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Unter Strom

Technologie.- Die Bundesregierung hat eine große Initiative für das Elektroauto made in Germany gestartet. Doch noch haben Autohersteller große Probleme mit der Sicherheit dieser Fahrzeuge. Vor allem bei Unfällen kann die Antriebsart der Fahrzeuge außer Kontrolle geraten: der Strom.

Von Maximilian Schönherr | 24.08.2009
    Zunächst einmal eine kalte Dusche für alle, die gern schon morgen rein elektrisch fahren wollen:

    "Wenn jetzt geglaubt wird, wir können mit der Elektrifizierung die Welt retten, da muss man ein bisschen skeptisch sein, denn wenn Sie dann in den Urlaub fahren, nach drei Stunden anhalten und zehn Stunden nachladen müssen, dann weiß ich nicht, wie das funktionieren soll."

    Markus Fach arbeitet bei der Daimler AG in der Abteilung für aktive Sicherheit, und die Sicherheit der neuen Elektro- und Hybridantriebe stellt die Ingenieure vor massive technische Probleme. Markus Fach nennt drei Problemfelder.

    "Einmal ist es die Fahrdynamik durch die geänderte Gewichtsverteilung. Andererseits ist es die passive Sicherheit, das Crash-Verhalten. Und darüber hinaus noch ganz neue Kapitel wie Hochvoltsicherheit. Sie haben ein relativ hohes Risiko, dass nach einem Crash das Fahrzeug vielleicht gar nicht so stark beschädigt ist, aber eben Hochspannung führende Teile beschädigt sind und blank liegen und die Karosserie dadurch unter Strom steht. Und das gibt dann ein Gefährdungspotenzial, was bisher in der Form gar nicht da ist. All das muss man absichern. Es gibt in Amerika Probleme, weil sich die Feuerwehr teilweise weigerte, Rettungseinsätze an solchen Fahrzeugen zu fahren, weil sie nicht genau wissen, ob irgendwo Hochvoltspannung an spannungsführenden Teilen anliegt."

    Die Betriebssicherheit von Autos mit elektrischen Antrieben schreibt seit Jahren eine internationale Regelung fest, die sich "Protection against electric shock" nennt, also Schutz vor Stromschlägen. Die Regelung wurde in den letzten Jahren verschärft.

    "Im Hinblick auf die in den letzten Jahren gestiegene Zahl von Elektrofahrzeugen",

    sagt Jost Gail. Gail leitet bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bast, das Referat für aktive Sicherheit.

    Im Crashfall selbst besteht Forschungsbedarf, dass der Insasse auch geschützt bleibt, wenn sich Kurzschlüsse bilden, wenn Batterien Energie freisetzen, etwa durch Brand oder durch elektrische Energie. Und der dritte Punkt ist Rettung; Rettung ist eigentlich über die Zulassung der Fahrzeuge nicht geregelt, sondern die Rettungsorganisationen müssen sich an irgendeiner Stelle die Informationen selbst besorgen, wie sie an die einzelnen Fahrzeuge herangehen.

    Ein Automobilclub hat etwa vorgeschlagen, eine Informationskarte über die elektrischen Verhältnisse in die Sonnenblende einzulegen. Aber sollte sich bei einem Unfall nicht die Elektrizität automatisch abschalten?

    "Das ist auch in der Regel so, wenn die Hochvoltsysteme, wenn ein Crash-Impuls detektiert wird, abschalten und alles geerdet wird. Jetzt kann es aber sein, dass es im Unfall unglückliche Konstellationen gibt, dass der Worst Case eintritt, und gegenüber diesem Worst Case muss sich natürlich auch der Retter absichern und dann die optimalen Punkte kennen, an denen er angreift."

    Was wäre so ein Worst Case, also der schlimmste Fall?

    "Der Worst Case wäre, dass die Batterie brennt und die Karosserie gegenüber Erde unter Spannung steht. Die Spannungen mit einigen hundert Volt Gleichstrom sind definitiv tödlich, wenn man an der falschen Stelle anpackt."