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UNO-Friedensgespräche in Genf
Syrische Opposition so schwach wie nie

Die syrische Opposition reist mit geeinter Delegation und abgestimmten Forderungen zu den UNO-Friedensverhandlungen nach Genf. Allerdings ist ihre Verhandlungsposition so schwach wie nie.

Von Anne Allmeling | 25.11.2017
    Ein kleiner Junge sitzt vor einem grauen Schulgebäude mit einer Wandmalerei auf dem Bordstein.
    Seit fast sieben Jahren herrscht in Syrien Krieg: Die Zerstörung und das Leid sind groß. (Archivbild 2016) (ABDULMONAM EASSA / AFP)
    Abou Khalil macht Pause. Der 45-jährige Syrer mit dem kurzen, grauen Bart hat sich auf einen Plastikstuhl gesetzt und raucht – in seinem Stammcafé, mitten in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Das kleine Café gleicht einer Garage – aber es bietet alles, was Abou Khalil mag: schwarzen Tee mit Zucker, WLAN und die Möglichkeit, in Ruhe zu plaudern. Es gehört einem Freund von Abou Khalil, der wie er aus Syrien geflohen ist. Hier denken sie über ihre Zukunft nach.
    "Nach dem Krieg wird alles anders sein. Früher war Syrien ein großartiges Land, die Menschen haben friedlich zusammengelebt, die Wirtschaft funktionierte. Jetzt hassen sich die Menschen – wegen des Krieges. Und sogar zwischen Freunden und innerhalb der Familien gibt es Streit darüber, wie Syrien künftig aussehen soll."
    Vertreter der syrischen Opposition bei einem Treffen in der saudischen Hauptstadt Riad.
    Vertreter der syrischen Opposition haben sich in Riad getroffen. (FAYEZ NURELDINE / AFP)
    Vom Krieg will Abou Khalil nichts mehr wissen. Er will nach vorne schauen, sein Land wieder aufbauen – aber dafür, meint Abou Khalil, müssten alle an einem Strang ziehen. Oder es wenigstens versuchen. So, wie die syrische Exil-Opposition. Aus verschiedenen Ländern angereist, hatten sich Vertreter in den vergangenen Tagen in der saudischen Hauptstadt Riad getroffen – um sich noch vor der nächsten Runde der Friedensgespräche auf eine gemeinsame Position zu einigen. Denn in der kommenden Woche soll wieder in Genf verhandelt werden:
    "Wir haben uns hier in Riad mit den Oppositionsgruppen aus Kairo und Moskau darauf verständigt, mit einer gemeinsamen Delegation an direkten Verhandlungen in Genf teilzunehmen."
    Schwache Verhandlungsposition der Opposition
    Sagt Basma Qadmani, Sprecherin der syrischen Opposition. Direkte Verhandlungen ohne Bedingungen also – das ist neu an der Haltung der Opposition. Bisher hatten die Regierungsgegner darauf bestanden, dass Präsident Assad und seine Entourage abtreten müssen, noch bevor es Friedensgespräche gibt. Doch solche Forderungen kann und will sich die Opposition offenbar nicht mehr leisten. Nach fast sieben Jahren Krieg ist ihre Verhandlungsposition so schwach wie nie.
    Baschar al-Assad
    Teile der Opposition bestehen weiter auf den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad (picture alliance/dpa/Sana Handout/Handout)
    Die Regierungstruppen haben zentrale Gebiete des Landes wieder unter ihrer Kontrolle; dazu zählen auch alle wichtigen Städte. Die Regierungsgegner stellen längst keine ernsthafte Gefahr mehr für die Machtelite des Landes dar. Sie wird gestützt von Russland, dem Iran und mit Teheran verbundenen Milizen. Das kann auch die Exil- Opposition nicht länger ignorieren. Trotzdem hält sie an ihrer zentralen Forderung fest, sagt ihr Sprecher Firas Al-Khaldi:
    "Die Teilnehmer haben betont, wie wichtig es ist, dass Präsident Baschar Al-Assad und sein Regime abtreten; allein die Gruppe aus Moskau hat dieser Forderung nicht ganz zugestimmt."
    Auf gemeinsamen Dialog verständigt
    Die Interessen der Opposition sind so unterschiedlich wie die politischen Ansichten der Dissidenten selbst – von eher moderaten bis zu islamistischen Gruppierungen sind alle vertreten. In den vergangenen Jahren haben sie nur selten mit einer Stimme gesprochen. Dieses Mal haben sich die mehr als 140 Oppositionsvertreter sogar auf eine gemeinsame Delegation verständigt, die in Genf verhandeln soll. Viel erreichen werden sie wohl trotzdem nicht, glaubt Abou Khalil:
    "Die Opposition hat keine Vorstellung davon, wie Syrien aussehen soll, wenn Frieden herrscht. Sie wird nichts erreichen. Die Lösung kommt sowieso von außerhalb. Die Saudis, die Iraner, die Russen, die Türken – wenn die sich darauf einigen, dass der Krieg beendet werden soll, dann wird er enden. Ich glaube kaum, dass die Opposition das erreichen kann."
    Wenn er die Wahl hätte, würde Abou Khalil zurückgehen nach Syrien – zurück in den Stadtteil von Damaskus, in dem er früher lebte und einen Friseurladen betrieb – vor dem Krieg. Aber das wird noch dauern, sagt er.
    "Wir können jetzt nicht zurück. Mein Sohn müsste Militärdienst leisten. Auch wegen meiner anderen Kinder kann ich nicht zurück. Mein Geschäft ist zerstört, auch mein Haus steht nicht mehr. Aber wenn der Krieg vorbei ist, dann gehe ich zurück – mit der ganzen Familie."