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Unter der Lupe

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bundesinnenministerium bezeichnen es als "völlig normalen Vorgang". Doch Politik und der Bund der Steuerzahler sehen das anders, denn eine solche Schwerpunkprüfung gab es seit mindestens zehn Jahren nicht mehr.

Von Daniel Drepper und Robert Kempe | 27.01.2013
    Alles ganz normal, reine Routine, warum überhaupt der ganze Wirbel? Der Bundesrechnungshof prüft den Sport und Innenministerium sowie DOSB versuchen so zu tun, als sei das Alltag. Das BMI betont, die Prüfung sei "keinesfalls ungewöhnlich, sondern vielmehr ein völlig normaler Vorgang”. Das stimmt nur zur Hälfte. Zwar prüft der Rechnungshof regelmäßig verschiedene Bereiche des Bundeshaushalts, doch eine solche Schwerpunktprüfung im Sport hat es Beteiligten zufolge seit mindestens zehn Jahren nicht mehr gegeben, vermutlich liegt sie sogar noch deutlich weiter zurück.

    Rainer Holznagel ist Präsidend des Bundes der Steuerzahler. Seine Organisation kämpft gegen die Verschwendung von Steuergeldern. Für Holznagel wird eine Prüfung des Spitzensports höchste Zeit.

    "Zunächst ist es richtig, dass der Bundesrechnungshof hier genau hinschaut, es geht ja um viele Millionen Euro Steuergelder, über 132 Millionen. Insofern ist es richtig, dass auch geprüft wird, wie die Mittel vergeben werden, was mit den Mitteln passiert und ob alles auch sein Recht und seine Ordnung hat. Insofern ist die Prüfung überfällig und wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Bundesrechnungshof hier hinschaut."

    Aktuell werden das Innenministerium, der DOSB, zwei Olympiastützpunkte, drei Forschungsinstitute und acht Verbände geprüft. Sechs Verbände haben noch keinen Termin für eine Prüfung. Der Ruderverband wurde über die Prüfung sogar erst durch die Berichterstattung des Deutschlandfunks informiert: Die Mail des Ministeriums war im Spam gelandet.

    Anfang Februar kommen die Kontrolleure zuerst zum Fechter Bund und zum Deutschen Leichtathletik Verband. Die Prüfungen dauern ein bis zwei Tage. Das Innenministerium behauptet in einer Mail an den Deutschlandfunk, es gebe keine Fokussierung auf die Zielvereinbarungen. Auf Nachfrage bestätigen aber sowohl Fechter, als auch Leichtathleten, dass bei ihnen quasi ausschließlich die Zielvereinbarungen Inhalt der Prüfung sein sollen. Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop:

    "Nach unseren Informationen geht es um die Zielvereinbarungen. Und zwar um die Zielvereinbarungen aus der Vergangenheit, in dem Fall London, und auch die laufenden Gespräche über die neuen Zielvereinbarungen für Rio. Und ich gehe davon aus, dass es um die Inhalte der Zielvereinbarungen geht, aber auch über das Verfahren, in dem diese Zielvereinbarungen beschlossen worden sind."

    Die Prüfer wollen nach Informationen des Deutschlandfunks mit den Verbänden darüber sprechen, wie die Zielvereinbarungen festgelegt werden, wer an den Verhandlungen beteiligt ist, mit wem der Verband kooperiert und ob sich die Zielvereinbarungen bewährt haben.

    Remo Laschet ist als Vizepräsident für die Finanzen beim Deutschen Hockey Bund zuständig.

    "Ob das jetzt insgesamt mit der Diskussion um die Sportförderung zusammenhängt? Das denke ich schon. Die ja im Sommer geführt worden ist, wo es ja dann auch um die Frage geht: Was muss denn das BMI für Informationen rausgeben bezüglich der Verträge mit dem DOSB und so weiter und so fort. Das kann schon gut sein, dass das eine Folge dessen ist."

    Es wirkt, als prüfe der Bundesrechungshof nicht nur fiskalisch, sondern auch inhaltlich-politisch.

    Der DOSB entscheidet, wie viel Steuergeld an seine Mitgliedsverbände geht. Zwar sei nicht ungewöhnlich, dass private Organisationen wie der DOSB diese Gelder verteilen, sagt Steuerzahler-Präsident Rainer Holznagel. Doch sei die Frage, was mit dem Steuergeld passiert.

    "Wird es sachgerecht eingesetzt? Verfließt es nicht beziehungsweise versickert es nicht? Sind nicht zu viel Strukturen, wo der Kopf mehr frisst letzten Endes als das Ziel eigentlich benötigt? Insofern muss man dieses System aus meiner Sicht sehr kritisch hinterfragen und da ist es richtig, dass genau hingeschaut wird, dass überprüft wird. Und der Bundesrechnungshof wird die Prüfberichte präsentieren und dann werden wir bewerten müssen, ob das System, so wie es jetzt ist, weiterhin Bestand haben wird."

    Für diese Bewertung ist die Politik zuständig. Diese begrüßt die Prüfung des Bundesrechnungshofes durch die Bank. Auf Anfrage des Deutschlandfunkes äußerten sich die Sportsprecher aller Parteien positiv, lediglich die CDU antwortete nicht.

    Die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag kritisiert schon lange, dass über die geheim gehaltenen Zielvereinbarungen viel zu wenig bekannt sei. Die Grüne Viola von Cramon hat ihre eigenen Erwartungen an die Prüfung:

    "Wir haben ja gesehen, dass die Planvorgaben von 86 Medaillen bei weitem verfehlt wurden. Wir wissen eben nicht: Sind diese Zielvorgaben bewusst falsch und überhöht angesetzt worden? Also: Kann man da eventuell von einer Art Subventionsbetrug sprechen oder wie sind diese überhöhten und vollkommen verfehlten Zielvereinbarungen zu erklären?"

    Dass der Bundesrechnungshof solche sportfachlichen Fragen beantworten wird, ist nicht zu erwarten. Fraglich ist auch, ob die Kontrollen politische Folgen haben werden. In den vergangenen Jahren hat der Bundesrechnungshof hin und wieder Teile des Spitzensportes untersucht. Vor knapp vier Jahren beleuchteten die Prüfer die Sportförderung der Bundeswehr. Das Urteil: Die Abteilung führe ein Eigenleben und sei intransparent. Geändert hat sich daran bis heute im Grunde nichts.