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Unruhen in Ferguson
"Es gibt Dinge, die sich ändern müssen"

Eine Woche, nachdem ein weißer Polizist im US-Bundesstaat Missouri einen afroamerikanischen Jugendlichen erschossen hat, hält die Wut in der Bevölkerung an. Und es werden Fragen gestellt. Eine davon: Wie kann es sein, dass in einer Stadt mit 70 Prozent Afroamerikanern es nur drei Polizisten aus dieser Bevölkerungsgruppe gibt?

Von Jasper Barenberg | 18.08.2014
    In der US-Kleinstadt Ferguson protestieren Demonstranten gegen Polizeigewalt und Rassismus.
    Proteste gegen das Vorgehen der Polizei in Ferguson (AFP / Joshua Lott)
    Kerzen und Blumen haben Anwohner inzwischen an dem Ort niedergelegt, an dem der weiße Polizist Darren Wilson vor gut einer Woche den schwarzen Jugendlichen mit mehreren Schüssen aus seiner Dienstwaffe getötet hat. "Hände hoch – nicht schießen" steht in weißer Schrift auf einem schwarzen Plakat. "Hands up, don't shoot" rufen auch rund 1.300 Menschen, die zu einer Gedenkfeier für Michael Brown in einer Kirche in Ferguson zusammengekommen sind. Auch seine Eltern sind da, auf die Bühne begleitet von ihrem Anwalt Benjamin Crump. "Es gibt nichts, was diese Tat rechtfertigen kann, ruft er in den Saal, ganz egal womit sie auch immer davon ablenken wollen"
    "There is nothing that can justify, no matter how they try to distract us! We are very focused to get the autopsy done so we know that this was an execution!"
    Auf Verlangen der Familie hat das US-Justizministerium eine zweite Autopsie angeordnet. Mit einer weiteren, dritten, hoffen die Angehörigen untermauern zu können, dass der 18-Jhrige geradezu exekutiert worden ist, die Hände über dem Kopf erhoben. Während die Polizei ihn zuletzt mit einem Raubüberfall kurz vor seinem Tod in Verbindung brachte.
    Wut und Empörung auch darüber haben sich einmal mehr in Auseinandersetzungen mit der Polizei entladen, als sich ein Teil der Demonstranten nicht an die verhängte Ausgangssperre hielt. Sieben von ihnen wurden festgenommen.
    Während der Zeremonie in Erinnerung an Michael Brown versucht Ron Johnson einmal mehr die Gemüter zu beruhigen. Der Afroamerikaner leitet mittlerweile den Einsatz der Sicherheitskräfte in Ferguson, er ist in der Gegend groß geworden und sicher, dass sich die Verhältnisse in der überwiegend weißen Polizeistaffel in der Kleinstadt werden ändern müssen.
    "Es gibt Dinge, die sich ändern müssen, wenn das hier alles vorbei ist: Ausbildung, Vielfalt, mehr Angehörige von Minderheiten unter den Beamten, mehr Frauen in unseren Polizeibehörden. All das muss geschehen!"
    Ausrangierte Ausrüstung aus Afghanistan landet bei der Polizei
    "It's a shame and a disgrace that in a city that is almost 70 percent African American, they have only three African American police officers!"
    Eine Blamage und eine Schande nennt es der demokratische Kongress-Abgeordnete John Lewis aus Georgia im Fernsehen, dass in Ferguson zwei Drittel Afroamerikaner leben, aber nur drei Afroamerikaner unter rund 50 weißen Beamten Dienst tun. Zu Dutzenden berichten dieser Tage Schwarze, wie sie von weißen Polizisten schikaniert und misshandelt worden sind. Für Diskussionen sorgen auch die martialischen Bilder von Beamten in Camouflage, Schutzwesten und Helmen, ausgerüstet mit automatischen Gewehren, unterwegs in gepanzerten Wagen.
    Beängstigend nennt Missouris demokratische Senatorin Claire McCaskill die Vorgehensweise in Ferguson. Und Teil des Problems, nicht der Lösung.
    "Wenn die Polizei mit dieser Art Ausrüstung den Eindruck vermittelt, dass die protestierenden Menschen die Bösen sind, dann werden Spannungen nicht abgebaut, sondern verstärkt."
    Und das gilt nicht nur für Ferguson: Seit die USA schrittweise aus Afghanistan und dem Irak abgezogen sind, bekommen Städte und Gemeinden im ganzen Land diese Art von überzähliger Kampfausrüstung geliefert – vom Verteidigungsministerium, und zwar ohne dafür einen Cent zahlen zu müssen. Auf diese Weise haben nicht nur Zelte, sondern auch mehr als 500 gegen Minen geschützte Panzerfahrzeuge den Weg zu gewöhnlichen Polizeistationen gefunden. Und immer mehr Politiker beider Parteien stimmen dem republikanischen Senator Rand Paul aus Kentucky zu. Der in einem Essay argumentiert, dass Polizisten anders handeln sollten als Kampftruppen. Und dazu aufruft, die Polizei in den Vereinigten Staaten abzurüsten.