nicht, denn die TU Berlin will den Kooperationsvertrag nicht veröffentlichen. Darüber möchte ich mit TU-Präsident Jörg Steinbach sprechen. Herr Steinbach, was haben Sie aus der massiv kritisierten Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank gelernt?

    Jörg Steinbach: Ehrlich gesagt, es war nicht allzu viel daraus zu lernen, alldieweil ich immer gesagt habe, dass für eine technische Universität das Zusammenarbeiten mit der freien Wirtschaft Teil des Profils ist. Dass man dabei sicherlich aufpassen muss, dass man dabei nicht zur verlängerten Werkbank wird, das war schlussendlich auch bei den Verträgen mit der Deutschen Bank nicht der Fall. Dass im Einzelnen dort von meinem Vorgänger Dinge abgeschlossen worden sind, die ich selber versucht hätte, anders zu machen, ist eine andere Frage, aber das habe ich auch schon vorher gewusst, und insofern haben wir das auch in die BASF-Verträge entsprechend anders eingebracht.

    Götzke: Im Kooperationsvertrag mit der Deutschen Bank gab es zum Beispiel eine Sperrklausel zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Hat BASF ähnliche Rechte?

    Steinbach: Nein. Das, sage ich mal, das ist einer Punkte, wo wir sicherlich irgendeine Präzisierung gewählt haben - auch wenn die Deutsche Bank damals von dieser Klausel nie Gebrauch gemacht hat und insofern sie also auch nie wehgetan hat. Aber hier ist es also so, dass beide Seiten das Recht haben zu veröffentlichen, dem anderen auch das Recht zur Stellungnahme zu geben haben, und dann gehen die Veröffentlichungen im Prinzip raus.

    Götzke: Wenn Sie also aus der Erfahrung mit der Deutschen Bank gelernt haben, etwas anders gemacht haben, warum veröffentlichen Sie die Verträge nicht mit der Kooperation?

    Steinbach: Weil es dafür eigentlich gar keine Notwendigkeit gibt. Es sind privatrechtliche Verträge. Sie schließen auch mit einer Versicherung einen Vertrag ab, privatrechtlich, und stellen den auch nicht auf ihrer privaten Homepage ...

    Götzke: Ich bin keine Universität, sondern eine Privatperson.

    Steinbach: Ja, aber hier wird auch ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen. Es ist keiner, der sozusagen die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes in irgendeiner Form berührt, wo dieses sicherlich notwendig wäre. Das ist anders bei Kooperationsverträgen, die zum Beispiel gemeinsame Berufungen beinhalten, entsprechend haben wir dort auch unterschiedliche Spielregeln, aber bei privatrechtlichen Verträgen besteht diese Notwendigkeit nicht. Und ich kann dort auch verstehen, dass der jeweilige Vertragspartner auch darum bittet, hier eine gewisse Vertraulichkeit zu handhaben.

    Götzke: Die BASF hat explizit darum gebeten?

    Steinbach: Das tut jedes Unternehmen, mit dem wir in einem solchen Fall zusammenarbeiten, weil keiner hat im Prinzip Lust, dem Konkurrenten zu sagen, auf welchem Gebiet und mit welcher speziellen Ausrichtung die wissenschaftliche Zusammenarbeit dort stattfindet.

    Götzke: Hat denn die Öffentlichkeit kein Recht zu erfahren, worüber geforscht wird? Immerhin ist die TU Berlin ja staatlich finanziert.

    Steinbach: Ich habe … die Veröffentlichung, die dabei herauskommt, sind ja öffentlich, es geht aber hier, sag ich mal, um bestimmte Art und Weisen, wie Forschung auch meinetwegen finanziert wird, ob Personal finanziert wird, ob Sachmittel finanziert werden oder Ähnliches, wie da die Engagementverteilung des jeweiligen Unternehmens ist. Und das ist auch eine Firmenpolitik, die sicherlich hier im Wettbewerb mit anderen steht, und insofern hat das nicht mit der inhaltlichen Ausrichtung der Forschung zu tun. Die inhaltliche Ausrichtung der Forschung war im Übrigen vorher bekannt gemacht worden, die ist auch im Teil des Exzellenzclusterantrages der Universität einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gewesen.

    Götzke: Der Deutsche Hochschulverband hatte beim Vertrag mit der Deutschen Bank im vergangenen Sommer, als das Ganze rausgekommen ist, den Eindruck, hier solle Wissenschaft eingekauft werden. HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz, der hat damals gesagt, die Unabhängigkeit der Wissenschaft müsse künftig deutlicher artikuliert werden. Wie kommen Sie dieser Forderung bei der aktuellen Kooperation nach?

    Steinbach: Ich möchte noch mal deutlich machen, dass diese beiden Arten von Verträgen nichts miteinander zu tun haben. Das, was wir mit der Deutschen Bank gemacht haben - und entsprechend sind auch diese Verträge öffentlich gewesen -, war eine Kooperation auf einem bestimmten Gebiet, was mit gemeinsamen Berufungen einhergeht. So etwas ist grundsätzlich öffentlich zu machen, haben wir öffentlich gemacht, ist etwas völlig anderes als eine reine Wissenschaftskooperation, ohne dass diese Art von haushaltsmäßigen Auswirkungen oder Personalauswirkungen stattfindet. Und das, wozu der Stifterverband Stellung genommen hat, sind zudem eine Art von Verträgen, wie wir sie mit der Deutschen Bank geschlossen haben. Und hier sind wir selber auch am Erarbeiten eines eigenen Code of Conducts, der uns nach Möglichkeit zukünftig aus solchen Diskussionen raushält. Aber das ist eine andere Kategorie von Verträgen, die dort abgeschlossen wird.

    Götzke: Studierendenvertreter fordern für diesen Code of Conducts, dass in Zukunft bei gewichtigen Verträgen alles offengelegt wird. Eine Einigung dürfte da doch schwierig werden.

    Steinbach: Och, das sehe ich nicht so problematisch. Ich glaube, gerade wir haben ... ich persönlich habe ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Studierenden, und auch der AStA hat in der letzten Sitzung des akademischen Senats zugegeben, dass seine Befürchtungen völlig umsonst gewesen sind, hat unterdessen auch diese Unterschiede gelernt, und ich glaube, dass da der Universitätsfrieden vollständig gegeben ist.

    Götzke: Ja, aber der AStA kritisiert ja, dass die Studierenden in den Gremien kaum Einfluss nehmen konnten auf die Entscheidung.

    Steinbach: Im Prinzip auf diese Art von Verträgen, so wie wir dort abgeschlossen haben, hätten sie auch gar keinen Einfluss nehmen wollen, das kam ganz deutlich neulich dabei heraus. Es ist nicht Vertrag gleich Vertrag. Und es gibt solche Verträge, die mit Stiftungen oder Ähnlichem zusammengeführt werden oder auch mit Firmen, wo es um gemeinsame Berufungen geht. Und hier ist die ganze Frage zu diskutieren, inwieweit kauft sozusagen hier Wirtschaft Wissenschaft, und das muss man mit bestimmten Spielregeln ausschließen. Hier ist kein Hochschullehrer in dem Sinne in irgendeiner direkten Abhängigkeit von diesem BASF-Vertrag oder diesem BASF-Labor. Hier wird ein BASF-Labor aufgebaut, gemeinsam mit unserer Universität, wo wir in einer Größenordnung von zwölf Post-Docs, reinstecken, die jeweils unter der jeweiligen, wie soll ich sagen, Führung, Anleitung oder Ähnlichem des jeweiligen Partners, also FU, HU, TU oder der BASF ihre Forschungsarbeiten machen. Das ist ein völlig anderes Konstrukt.

    Götzke: Die Frage ist ja, wie kann Forschung mit kritischer Distanz erfolgen, wenn es immer mehr Kooperationen gibt?

    Steinbach: Das ist richtig, aber es ist auch etwas, was ich damals auch im Zusammenhang mit der Deutschen Bank gesagt habe: Wir haben größenordnungsmäßig ein Drittel DFG-Forschung, wir haben ein Drittel europäische und BMBF-Forschung. Wir haben ein Drittel, die mit der Wirtschaft direkt sozusagen kooperiert. Wenn wir dieses Mengenverhältnis nicht verändern, also das Drittel von reiner Industrieforschung nicht übersteigen, dann sehe ich auch kein Risiko für den Charakter einer klassischen Universität, für die ich auch selber ganz persönlich stehe. Da muss man aufpassen.

    Götzke: Die Technische Universität Berlin kooperiert mit BASF - eine Notwendigkeit, den Kooperationsvertrag zu veröffentlicht, sieht TU-Präsident Jörg Steinbach nicht. Besten Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.