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Unter aller Würde

Die haben mich einfach sofort fixiert – sofort an Armen und Beinen festgeschnallt und Medizin in die Arme gespritzt, die einen wirklich zum Zombie macht, also wo man nicht mehr laufen kann, nicht mehr denken kann, wo man völlig einfach weggespritzt wird, ein halbes Umbringen ist das... Und dann haben sie mich in ein winziges Zimmer eingesperrt, die ganze erste Woche, wo ich überhaupt nicht raus durfte.

Von Veronika Neukum | 20.12.2004
    Sie haben mich in der ersten Woche viermal fixiert – also viermal – Du hast echt das Gefühl, Du wirst gefoltert, Du wirst gekreuzigt.
    Für Anne Hilsberg ist nichts mehr so, wie es war. Im August wurde sie gegen ihren Willen in einem Psychiatrischen Krankenhaus in Berlin zwangsbehandelt. Die Diagnose der behandelnden Ärztin: Schizoaffektive Psychose. Warum sie in der geschlossenen Psychiatrie gelandet ist, beschreibt die 40-jährige Musikerin aus ihrer Erinnerung so: Sie habe in diesem Sommer einen unglaublichen Energieschub erlebt und sei halt ziemlich überdreht gewesen.
    Die waren immer zu acht oder noch mehr Leute um mich rum und haben mich einfach halt– und ich habe mich gewehrt an Händen und Füßen – ich hab mich echt versucht zu wehren – ich hab echt versucht, meine Haut zu retten, aber Du hast keine Chance gegen acht erwachsene Menschen..
    Ich war fixiert und nen Tag später kam der Richter und so ne Gutachterin und haben dann halt festgestellt, dass ich nicht ganz da bin. Und das ist ja völlig normal, weil ich schon völlig zugeschossen war mit diesen Medikamenten. In so einem Zustand ein Gutachten zu erstellen, ist einfach unter aller Menschenwürde.


    48 Tage wurde sie daraufhin in der Klinik festgehalten – dann, einen Tag bevor sie gegen ihren Willen noch einmal begutachtet werden sollte, ist sie weggelaufen und eine Weile untergetaucht. Inzwischen wohnt sie wieder in ihren eigenen vier Wänden und versucht, ein ganz normales Leben zu führen. Das ist aber nicht so einfach. Denn im August hat das Vormundschaftsgericht Frau Hilsberg unter Betreuung gestellt – und das heißt: ohne Rechte, entrechtet....

    Mir hat auch kein Mensch gesagt, dass ich überhaupt eine Betreuerin habe. Das habe ich über diesen Brief von der Post erst rausgefunden. Und jetzt ist es Monate her schon, dass die alle meine Post kassiert – Privatpost und Offizielles und alles und hat mir einfach nichts ausgehändigt. Die will mich zwingen, dass ich bei ihr vorbeikomme und quasi klein beigebe und sage, ja ich bin ja so krank – ich kann nicht mehr für mich selber sorgen.
    Sie hat meinen Vermieter aufgefordert, mich aus der Wohnung zu schmeißen – in zwei Schreiben. Also hat dem Vermieter halt erzählt, von wegen sie würde nicht sehen, dass ich irgendwie in der Lage sein würde, wieder Geld zu verdienen.


    Diese Betreuerin verweigert jede Äußerung zum Fall. Auf Nachfrage des Deutschlandfunks wollte die Berliner Rechtsanwältin weder mündlich noch schriftlich Stellung nehmen. Weder dem Lebensgefährten von Frau Hilsberg noch ihrem Anwalt gelingt es seit Monaten, einen Kontakt mit der Betreuerin herzustellen.
    Diese Frau hat mich ein einziges Mal im Krankenhaus gesehen, wo ich die Aussage verweigert hab und gegangen bin. Das war alles. Das war wirklich alles. Und sie hat dann auch veranlasst, dass meine Unterbringung verlängert wird um drei Wochen, obwohl sie mich überhaupt nicht gesehen hat. Und das hat eine Frau vom Gesundheitsamt veranlasst, die mich interviewt hat, ein paar Tage vorher und der ich auch gesagt habe, dass es völlig daneben war zu einem Zeitpunkt, wo ich völlig zugespritzt bin. Also da sagen sie natürlich, ich bin total krank. Wenn ich auf diesen Medikamenten bin, da ist man nicht mehr zurechnungsfähig.
    Ich würde jedem Betreuer wünschen, dass er mal gezwungen wird, auch mal diese Medikamente zu nehmen, um einfach mal zu sehen, was da passiert. Das ist unmöglich.


    Zurück zur Gesetzeslage: Bis vor 12 Jahren gab es in Deutschland noch das obrigkeitsstaatliche Rechtsinstrument der Entmündigung. Die Zahl von 450.000 so genannten "Mündeln" alarmierten den Gesetzgeber – sie alle waren damals ihrer Bürgerrechte verlustig gegangen. Viele von ihnen vegetierten in Heimen und Psychiatrien dahin, während nicht selten ihre Vermögen Stück für Stück in den Besitz ihrer Anwälte übergingen.
    Als Jahrhundertreform gefeiert, trat am 1. Januar 1992 das "Gesetz zur Betreuung Volljähriger" in Kraft. Von nun an sollte die Würde des einzelnen Hilfebedürftigen und seine Selbstbestimmung oberstes Gebot sein. Nicht mehr Gebrechlichkeitspflegschaft oder Vormundschaft, sondern "Betreuung" wollte man es von nun an nennen, wenn sich von Staats wegen jemand der Geschäfte eines Mitbürgers annimmt, der damit alleine nicht mehr zurecht kommt.

    12 Jahre nach der vielgepriesenen Reform haben sich die Betreuungszahlen weit mehr als verdoppelt, die medizinischen Zwangsmaßnahmen fast verdreifacht, und das Gesetz steht zum dritten Mal zur Änderung an. Waren es vor 12 Jahren 450.000 Mündel, so sind es jetzt mehr als eine Million so genannte "Betreute".

    Für René Talbot vom Berliner Landesverband "Psychiatrie-Erfahrene" hat sich seither nicht viel verändert. Er kämpft nach wie vor an allen Fronten für die Rechte seiner Mitglieder – bei Amtsgerichten, Psychiatrien, Rechtsbetreuern, Ärzten und Heimen. Denn auch nach Inkrafttreten des neuen Betreuungsrechts bleiben viele von Betreuung Betroffene - nicht nur Frau Hilsberg - auf der Strecke.
    Schon in den Begriffen ist der Betrug festgeschrieben, denn wenn man Betreuung sagt, ist natürlich in dem Wort gemeint, dass der Betreuer treu zum Betreuten ist. Genau das ist aber nicht der Fall, weil der Richter den einsetzt, und damit ist der Betreuer, der Profibetreuer insbesondere, natürlich treu zu der einsetzenden Instanz, dem Richter. Und damit sind alle die Fälle, die wir ja landläufig überall hören und kennen – eine Welle von Betreuungen – über eine Million Betreuungen inzwischen - sind angelegt als Entrechtung und als Grundrechtsverletzung der Betroffenen, die sich dann aber nicht mehr wehren können, weil sie das Recht "Nein" zu sagen, verloren haben.
    Davon kann Anne Hilsberg ein Lied singen. Die junge Frau lebt auf gefährlichem Fuß. Ihre Betreuerin kann sie jederzeit wieder in die Psychiatrie einliefern lassen, das Gesetz berechtigt sie dazu. Verzweifelt versucht Frau Hilsberg, die Hürden ihrer Betreuerin zu umgehen. Aber ohne Zugriff auf das eigene Konto, mit abgeschaltetem Telefon, ohne Recht auf die eigene Post – und überhaupt ganz ohne Rechte – ist das nicht einfach.

    Die kassiert jetzt seit Monaten alle meine Post ein, die hat mir bisher nichts ausgehändigt. Die hat mein Bankkonto sperren lassen, mir meinen Dispo streichen lassen und ich als freiberufliche Musikerin – das ist einfach jahrelange Arbeit, bis man mal von einer Bank überhaupt einen Dispokredit kriegt. Die hat halt bei der Bank veranlasst, dass mir der komplett gestrichen wird. Jetzt prallen alle meine Rechnungen, die da reingehen - GasAG, BEWAG, Telefon – prallt alles ab, ich muss mich um alles selber kümmern, dass ich das von einem anderen Konto überweise, weil die mir halt meinen Dispo gestrichen hat. Dann hat sie mir meine Bankkarte einziehen lassen. Also ich bin im Moment ein völlig rechteloser Mensch. Völlig rechtelos.

    Der Sozialwissenschaftler Eckhardt Rohrmann von der Universität Marburg befürchtet allerdings, dass es der Politik auch bei der jetzt anstehenden Gesetzesänderung weniger um die Verbesserung der Lebenssituation der Betreuten geht, als vielmehr darum, die enormen Kosten für die Bundesländer zu drosseln.

    Das Betreuungsgesetz selber hat ja gewissermaßen die Berufsbetreuer zwar eingerichtet, aber nur gewissermaßen als Notlösung. Eigentlich sollte Betreuung ja sozusagen ein Ehrenamt sein. Das Problem ist natürlich, durch die Verdopplung der Betreuungszahlen sind auch die Kosten explodiert. Und ich meine, das muss man auch sehen, die Motivation des Gesetzgebers, das Betreuungsrecht nochmal zu verändern, ist wahrscheinlich nicht primär, dass so viele Leute entrechtet werden, sondern dass es zu teuer geworden ist.

    Ein Betreuungsrecht, das seinen Namen wirklich verdient, würde die Lebenssituation von mehr als einer Million Menschen in Deutschland verbessern helfen. Aber sowohl Städte als auch Länder ignorieren ihre gesetzlichen Aufgaben. So erhalten etwa die Betreuungsvereine immer weniger Förderung. Diese Betreuungsvereine sind aber vom Gesetzgeber dazu verpflichtet, ehrenamtliche Betreuer zu werben und zu schulen sowie über Vorsorgevollmachten aufzuklären.

    Der SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Schmidbauer ist ehrenamtlicher Vorsitzender der Lebenshilfe Ortsvereinigung Nürnberg. Er kennt die Schwachpunkte in der Praxis nur zu gut und fordert deshalb mehr Qualität im Betreuungswesen.
    Gerade die Situation der Länder zeigt ja, dass sie eine einzige große Sorge haben, das sind die Ausgaben ihrer Justizkasse. Aber die Sorgen, die sie eigentlich umtreiben müssten in den Bundesländern, nämlich die Sorge, ob denn die Menschen, die sich auf den Staat und auf die staatlichen Angebote verlassen können müssen, die stehen hinten an, oder gehen unter Umständen leer aus.
    Wir müssen sehen, eine gute Betreuung und ein gutes Betreuungsgesetz wird nicht ohne Geld gehen. Denn Qualität kostet auch Geld.


    Der Rechtspolitiker Jerzy Montag sitzt für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Auch er konstatiert, dass die Städte und Gemeinden ihren Verpflichtungen nicht nachkommen und kritisiert vor allem die Neigung der Kommunen, ihre Verantwortung an die Amtsgerichte zu delegieren.

    Wir haben natürlich auch die Erfahrung machen müssen, dass kommunale Einrichtungen eher geneigt sind, diese hilfsbedürftigen Menschen statt in eine Hilfseinrichtung zum Gericht zu schicken. Und da sind sie dann am allerschlechtesten aufgehoben, weil das Gericht kann eben nicht helfen, sondern nur einen Rechtsbetreuer einsetzen, der dann die Arbeit übernimmt, diese Hilfen für die Menschen zu suchen, die eigentlich auf der kommunalen Ebene ohne Einschaltung der Gerichte hätte passieren können. Es ist ein bisschen – das gebe ich ganz offen zu, und das ist zu kritisieren – ein Verschiebebahnhof zwischen der Sozial- und der Rechtspolitik.

    An der Heimunterbringungs-Statistik fällt auf, dass das Land Bayern im Bundesvergleich der absolute Spitzenreiter in Sachen "stationäre Unterbringung" ist – vor Nordrheinwestfalen und Hessen. Diese Zahlen bringen den Marburger Sozialwissenschaftler Eckhardt Rohrmann zu dem Schluss, dass in den einzelnen Bundesländern mit unterschiedlicher Häufigkeit in Heime eingewiesen wird. Dass also die ärztlichen Diagnosen bzw. Gutachten qualitativ nicht vergleichbar seien, was wiederum die Befürchtung bestätigte, dass mancherorts eine gewisse gutachterische Willkür herrsche, so Rohrmann.
    Pro 1000 Einwohner werden in Bayern doppelt soviel freiheitsentziehende Maßnahmen angeordnet als im Bundesdurchschnitt und zehnmal soviel wie in den neuen Bundesländern. Da kann man schon Zweifel an der Validität der diesen jeweiligen Unterbringungen zugrunde liegenden Diagnosen bekommen. Oder aber man muss davon ausgehen, die bayerische Bevölkerung ist doppelt so uneinsichtig wie die Bevölkerung im Bundesdurchschnitt, zehnmal so uneinsichtig, wie die in den neuen Bundesländern. Das halte ich aber eher für nicht so wahrscheinlich.
    In den fünf neuen Bundesländern ist es wie gesagt also ein Zehntel von Bayern und ein Fünftel des Bundesdurchschnitts, ohne dass da sozusagen die öffentliche Ordnung zusammenbricht.

    Die Betreuung ist zudem für alle Beteiligten, außer für den Betroffenen, am bequemsten – auch für die Richter.
    Rolf Coeppicus – Oberhausener Vormundschaftsrichter im Ruhestand – kritisiert, dass seine Richter-Kollegen in den allermeisten Fällen haus- oder fachärztliche Gutachten ungeprüft hinnähmen und zu schnell und zu leichtfertig – über den Kopf der Betroffenen hinweg – Betreuungen einrichteten:

    Also die Vormundschaftsgerichte prüfen nicht wirklich die Erforderlichkeit der Betreuung. Sie schließen sich dem Gutachten an und zwar, weil es einfacher ist, die Arbeit erleichtert, wenn sie einen Betreuer bestellen, weil dann das Umfeld zufrieden ist. Wenn sie also bei der Person, die Probleme hat bei ihrem Pflegebedarf, mit ihren Defiziten zuhause, wenn Sie da keinen Betreuer bestellen, dann meldet sich unentwegt das Umfeld telefonisch oder schriftlich, und sie müssen erneut aktiv werden, erneut sagen, wir brauchen keinen Betreuer, wir müssen abwarten usw. Haben Sie aber, wie gesagt, den Betreuer einmal bestellt, kehrt Frieden ein und Sie sehen diese Akte vor Ablauf von fünf Jahren wahrscheinlich nicht mehr wieder.

    Auch die Krankenhäuser machen es sich zu leicht. Thomas Bock leitet die psychiatrische Ambulanz der Uni-Kliniken in Hamburg-Eppendorf. Er sieht das Problem eindeutig strukturell. Es gebe natürlich solche und solche Betreuer, nur: selbst diejenigen Betreuer, die mit ihrer Betreuer-Macht behutsam und ganz im Sinne des Betroffenen umgingen, könnten auch nur so gute Arbeit leisten, wie die institutionellen Strukturen dies zuließen.

    Das Betreuungsgesetz an sich war ein Fortschritt gegenüber dem Vormundschaftsrecht. Es ist mehr Flexibilität da jedenfalls, in welchem Lebensbereich jemand Unterstützung braucht. Ich finde, es gibt gute und schlechte Betreuer, die sich Mühe geben und die sich wenig Mühe geben. In der Klinik sehe ich manchmal den Sog im stationären Bereich. Es gibt Stationen in unserer Klinik, da geht jeder Zweite mit Betreuung raus und das ist absurd. Anschließend ist der Betreuer genauso hilflos wie andere und schaltet dann uns als ambulanten Dienst ein beispielsweise. Da könnte die Station auch gleich mit uns kooperieren, und wir würden gucken, wo braucht man überhaupt noch einen Betreuer, also da wird manchmal das Pferd oft falsch rum aufgezäumt, und der Betreuer wird eingespannt von der Station, um selbst kein Risiko einzugehen.
    Wir sind sehr starr in unserem Hilfeangebot. Und der Betreuer soll es ausbaden und kann es gar nicht ausbaden.


    Im geänderten Gesetz soll stehen: "ohne den freien Willen des Betroffenen kann keine Betreuung eingerichtet werden", so wollen es die Politiker. Der Sozialwissenschaftler Rohrmann warnt vor dieser Formulierung:

    Wie will ich das Maß an Willensfreiheit – einen solchen Willen – diagnostisch festhalten? Das ist nicht zu diagnostizieren, und insofern ist es eine Illusion. Und insofern kann man den freien Willen schlechterdings nicht festmachen. Man kann den "erklärten Willen" leicht diagnostizieren. Dazu braucht es im Prinzip nicht mal einen medizinischen Sachverstand, sondern das kann im Prinzip jeder Rechtspfleger machen.

    Auch die Landesverbände "Psychiatrie-Erfahrene" und andere Selbsthilfe-Organisationen drängen darauf, den "freien" Willen durch den "erklärten" Willen zu ersetzen. Die Auswirkung könnte sein: erheblich weniger Betreuungen - dadurch spürbar weniger Kosten für die Justizkassen - und endlich mehr Selbstbestimmungsrecht für die Betroffenen, wie René Talbot erklärt.

    Da hat man den Dreh- und Angelpunkt getroffen, weil dann ein Betreuer, weil er ja jederzeit von dem Betroffenen abwählbar wäre – wieder zu beenden wäre, die Betreuung – sich natürlich nach den Wünschen des Betreuten richten müsste und tatsächlich eine Hilfe für ihn wäre, der seine Interessen verstärkt, oder durchsetzt. Damit ist er eine Unterstützung für den Betreuten, und damit würde das Wort erst erfüllt werden. Und das ist die Frage, die jetzt überhaupt erst an das Betreuungsrechtsänderungsgesetz zu stellen ist, kommt diese Änderung, kommt eine Erfüllung der Versprechungen, die man 1992 gemacht hat, oder wird nochmal der Betrug weiter fortgeschrieben.

    Langsam spricht sich das Problem herum: Bei René Talbot vom Berliner Landesverband Psychiatrie-Erfahrene laufen die Telefone heiß. Wer an ihn und seine Kollegen von der so genannten "Irren-Offensive" gerät, kann von Glück sagen. Denn Talbot weiß um die Tücken des Betreuungsrechts und wie die Betroffenen diese im Alltag zu spüren bekommen. Talbot und seine Kollegen sind die einzige Lobby, die für hilfesuchende Betreute gegen die institutionalisierte Macht ankämpfen, was sie bei Richtern, Gutachtern und Betreuern nicht gerade beliebt macht.
    Und der Betreuer macht, was er meint, was der Richter von ihm erwartet. z.B. natürlich, wenn die Betroffenen sich ungewöhnlich auffällig verhalten und irgendwelche Merkwürdigkeiten begehen, die andere ihm zutragen, dann lässt er sie einsperren, richterliche Absegnung immer inklusive, zwangsbehandeln, d.h. dass mit Zwang ihnen Drogen injiziert werden – gegen ihren Willen – können sie auch fixiert werden.

    Ein großes Problem ist die Unaufgeklärtheit der Bevölkerung. Sogar von Ärzten wird "Betreuung" oft als "staatliches Hilfsangebot" verstanden und gerne angenommen. Dass der Betreuer der alles entscheidende rechtliche Vertreter eines Betroffenen ist, der Vormund praktisch, weiß kaum jemand. Nur der Betreuer hat das Sagen, Angehörige können keinerlei Rechte reklamieren. Weder Ehegatten noch Kinder können mitentscheiden, ob der Angehörige in ein Heim umgesiedelt wird, wie er medizinisch behandelt werden soll oder was mit seinem Konto geschieht. Um ein böses Erwachen zu verhindern, sollten sich alle Bürger – ob jung oder alt – ausführlich informieren, rät inzwischen auch die Politik. Denn wenn eine Betreuung erst einmal eingerichtet sei, warnt René Talbot, komme man praktisch nicht wieder heraus.

    Na, er hat eine umfassende Gewalt gegen sich, also praktisch die ganze staatliche Front, plus eine psychiatrische, medizinische Front - also aus Betreuungen rauszukommen, weil man das will und nicht weil irgendwelche netten Onkels sagen, man darf aus der Betreuung auch mal wieder raus, das gibt es beinahe nicht. Wer in die Betreuung reingerutscht ist – ist wie in einen Brunnen gefallen, er hat praktisch keine Ausstiegsmöglichkeiten mehr.
    Wir empfehlen inzwischen – es gibt ein paar wenige gute Anwälte in der Republik – plus notariell beurkundete Vorsorgevollmacht, plus ein ärztliches Gutachten zum Zeitpunkt der notariellen Urkunde, muss eigentlich jeden Richter zwingen, das aufzu..., aber selbst dann wird’s noch eine Weile dauern und da wird sich hingesetzt und gesagt, ich kann das auch noch in einem Jahr entscheiden.


    Mit einer Vorsorgevollmacht einen Riegel vorschieben. Das ist es, was Fachleute und Politiker inzwischen dringend empfehlen.
    Jerzy Montag von Bündnis 90/Die Grünen:

    Ein Grundelement in diesem Bereich der Politik ist, wir sagen, wir wollen Betreuungen vermeiden helfen. Das kann man – wie wir finden – in erster Linie dadurch erreichen, dass man die Menschen darüber aufklärt, selbst für diesen Fall vorzusorgen. Das Stichwort dazu ist die Vorsorgevollmacht. Die Vorsorgevollmacht ist eine Erklärung der zukünftig Betroffenen, wer im Falle einer geistigen Demenz, einer schweren körperlichen Erkrankung, eines altersbedingten Abbaus denn für sie die Rechtssachen im späteren Leben erledigen soll. Und immer da, wo eine Vorsorgevollmacht erteilt ist, spart man sich Berufsbetreuer, spart man sich viel Geld.

    Anne Hilsberg will ihre Betreuerin so schnell wie möglich loswerden, die ihr das Leben so erschwert – ganz gegen den Auftrag des Gesetzes. Die junge Frau ist längst wieder im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte, nur die betreuende Anwältin will das partout nicht gelten lassen.

    Generell sind Betreuer dazu da, um Menschen wieder einzugliedern nach ihrer Krise und um ihnen zu helfen. Und diese Frau fügt mir einfach mit allen Mitteln persönlichen Schaden zu. Mit allen Mitteln. Also bei allen Leuten, mit denen ich zu tun habe, auch bei der Bank, fügt sie mir wirklich Schaden zu und macht mir das Leben total schwer.
    Ich bin voll geschäftsfähig, ich kann spielen, ich kann Musik machen, ich kann unterrichten. Ich hab schon wieder Auftritte gehabt, und ich hab dieses Jahr zum zweiten Mal gespielt mit meiner Band "Yulara" auf dem Dach des Auswärtigen Amts für Joschka Fischers Sommer-Pressefest. Also Joschka steht total auf die Musik, das ist Smooth-Jazz – also Instrumentalmusik, ganz relaxete, wunderschöne Musik. Und ich hoffe, dass wir mit dieser Band "Yulara" weiter Auftritte kriegen und weiter Platten machen. Die meisten haben wir in Amerika verkauft und ich hoffe, dass wir auch hier in Deutschland noch mehr Fuß fassen.