Ursula Weidenfeld über den Kurs der Liberalen

"Die FDP wird keine 'AfD light'"

FDP-Parteichef Christian Lindner, der stellvertretende Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki und Generalskretärin Nicola Beer auf der Pressekonferenz nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche für eine sogenannte Jamaika-Koalition.
Die FDP-Spitze mit Christian Lindner, Wolfgang Kubicki und Nicola Beer auf der Pressekonferenz nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche für eine sogenannte Jamaika-Koalition. © imago / Emmanuele Continix
Moderation: Anke Schaefer · 23.11.2017
Ist Jamaika gescheitert, weil die FDP selbst die CSU rechts überholt hat? Die Journalistin Ursula Weidenfeld glaubt das nicht. Zwar weise die FDP nationalliberale Elemente auf. Doch ein klar umrissenes Programm für eine "AfD light" sei nicht zu erkennen.
Wie rechts ist die FDP? Das fragen sich viele seit der geplatzten Jamaika-Sondierung. Denn bei den Gesprächen habe die Partei nach Aussage anderer Teilnehmer stellenweise versucht, die CSU "rechts zu überholen", vor allem in der Frage des Familiennachzugs bei subsidiär Schutzberechtigten. Die FDP sei auf nationalliberalem Kurs und setze sich auf die Bruchlinien der westlichen Gesellschaften, heißt es etwa in der neuen Ausgabe der "Zeit".

"Ein-Mann-Partei" mit Bewegungscharakter

Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld folgt dieser Einschätzung nur bedingt. Im FDP-Programm finde man tatsächlich nationalliberale Bausteine, räumt sie ein. In der Debatte um die Integration von Flüchtlingen und Migranten knüpfe die FDP in vielen Punkten an konservative und nationalliberale Positionen an und kokettiere teilweise auch damit. "Aber das ist noch kein Programm, bei dem man sagen würde, die FDP wird in Zukunft so was wie die 'AfD light' sein. Ganz sicher nicht", so Weidenfeld im Deutschlandfunk Kultur.
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Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld© picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Sie sehe die FDP derzeit nicht als "überlegte Partei" mit einem klar umrissenen nationalliberalen Programm, sondern als "Ein-Mann-Partei, die eher so eine Art Bewegungscharakter entfachen will".

Das Trauma von 2013 wirkt nach

Weidenfeld zweifelt insofern, ob für den Abbruch der Sondierungsgespräche wirklich inhaltliche Differenzen entscheidend waren oder ob es nicht vielmehr um einen Effekt "Wir zeigen mal, wer wir sind, und wir lassen uns nicht demütigen" gegangen sei. Das zentrale Argument der FDP sei ja nicht gewesen: "Die haben uns bei der Bankenaufsicht gelinkt. Oder: Die wollten uns nicht beim Klima entgegenkommen", betont Weidenfeld.
"Nein! Es war: Wir haben uns gedemütigt gefühlt. Wir sind irgendwie schlecht behandelt worden. Die Union und die Grünen haben es abgemacht, und wir hätten es abnicken sollen." Hier zeige sich, dass das Trauma der FDP nachwirke, 2013 aus dem Bundestag gewählt worden zu sein.
Ein ähnliches Motiv ergibt sich für Weidenfeld aus der Lektüre der Autobiografie Christian Lindners, "Schattenjahre": Darin schildere Lindner sich als dickes Kind, das es mit Willenskraft geschafft habe, innerhalb weniger Monate 30 Kilo abzunehmen, um es allen zu zeigen. Das habe Lindner jetzt auch wieder geschafft, indem er die FDP zurück in den Bundestag geführt habe. Jetzt müsse allerdings der zweite Schritt folgen. Denn: "Wille allein bringt einen in den Bundestag, aber macht keine erfolgreiche Politik."
(uko)

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