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UNO-Vollversammlung
Erwartungen an Putins Rede in New York

Bei der New Yorker Generaldebatte der UNO wird es zentral um die Flüchtlingskrise in Syrien gehen. Im Rampenlicht wird Russlands Präsident Wladimir Putin stehen. Es ist sein erster Auftritt seit zehn Jahren vor der UNO. Und er wird auch in einem bilateralen Gespräch mit US-Präsident Obama zusammenkommen.

Von Gesine Dornblüth | 28.09.2015
    Der russische Präsident Putin hinter dem Rednerpult in der Generaldebatte der Vereinten Nationen in New York
    Der russische Präsident Putin spricht in der Generaldebatte der Vereinten Nationen in New York (picture alliance / dpa / Jason Szenes)
    Kurz vor seinem Auftritt vor der UN-Vollversammlung hat Russlands Präsident Wladimir Putin dem US-Fernsehsender CBS ein Interview gegeben. Er werde die Vereinten Nationen als Tribüne nutzen, um Russlands Position darzulegen, so Putin. Und zwar vor allem in Bezug auf Syrien. Dort unterstützt Russland den Diktator Assad, und Putin verteidigt ihn nach wie vor.
    "In Syrien gibt es nur eine legitime Armee: Die Armee des syrischen Präsidenten. Ihr steht, laut der Interpretation einiger unserer internationalen Partner, eine Opposition gegenüber. Aber real kämpft Assads Armee gegen Terrororganisationen."
    Kein Wort über Fassbomben
    Das russische Staatsfernsehen meldet seit Tagen Erfolge der syrischen Regierungstruppen gegen den IS. Von den Fassbomben, die Assad auf die Zivilbevölkerung werfen lässt, erfährt der russische Fernsehzuschauer dagegen nichts.
    Schon bei einer Rede in Tadschikistan vor zwei Wochen, die viele als Probe für den Auftritt in New York werteten, hatte Putin klar gemacht, dass er nicht gewillt ist, Forderungen der westlichen Staatschefs nach einem Rücktritt Assads zu unterstützen:
    "Natürlich muss man auch über politische Reformen in Syrien nachdenken. Wir wissen, dass Präsident Assad bereit ist, den gesunden Teil der Opposition mit einzubeziehen. Aber heute geht es zuallererst darum, sich im Kampf gegen den Terror zusammenzuschließen."
    In den vergangenen Wochen hatte Putin mit vielen Staats- und Regierungschef aus dem Nahen Osten über Syrien gesprochen. Russland hat seine Militärhilfe für Syrien verstärkt und Waffen und Soldaten dorthin verlegt. Mittlerweile hat Russland gemeinsam mit Syrien, dem Iran und dem Irak ein Koordinationszentrum für den Kampf gegen den IS in Bagdad gegründet. Außenminister Lawrow sagte dazu gestern, Ziel des Zentrums sei es, Informationen auszutauschen und sie schnell an die Generalstäbe der Länder weiterzuleiten.
    Das Vorgehen der USA in Syrien hat Putin hingegen wiederholt verurteilt. Es sei ineffektiv und widerspreche der Charta der Vereinten Nationen, so Russlands Präsident in dem Fernsehinterview am Wochenende. Die russische Regierung kritisiert auch die jüngsten Luftangriffe Frankreichs gegen den IS. Eine Sprecherin des Außenministeriums stellte gestern infrage, dass es sich dabei, wie von Frankreichs Regierung dargestellt, um eine Selbstschutzmaßnahme handele.
    Man kann davon ausgehen, dass Putin bei seinem Auftritt vor den Vereinten Nationen auch zu einer Rundumkritik an den USA und ihren Verbündeten ausholen wird. Darauf lassen Äußerungen des russischen UN-Botschafters Witali Tschurkin im russischen Staatsfernsehen schließen:
    "In den letzten Jahren hat es eine nicht dagewesene Destabilisierung der internationalen Beziehungen gegeben. Unsere amerikanischen Kollegen haben eine sogenannte Koalition gegen den IS in Syrien und im Irak geschaffen und glauben, dass das die internationale Koalition sei, die alle respektieren müssen. Dabei steht keine Resolution des Sicherheitsrates dahinter."
    Wunsch nach Augenhöhe mit Obama
    Dem russischen Präsidenten geht es darum, vor allem von den Amerikanern auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden. Er scheint diesem Ziel deutlich näher gerückt. Denn Putin trifft in New York auch US-Präsident Barack Obama. Der Termin wurde erst vor wenigen Tagen bestätigt. Bezeichnend ist, dass beide Seiten behaupten, die jeweils andere habe um das Treffen gebeten. Unterschiedliche Darstellungen gibt es auch dazu, worüber Putin und Obama sprechen werden. Aus dem Kreml heißt es, Syrien werde im Mittelpunkt stehen. Das Weiße Haus verbreitet, Obama wolle mit Putin über die Ukraine sprechen. Militärisch ist es in der Ostukraine seit einigen Wochen weitgehend ruhig. Wichtige Kernfragen sind aber nach wie vor ungeklärt, zum Beispiel die geplanten umstrittenen Wahlen in den Separatistengebieten und der politische Status des Donbass.

    Andrej Kolesnikow vom Carnegie-Zentrum in Moskau meint, Putin gehe es bei seinem Auftritt in New York und dem Treffen mit Obama allenfalls zu einem Teil um einen realen Kampf gegen den IS. Er wolle vor allem eine Botschaft an die eigene Bevölkerung senden.
    Ich denke, es ist eine Art Trick Putins. Er weiß, dass die USA sein Angebot, im Kampf gegen den Terror zusammenzuarbeiten und dabei Assad zu unterstützen, politisch nicht akzeptieren können. Putin wird dennoch darauf bestehen, als Zeichen an die Welt und an das heimische Publikum: Seht her, ich bin ein Friedensmann, aber die Yankees wollen mir nicht helfen.