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Unsinn oder notwendig?

Kommunikation.- Seit einigen Wochen werben die Telekom sowie die Anbieter GMX.de und Web.de darum, dass man sich eine DE-MAil-Adresse registrieren möge. Nun ist auch der bisherige Offline-Dienst, die Deutsche Post dabei. Dort heißt das Produkt E-Postbrief und Hybrid-Brief. Doch was hat es damit auf sich?

Von Wolfgang Noelke | 17.07.2010
    Der Brief könnte hübscher sein. Optisch hat der E-Brief den Charme einer Zahlungsaufforderung. Dafür wird er auch vom Briefträger gebracht, wenn der Empfänger gar keinen Computer besitzt und keine E-Mail-Adresse hat. An den Kosten, 55 Cent pro Brief, ändert das nichts. Rechtssicher soll er sein, so rechtssicher wie ein Brief aus Papier oder ein Telefax, ein unter Juristen zurzeit sehr beliebtes Kommunikationsmittel.

    Dahinter steckt die Idee, dass langfristig auch E-Mails rechtssicher sein sollen. Dafür müssen sich die Teilnehmer mit einigem Aufwand registrieren. Der Antrag, den eigenen Namen als E-Mail-Adresse zu reservieren, funktioniert online. Im günstigsten Fall bekommt man die Adresse "Martina.Mustermann@epost.de. Danach muss man sich einen Freischaltcode ausdrucken und mit Reisepass oder Personalausweis beim Postamt erscheinen, für die Registrierung. Erst wenn man danach einen Brief erhält, kann man sich ins Portal einloggen, braucht aber, um Briefe versenden zu können, nicht nur einen Computer, sondern auch ein Handy.

    Stefan Assmann:

    "Wir sind jetzt im Online-Briefportal. Bei einem hohen Identitätsnachweis wird mir eine sogenannte M-TAN, das heißt, eine SMS auf mein Handy geschickt. Hier kommt die SMS. Und die Handy-Tan für die Authentifizierung gibt der Teilnehmer dann in das Portal ein. In diesem Fall AX0Q87."

    Stefan Assmann von der Deutschen Post AG darf sich beim Übertragen des sechsstelligen Codes vom Display seines Handys auf den Computer nicht vertippen, sonst kann er den Brief nicht versenden:

    "Dadurch haben wir ein Höchstmaß an Sicherheit und stellen sicher, dass tatsächlich nur der Benutzer Zugriff auf sein Portal hat und damit alle Funktionen nutzen kann."

    Neben der Wahl, ob der Empfänger die Post als im Postamt ausgedruckten Papierbrief erhält, besteht auch noch die Option, den Brief als Einschreiben zu verschicken oder als einfaches Einwurfeinschreiben, kurioserweise auch als elektronisches Online-Einwurfeinschrieben. Dies kostet dann nur 1,60 statt 1,90. Umweltfreundlich sind online versendete Papierbriefe auch – noch - nicht. Statt ihn direkt am Zielpostamt auszudrucken, wird ein Brief von Hannover nach Berlin in Langenfeld bei Düsseldorf gedruckt und geht von dort auf die Reise nach Berlin. Dr. Johannes Helbig ist Brief-Bereichsvorstand der Deutschen Post AG und Leiter der Informationstechnologie. Er hofft auf Akzeptanz:

    "Ich denke, wenn der Kunde gerne die Eigenschaften des physischen Briefs beibehalten will, nämlich die Verbindlichkeit, Vertraulichkeit und Verlässlichkeit, die es ihm ermöglicht, mit dem Brief Rechtsgeschäfte zu machen, aber er gleichzeitig die Bequemlichkeit und die Schnelligkeit, die Einfachheit elektronischer Kommunikation nutzen will, dann ist der Online-Brief sicher ein sehr attraktives Angebot für ihn. Zukünftig, als Mehrwertdiesnst zu dem Onlineangebot, wird es auch eine elektronische Archivierungs- und Ablagemöglichkeit geben, die dem Kunden dann zur Verfügung steht, die Dokumente, die Sie aufbewahren wollen, in geschützter Form aufzubewahren und sich selber nicht darum kümmern zu müssen: Wie funktionieren Backups, wie funktionieren Technologiewechsel in der Zukunft? Das ist ja etwas, das uns ja heute schon im Privatleben oft Mühe bereitet, und je wichtiger elektronische Dokumente und Kommunikation für uns werden, immer größere Sorgen für uns bereiten wird, in der Zukunft. Das wird etwas sein, das die Deutsche Post als Dienstleistung ihren Kunden zur Verfügung stellen wird."

    Voraussetzung für den Erfolg solcher Modelle ist, dass online gelagerte Dokumente denselben Schutz des Postgeheimnisses genießen, wie Papier-Post. Kritiker der vergleichbaren DE-Mail bemängeln aber den, nach § 113 des Telekommunikationsgesetzes möglichen staatlichem Zugriff auf alle Online-Daten, ohne richterlichen Vorbehalt, wie er beispielsweise bei einer Hausdurchsuchung notwendig wäre. Nur technisch, so Johannes Helbig seien die Daten in den fremden Händen der Post vor illegalem Zugriff besser geschützt, als auf der Festplatte in der eigenen Wohnung:

    "Das ist ein Service, den wir anbieten. Typischerweise sind diese fremden Hände, wie Sie das nennen besser geeignet, professionelle Sicherheitsstandards einzubeziehen, als Sie das in Ihren vier Wänden, in Ihrem eigenen Haushalt machen können. Was die entsprechenden Verschlüsselungen, was die entsprechenden Technologieeinsätze angeht, sind das Dinge, die häufig über den Kenntnisstand, aber auch über die finanziellen Möglichkeiten einer Privatperson weit hinausgehen."