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Unten statt oben

Zwar ist die geplante Fehmarnbelt-Brücke, die Deutschland mit Dänemark verbinden soll, scheinbar vom Tisch. Doch auch gegen das nun beabsichtigte Tunnelprojekt am Ostseegrund regt sich Widerstand.

Von Matthias Günther | 25.01.2011
    Wenn die Dänen sich jetzt tatsächlich für den Bau eines Tunnels entscheiden, dann wäre das für Frauke Redderberg von der Allianz gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung wenigstens ein Teilerfolg:

    "Wir haben ja immer gesagt, ökologisch ist die Brücke ein Wahnsinn. Und offensichtlich sind technisch auch so viele Probleme jetzt auch bei den Ingenieuren in Dänemark aufgetaucht, dass man uns da jetzt auch folgt."

    Ein Brückenbauwerk über die knapp 20 Kilometer breite Meerenge wäre 60 Meter hoch - eine tödliche Gefahr für Millionen Zugvögel, meinen Naturschützer. Durch die vielen Brückenpfeiler wäre es ihrer Meinung nach auch zu derart starken Verwirbelungen gekommen, dass der für die Ostsee wichtige Wasseraustausch mit der Nordsee beeinträchtigt wäre. Und die Rammarbeiten für die Pfeiler hätten die geräuschempfindlichen seltenen Schweinswale im Fehmarnbelt gefährden können. Außerdem wären Pfeiler in der Ostsee eine Gefahr für die Schifffahrt. Schließlich passieren jährlich 66.000 Schiffe die Meerenge, darunter viele russische Einhüllentanker. Umweltschützer warnten im Falle einer Kollision vor der Gefahr einer Ölpest an den Küsten. Alle diese Einwände gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung sind mit einer Tunnellösung gegenstandslos.

    Allerdings: Naturschützer fordern in diesem Fall einen Bohrtunnel. Die Dänen dagegen wollen einen Absenktunnel bauen – der wird in den Meeresboden eingegraben. Susanne Koss von Femern AS:

    "Der Bohrtunnel würde zu einer größeren Masse an Aushubmaterial führen als ein Absenktunnel, weil für den Absenktunnel lediglich ein 30 bis 35 Meter tiefer Graben in das Meeresbett eingegraben werden würde, in den dann der Absenktunnel eingelassen wird."

    Malte Siegert von Naturschutzbund, einer der führenden Gegner einer festen Fehmarnbelt-Querung, kritisiert diese Lösung:

    "Dass im Prinzip erst mal eine 40 Meter breite Rinne etwa 30 Meter tief ausgeschachtet werden muss, und das erhebliche Sedimente freisetzt, die natürlich die gesamte Lübecker Bucht nachher braun färben, das ist nicht gut für den Tourismus und das ist letztendlich auch nicht gut für die Meeresökologie. Wenn es sich denn nicht verhindern lässt, dann kann es nur um einen gebohrten Tunnel unter dem Fehmarnbelt gehen. Der hat nachweislich die wenigsten ökologischen Auswirkungen und dann ist er, wenn überhaupt, die einzig verträgliche Lösung."

    Auch ein gebohrter Tunnel hat nach Ansicht von Susanne Koss von Femern AS allerdings ökologische Nachteile:

    "Das Problem dieses Aushubmaterials besteht vor allem darin, dass Bentonit beim Bohren eingesetzt werden muss, was dieses Material verunreinigt, es ist stark verflüssigtes Material, und es muss in jedem Fall als Abfall entsorgt werden."

    Nach Angaben von Femern AS wird aber auch die Variante eines gebohrten Tunnels weiter untersucht. Zumindest theoretisch ist bis zur endgültigen Entscheidung des dänischen Parlaments im nächsten oder übernächsten Jahr auch ein Bohrtunnel also noch möglich. Frauke Redderberg von der Allianz gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung würde aber auch das nicht zufriedenstellen:

    "Wir sind heute immer noch der Meinung, dass ein Fehmarnbelt-Projekt, so wie wir es jetzt vor uns haben, wirtschaftlich und ökologisch unsinnig ist und auch die deutschen Kassen sehr, sehr viel Geld kosten wird."

    Voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro muss Deutschland für die Hinterlandanbindung bezahlen. Unter anderem soll die Bahnstrecke zweigleisig ausgebaut werden. Anwohner protestieren schon lange gegen den zu erwartenden Lärm durch den Güterverkehr zwischen Hamburg und Kopenhagen.