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Deutsche Aufsichtsräte unterbezahlt

Die Aufsichtsräte der deutschen großen börsennotierten Unternehmen beziehen in der Regel ein sechsstelliges Jahresgehalt. Dennoch finden Personalberater sie teilweise unterbezahlt. Sie bekommen 40 Prozent dessen, was international als üblich gilt.

Von Michael Braun | 21.04.2015
    Der Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Ferdinand Piech.
    Der Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Ferdinand Piëch, ist mit 1,5 Millionen Euro pro Jahr der Spitzenverdiener unter den deutschen Aufsichtsräten. (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    390.000 Euro Honorar bekommt der Aufsichtsratschef eines der großen börsennotierten Unternehmen. Aber die Spanne ist groß: Infineon zahlt seinem Oberkontrolleur nur gut 140.000 Euro, VW-Patriarch Ferdinand Piëch bezieht mit knapp 1,5 Millionen Euro das Zehnfache. Er ist der Spitzenverdiener unter den Aufsichtsratschefs, gefolgt von Paul Achleitner, der von der Deutschen Bank knapp 820.000 Euro jährlich bekommt. Joachim Kayser, Vergütungsexperte von der Personalberatung hkp group, findet die Kontrolleure von Infineon, Heidelberg-Cement, Adidas und Fresenius Medical Care eher zu schlecht bezahlt:
    "Kritisch sind die Aufsichtsratsvergütungen bei mittleren und kleineren DAX-Unternehmen. Wenn man da genau hinschaut, sind einige Vergütungen der Aufgabe und der Verantwortung nicht angemessen. Die müssten angepasst werden. Und zwar signifikant."
    Die Aufseher, die sich in dieser kritischen Mitte aufhalten, lösen die Gehaltsfrage für sich mit Mehrfachmandaten. So kommt Wolfgang Mayrhuber in seiner Kontrolleurstätigkeit für Infineon, Lufthansa BMW und Münchner Rück auf ein Jahresgehalt von knapp 750.000 Euro.
    Dennoch - im internationalen Vergleich würden die hiesigen Aufsichtsräte eher schlecht bezahlt, nur mit 40 Prozent des international üblichen, meint der Vergütungsexperte Kayser - nennt aber Ausnahmen:
    "Ich denke, dass das Niveau, das die beiden genannten Aufsichtsratsvergütungen, sprich: Deutsche Bank und VW, bekommen, das ist schon als angemessen zu beurteilen. Eher erscheinen die Schweizer Vergütungen als relativ hoch."
    Mehr als die Hälfte bekommt eine Festvergütung
    Zu den gut verdienenden Schweizer Verwaltungsratspräsidenten, die in der Regel freilich auch einen höheren Aufwand haben, gehört der frühere Bundesbankpräsident Axel Weber. Er kommt bei der Großbank UBS auf umgerechnet knapp fünf Millionen Euro.
    Bei der Frage, was angemessen ist, rechnen Aufsichtsräte und ihre Berater so: Ein gut beschäftigter Anwalt setze täglich 6.000 Euro um. Müsse dieser Anwalt als Aufsichtsratschef etwa 100 Tage im Jahr arbeiten, brauche er also eigentlich 600.000 Euro.
    Die Struktur der Aufsichtsräte in Deutschland hat sich geändert. Vorstandsvorsitzende anderer Gesellschaften, die quasi nebenher noch Aufsicht führten, gebe es bei den großen börsennotierten Unternehmen nicht mehr. Dafür sei die Aufsichtsratsarbeit zu umfangreich geworden. Und mehr als die Hälfte seien zu einer reinen Festvergütung übergegangen, ohne erfolgsabhängige Bestandteile. hkp-Experte Kayser findet das nicht gut, es passe nicht zur sonstigen Übung im Unternehmen:
    "Jeder Werker, der am Band bei einem Automobilhersteller steht, hängt vom Unternehmenserfolg ab. Ein Teil seines gewichtigen Jahresbonus' hängt vom Unternehmensergebnis ab. Diejenigen, die viel größere Entscheidungshebel haben, sollen nicht davon abhängen?"
    Was passiere, fragt sich der Experte, wenn es den Unternehmen mal schlechter gehe, der Bonus am Band ausfalle, der Aufsichtsrat aber gleichviel kassiere? Die drei wichtigsten Aufgaben der Aufsichtsräte: Die Zahlen kontrollieren, die der Vorstand vorlegt. Den Vorstand heuern und feuern. Und über wichtige strategische Entscheidungen als Sparringspartner des Vorstandes mitdiskutieren.