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Universal Life Church
Internetkirche zieht immer mehr Menschen an

Jährlich treten der Universal Church of Life über 35.000 neue Mitglieder bei. Insgesamt sollen es mehr als 20 Millionen sein. Und jedes einzelne von ihnen ist Gemeindemitglied und Pfarrer zugleich. Sozusagen Religion zum Selbermachen. Mit diesem Konzept wurde die Universal Church of Life erfolgreichste Internetkirche in den Vereinigten Staaten. Warum ist diese Kirche ohne Gemeindehäuser und Gottesdienste für viele Amerikaner so anziehend?

Von Sonja Beeker | 25.08.2015
    Ein junges Hochzeitspaar nach der Trauung im Schlosspark im brandenburgischen Steinhöfel.
    Trauung als heidnische Natur-Zeremonie - ein Amateur-Pfarrer der Universal Life Church macht es möglich. (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Vorname, Nachname, Emailadresse, Anschrift, schnell ein Passwort einrichten und schon ist man Mitglied und Pfarrer der Universal Church of Life und befindet sich damit in illustrer Gesellschaft. Paul McCartney, Ringo Starr, Lady Gaga oder der Komiker Stephen Colbert – sie alle sind bereits Mitglieder der größten Internetkirche der USA. Mal heißt sie Universal Life Church, mal Universal Church of Life. Dahinter steckt jedoch ein und derselbe Gründungsvater: der umstrittene Reverend Kirby Hensley.
    Der Mann aus North Carolina gründete 1959 eine Kirche, deren Doktrinen sich lesen wie Teesorten aus einem esoterischen Bioladen: „Ewiges Fortschreiten." – „Wir sind eins." – „Leben und Leben helfen." Ziel der Kirche ist ein erfülltes Leben für Jedermann. Enttäuscht vom hierarchischen Aufbau traditioneller Kirchen wollte Hensley eine egalitäre Religion schaffen, bei der nicht einmal der Glaube an Gott Voraussetzung für die Aufnahme sein sollte. Jeder sollte Mitglied und Pfarrer zugleich sein, trauen, taufen und beerdigen können.
    Religion zum Selbermachen
    Eine Zeit lang kursierte das Gerücht, dass man als Pfarrer der Universal Life Church vorm Einzug in den Vietnamkrieg verschont bliebe. Ende der 1960er nahm die Kirche monatlich deshalb über 100.000 neue Mitglieder auf. Zweimal bemühte sich Hensley sogar um das Amt des US-Präsidenten, aber mit Äußerungen wie "Jesus ist ein guter Schauspieler" oder "Ich stehe für Freiheit, Essen und Sex" wurde es nichts mit der politischen Karriere. Schließlich stand auch noch die Steuerbehörde vor der Kirchentür. Für die war die Universal Life Church nämlich keine echte Kirche und somit steuerpflichtig! Es wurde stiller um Hensleys Organisation. Erst die Fernsehserie "Friends" sollte das ändern. Als Joey in einer Folge das Amt des Amateur-Pfarrers übernimmt und seine Freunde Monica und Chandler traut, war die Universal Life Church auf einmal wieder Thema.
    Joeys Trauung unter Freunden hat damals einen Hochzeitstrend in den USA ausgelöst, der bis heute anhält: Immer mehr lassen sich von Freunden und Verwandten trauen, statt vom Standesbeamten, Rabbi oder Pastor. Aber so ganz ohne Bescheinigung geht es auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht. Den meisten Staaten reicht jedoch ein Zertifikat der Universal Church of Life, das es für umgerechnet knapp 30 Euro zur Online-Ordination dazu gibt. Aber Vorsicht, warnt der New Yorker Hochzeitsplaner Richard O'Malley. Der Teufel steckt im Detail.
    "Man muss aufpassen, denn innerhalb mancher Staaten gibt es einzelne Gemeinden und Städte, die erlauben keine Laienhochzeit. Dort muss man den ganz offiziellen Weg gehen und eine richtige Lizenz haben."
    Richard ist selbst Mitglied der Universal Life Church – und das schon seit fast 30 Jahren. Wenn's um die Trauung zweier Menschen geht, sagt O'Malley, hört für ihn der Spaß auf. Und so rät der 46-Jährige seinen Kunden, die Trauungszeremonie einem Fachmann zu überlassen.
    "Der Grund ist ganz einfach: Die meisten unserer Amateur-Pfarrer sind einfach nicht besonders gut! In wie vielen Konferenzen und Vorlesungen haben wir alle schon gesessen, bei denen der Redner furchtbar war? Vor Publikum zu sprechen, das kann nicht jeder."
    Was nicht passt, wird passend gemacht
    Nicht alle beachten diese Warnung. Etwa Adam und Terry Soosman. Sie hatten einen Wunsch für ihre Hochzeit auf einer Apfelplantage im US-Bundestaat Maine. Nicht irgendwer sollte sie trauen. Es sollte Terrys bester Freund und Arbeitskollege Keith sein. Und der ließ sich prompt zum Amateur-Pfarrer der ULC ordinieren.
    "Terry und ich wollten eine heidnische Natur-Zeremonie, in der die Himmelsrichtungen und die Elemente eine wichtige Rolle spielen. Keith war super hilfreich und hat uns die Trauung so gestalten lassen, wie wir sie haben wollten."
    Und genau darin vermuten Religionswissenschaftler den Grund für die wachsende Zahl der Universal Life Church–Laienpfarrer: es ist der Wunsch nach Individualität. Niemand will eine 0815-Hochzeit. Und wenn keine Religion so richtig passen will, dann wird sie eben passend gemacht und mittels Universal Life Church sogar offiziell abgesegnet.