Freitag, 19. April 2024

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UNO befürchtet weitere Gewalt zwischen Hutu und Tutsi

Doris Simon: Die Menschen, die in den letzten Wochen und Monaten in das kleine ostafrikanische Land Burundi geflüchtet sind, haben in ihrer Heimat im Ostkongo Schreckliches gesehen und oft selber erlebt. Letzte Woche holte sie die Gewalt wieder ein, da wo sie sich in Sicherheit gefühlt hatten, im Flüchtlingslager Gatumba, jenseits der kongolesischen Grenze in Burundi. Hutu-Rebellen überfielen das Camp und ermordeten mehr als 150 Flüchtlinge. In der letzten Nacht warnte der Chef der UN-Friedenseinsätze davor, dass Vergeltungsaktionen eine Spirale der Gewalt in Ostafrika auslösen könnten. Hans Günter Heil ist für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Burundi und dort für die Sicherheit der Flüchtlinge auch zuständig. Herr Heil, wie sicher können sich die Flüchtlinge denn noch fühlen im Lager Gatumba?

Moderation: Doris Simon | 20.08.2004
    Hans Günter Heil: Ja, ich muss erst mal etwas sicherstellen. Die Sicherheit der Flüchtlinge hier in Burundi obliegt ganz alleine dem Gastgeberland. Das heißt also, meine Aufgabe ist es eher, für die Sicherheit der Leute vom UNHCR zu sorgen. Und die Regierung selber ist dafür verantwortlich, dass die Leute sich hier im Gastgeberland dementsprechend sicher fühlen können. Zusätzlich haben wir auch eine UN-Operation in Burundi unter der UN-Resolution, die hier jetzt seit einem Monat vor Ort sind und die versprochen haben, dass die Sicherheit um die Camps dementsprechend verstärkt sind.

    Simon: Nachdem dieser eine Monat vorbei ist, noch mal die Frage, wie sicher haben Sie den Eindruck, fühlen sich jetzt die Flüchtlinge?

    Heil: Also ich muss natürlich sagen, dass die Flüchtlinge so ein bisschen traumatisiert sind. Wir haben also festgestellt, dass in einigen Transitcenter, also es sind keine Camps, es sind Transitcenter, das heißt, der Grund, warum die Camps ziemlich nah an der Grenze liegen, ist, dass die Flüchtlinge dort aufgenommen werden und dann dementsprechend in ein Flüchtlingscamp weitergeleitet werden oder wieder in ihr Ursprungsland zurückgeführt werden. Die Leute sind traumatisiert, sie verlassen nachts das Camp und versuchen irgendwo Unterschlupf zu finden außerhalb und kommen dann den nächsten Morgen wieder. Das führt darauf zurück, dass der Angriff wie gesagt um 21 Uhr stattgefunden hat und die Leute halt glauben, dass so etwas noch mal passieren kann. Also dementsprechend verlassen sie also zum Teil diese Transitcenter und schlafen außerhalb.

    Simon: Haben die Behörden nach dem, was Sie gesehen haben, die Sicherheitsvorkehrungen jetzt erhöht?

    Heil: Ja, es wurde also sofort in zwei Transitcenter die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Das heißt also, die Armee, die hiesige Armee vor Ort hat sofort in zwei Transitcenter die Sicherheit um das Camp um das doppelte erhöht. Und die UN-Organisation hier vor Ort hat auch dementsprechend Sicherheitsvorkehrungen getroffen, sichtbare Sicherheitsvorkehrungen, das heißt also, ich würde mal sagen so auf dem Niveau Schützenpanzer, das heißt also, dass die Sicherheit außerhalb des Camps sichtbar erhöht wurde.

    Simon: Ich sagte es eingangs, die Rebellen sollen einer Hutu-Gruppe angehört haben, die meisten Campeinwohner gehörten zur Volksgruppe der Tutsi. Ist das Teil des größeren Hutu-Tutsi-Konfliktes in Ostafrika, der ja den meisten aus Ruanda bekannt ist?

    Heil: Also ich muss sagen, wir sind ja hier seit dem 23. November. Seit das Pretoriaprotokoll unterschrieben wurde, unterliegen wir einem Waffenstillstand. Es hat sich bis jetzt nur noch eine einzige Gruppe nicht dazu bekannt und das ist die sogenannte FNL, die Liberale Befreiungsfront, die hier weiterhin ja in Kleingruppen operiert und die sich offiziell dazu bekannt hat, diesen Angriff durchgeführt zu haben.

    Simon: In Burundi, das ist weniger bekannt, sind in den letzten zehn Jahren auch 300.000 Menschen gestorben bei Konflikten eben zwischen Hutu und Tutsi. Sie, der Sie da sich tagtäglich bewegen, spüren Sie noch Spannungen, Feindseligkeiten zwischen den Volksgruppen?

    Heil: Also wir haben, das kann man nicht ausklammern, wir hatten hier vorgestern eine Demonstration in der Stadt, eine ziemlich große Tutsi-Bewegung hatte sich natürlich erstmal gegen die kongolesische Botschaft gewandt und dementsprechend auch gegen den Regierungspalast gezogen, um den Unmut kund zu tun, dass also weiterhin die Tutsi-Minderheit hier nach ihren Angaben unterdrückt wird.

    Simon: Und wie werden die Flüchtlinge aufgenommen in einem solchen Klima, in einer solchen Situation, Burundi ist ja kein reiches Land?

    Heil: Ja gut, die Flüchtlinge selber werden zu 100 Prozent unterstützt vom Flüchtlingskommissar von dem HCR und dementsprechend dann auch von anderen UN-Organisationen, Welthungerhilfe, Unicef, um den Aufenthalt der Flüchtlinge natürlich hier in dem Land so gut wie möglich zu unterstützen.

    Simon: Und die Reaktion aus der Bevölkerung, ist das Gleichgültigkeit oder wie sieht die aus?

    Heil: Also ich muss sagen, dass die Bevölkerung auch emotional sehr daran beteiligt ist und dementsprechend auch unterstützt, moralisch unterstützt.

    Simon: Vielen Dank für das Gespräch, das war Hans Günter Heil vom UNHCR Flüchtlingshilfswerk in Burundi.