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UNO-Bericht zur Vernichtung der Jesiden
Ein Dokument des Grauens

"Sie kamen, um zu zerstören." Mit diesem Zitat eines religiösen Führers beginnt der neueste Bericht der internationalen Untersuchungskommission des UNO-Menschenrechtsrats für Syrien, der die Verbrechen des sogenannten "Islamischen Staates" an der Minderheit der Jesiden untersucht und zusammenfasst. Es ist ein Dokument des Schreckens und des Grauens.

Von Hans-Jürgen Maurus | 16.06.2016
    Demonstranten protestieren am 03.08.2015 unter dem Fernsehturm in Berlin gegen die Verfolgung der Jesiden durch den islamischen Staat im Nordirak.
    Demonstranten protestieren am 03.08.2015 unter dem Fernsehturm in Berlin gegen die Verfolgung der Jesiden durch die Terrormiliz IS im Nordirak. (dpa / picture alliance / Wolfgang Kumm)
    Die Kämpfer des islamischen Staates haben im Nordwesten des Irak Völkermord begangen, zahllose brutale Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen. Die Einzelheiten des Berichts, der auf Interviews mit 45 Überlebenden, religiösen Führern, Schmugglern, Aktivisten, Rechtsanwälten und medizinischem Personal basiert, sind schockierend. Von Beginn an der Offensive am 3. August 2014 hat die Terrormiliz IS versucht, die Vernichtung der Jesiden systematisch zu betreiben, heisst es in dem Dokument, unbeschreibliche Grausamkeiten seien geschehen.
    Männer wurden per Kopfschuss exekutiert. Kinder von ihren Müttern getrennt, Frauen und Mädchen - die jüngsten neun Jahre alt - auf Märkten verkauft. Jesidische Knaben werden von IS-Kämpfern indoktriniert und als Killer ausgebildet, sie lernen mit Kalaschnikows umzugehen, mit Granaten und Panzerfäusten und sie werden als Selbstmordattentäter eingesetzt. Wie perfide die IS-Mörder vorgehen zeigt die Tatsache, dass sie ganze Familien zwingen zuzusehen, wie der Vater erschossen oder enthauptet wird. Leichen lässt man auf den Strassen liegen, auch Massentötungen hat es in Quani und Kocho gegeben. IS-Gangster bezeichnen Jesiden als Kaffar, als Ungläubige.
    Jesidische Frauen schnitten sich die Pulsadern auf
    Entsprechend gehen sie mit den Frauen um. "Ich wurde in einem Gebäude in Rakka drei Wochen lang gefangengehalten", erzählt eine jesidische Frau, die das Martyrium überlebt hat, "die ganze Zeit kamen IS-Kämpfer, um Frauen und Mädchen zu kaufen, ich wurde 15 mal verkauft." Viele Frauen erhielten nur wenig Nahrung und Wasser, manche mussten aus Toiletten trinken, wer krank wurde erhielt keinerlei medizinische Versorgung. Jesidische Frauen und Mädchen begannen, sich zu verstümmeln, um sich für Käufer unattraktiv zu machen, andere schnitten sich die Pulsadern auf oder erhängten sich.
    Die Entführten wurden als Eigentum und Kriegsbeute des Islamischen Staates betrachtet. Ein syrischer IS-Kämpfer kaufte 2015 eine Frau auf einem Sklavenmarkt in Rakka, danach sagte er zu ihr: "Du bist wie ein Schaf, ich habe dich gekauft." Er verkaufte die Jesidin sieben Tage später an einen algerischen IS-Söldner in Aleppo.
    Sexuelle Übergriffe waren an der Tagesordnung
    Sexuelle Übergriffe waren an der Tagesordnung, heisst es in dem Dokument, Mädchen selbst im Alter von neun Jahren wurden vergewaltigt. Manche wurden gefesselt und sind wehrlos. Die Vergewaltiger drohten den Frauen mit Massenvergewaltigungen, falls sie sich nicht fügen. Wer flieht, wurde brutal zusammengeschlagen. In einem Fall tötete ein IS Kämpfer mehrere Kinder einer Mutter, die zu flüchten versucht hatte. Ein 18-jähriges Mädchen wurde von einem libyischen IS-Kämpfer gekauft, der sich täglich an ihr verging, dann wurde die Jesidin achtmal weiterverkauft und mehrere hundert Mal vergewaltigt. "Der islamische Staat, das ist eine Bande von Mördern, Gangstern, Räubern, Dieben, brutalen Schlägern, Rassisten und religiös verbrämten Islamo Faschisten, die Gotteslästerer und menschlicher Abschaum sind." Dieser letzte Satz in dem Dokument der Untersuchungskommission spricht für sich. Der Völkermord an den Jesiden geht weiter.