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Universität Oldenburg
Studentische Spitzensportler

Aktive Leistungssportlern erhalten an der Universität Oldenburg ein auf sie zugeschnittenes Studium, das sich von einem klassischen Fernstudium unterscheidet. Auch der Segler Erik Heil kann dadurch BWL studieren und in Rio um eine Medaille kämpfen.

Von Almuth Knigge | 05.08.2016
    Porträt des Seglers Erik Heil
    Segler Erik Heil hat das Studium für seine Olympiavorbereitung unterbrochen. (picture-alliance/ dpa/ Gregor Fischer)
    Wettkampf auf dem Wasser, immer Wind und Wellen im Blick, Artistik auf einem kleinen Boot - das ist das Leben von Erik Heil, 26, deutscher Top-Segler und BWL-Student – mit einem etwas anderen Studienalltag, denn Erik Heil verbringt als Segler mehr Zeit auf dem Wasser als an Land.
    "Wir sind, wenn wir ein halbes Jahr unterwegs sind, zuhause circa 14 Tage, wenn wir intensiv unserer Saison nachgehen und das bedeutet natürlich, wenn es wirklich so intensiv ist, brauchen wir was, was wir unterwegs machen können, wo wir an freien Tagen Sachen reinschieben können, wo wir Support bekommen und nicht erst die ganze Organisation übernehmen und das ist der Unterschied zu einem festen Studium an einem Standort. Und man muss wirklich sagen, ich habe es da versucht und das ist extrem komplex sich alle Kurse umzulegen mit den Dozenten zu sprechen und naja ich würde sagen, overall ist es für uns die einzige Möglichkeit überhaupt ein Studium erfolgreich absolvieren zu können."
    Vor wichtigen Wettbewerben, wie jetzt vor Olympia, muss er längere Pausen einlegen.
    "Das Studium hat in den letzten zwei Semestern auf Eis liegen müssen, weil wir uns wirklich sehr intensiv auf unsere Olympischen Spiele vorbereitet haben - aber davor war es so, dass man, ich würde sagen, im Wochenpensum ja vielleicht drei Tage benötigt hat, um wirklich gut am Ball zu bleiben, und die restliche Zeit konnte man sich auf sein Training konzentrieren. Und das ist eben der absolut genialste Vorteil, den ich daran sehe."
    Berufsbegleitender, internetgestützter Bachelorstudiengang
    Erik Heil studiert, wie seine Freundin Vicky Jurzok, die ebenfalls mit Medaillenambitionen in Rio als Seglerin startet, BWL an der Uni Oldenburg, in einem berufsbegleitenden, internetgestützten Bachelorstudiengang. Der Hauptteil der Arbeit findet in einer Online-Lernumgebung der Universität statt. Es ist allerdings kein klassisches Fernstudium, darauf legt Thomas Schneeberg wert. Er ist Dozent und Koordinator des Studiengangs.
    "Dieses Format Blended Learning, so nennt sich das, das ist eben kein Fernstudium, wo man ja gar nicht hin muss oder eben auch kein Präsenzstudium, wo man nur hin muss, das ist eine Mischung aus diesen vier Tagen Anwesenheitspflicht pro Modul. Und der Rest wird eben in einer Lernumgebung gemacht."
    Das heißt, der Studierende bucht seine Module, Kurse, ein bis zwei pro Semester, kommt dafür zweimal nach Oldenburg für Klausuren und Vorträge, den Rest macht er selber. Im Schnitt braucht man dann zehn Semester, so wie Jörg Butt, Weltklasse-Torhüter, oder Carolin Nytra, Hürdensprinterin.
    Und nicht zu vergessen Jonas Hector, der Held von Paris, der mit seinem verwandelten Elfmeter den Italien-Fluch beendete und Deutschland ins Halbfinale der EM schoss. Von seinen Vereinskameraden wird der 26-Jährige auch "Schlaubi" genannt. Weil er beides macht Sport und Studium.
    "Das ist ja das Tolle an Sportlern. Es gibt bestimmte Qualifikationen, die man denen nicht mehr beibringen muss. Also so was wie Disziplin, das kenne ich von meinen grundständigen Studierenden, da ist es manchmal schwierig, die einfach an die Kandare zu kriegen. Aber die Sportlerinnen und Sportler, die können das. Also die wissen, wie man im Team arbeitet, die wissen, wie man auf den Punkt seine Leistung abliefert. Also wenn die für die Klausuren lernen, dann haben die auch genau für den Tag der Klausuren das Zeug parat und nicht eine Woche früher oder später. Also da sind die eben von ihren Schlüsselqualifikationen in wirklich zum Teil sehr jungem Alter schon sehr, sehr weit eben durch ihrem Hauptberuf Sport."
    "Natürlich eint uns erst mal alle, dass wir das zusammen sitzen mit dem gleichen Ziel: einen Studienabschluss. Wir haben alle die gleiche Problematik: fast keine Zeit. Und wir wollen möglichst effektiv und schnell die Themen abhandeln, die abzuhandeln sind, mit dem bestmöglichen Effekt."
    Mit Blick auf potenzielle Arbeitgeber
    Effektivität, Disziplin und Fokussierung auf das Wesentliche – Charaktereigenschaften, die für potenzielle Arbeitgeber hochinteressant sind.
    "Wir haben durch unser Segeln und durch unsere vielen Kontakte, die wir durch Sponsorenakquise etc bekommen haben, gute Möglichkeiten in Top-Unternehmen einzusteigen, und sind da auch sehr gern gesehene Charaktere mit der Zeit geworden. Also ich mach mir da auf dieser Seite beruflich, falls mein Leistungssport doch jetzt kurzfristig enden sollte, mache ich mir eigentlich keine Sorgen."