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Unternehmensstrategien
Beruf und Vaterglück

Zurzeit nehmen erst 13 Prozent der Männer Teilzeitregelungen in Anspruch. Männer, die karrieremäßig wegen Kindern zurückstecken, ernten immer noch viele skeptische Blicke. Doch nicht nur die Kollegen sind das Problem, auch das eigene Selbstverständnis muss überdacht werden. Schritte und Gedanken, die viele berufstätige Frauen schon hinter sich haben.

Von Axel Schröder | 29.06.2015
    Ein Mann im Anzug trägt ein kleines Baby auf dem Arm, im Hintergrund ist ein Schild mit der Aufschrift "Tagungszentrum" zu sehen.
    Doppelte Ausnahme: Männer und Führungskräfte in Teilzeit, die sich um ihre Kinder kümmern. (dpa/picture alliance/Rainer Jensen)
    Volker Baisch kämpft an zwei Fronten: Er wünscht sich mehr Frauen, die trotz einem oder mehrerer Kinder Zeit für die berufliche Karriere haben. Und das erreiche man nicht allein durch Quotensysteme bei der Besetzung von Führungsposten:
    "Eine Mutter, die Karriere machen möchte, in Führung gehen möchte, die braucht einfach einen partnerschaftsorientierten Mann, der auch flexibel oder zeitweise mal auf 80 Prozent, ein halbes Jahr oder ein Jahr lang, gehen kann, damit sie tatsächlich auch diesen Schritt gehen kann."
    Volker Baisch ist Geschäftsführer der gemeinnützigen Väter GmbH. Und er berät Unternehmen, die es Frauen und Männer ermöglichen wollen, Kinder und Karriere miteinander zu vereinbaren. Dass der Wunsch danach immer größer, belegt die Studie, die Baischs Firma zusammen mit dem Betreuungs-Dienstleister Care.com in Auftrag gegeben hat. Danach wünschen sich 93 Prozent der befragten Männer Fortschritte auf diesem Gebiet. Und 80 Prozent der befragten Personalchefs glauben, dass flexible Arbeitszeitmodelle für Väter positive Effekte auf ihre Leistung im Unternehmen haben.
    "Das Bewusstsein ist da! Aber die Bilder, vielleicht auch: Die alten Bilder, in den Köpfen vieler Männer, sind immer noch so, dass sie das Bild des Vollzeit-Mannes aufrechterhalten wollen."
    Ein Vater arbeitet mit seinem Sohn auf dem Arm an einem Computer
    Ein Vater arbeitet mit seinem Sohn auf dem Arm an einem Computer (imago / Westend61)
    Obwohl dieses Bild, so Baisch, schon Ende der 80er-Jahren erste Risse bekommen hätte. Gerade berät Volker Baisch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, wie das Unternehmen auf den Trend zu mehr väterlichen Verantwortung reagieren kann. Und in Julia Dormaar, der Leiterin der Abteilung Personalstrategie bei Ernst & Young hat Baisch eine Verbündete bei seinem Vorhaben. Schon heute versucht die Firma, den Vätern im Unternehmen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie Beruf und Familie vereinbaren können:
    "Das geht von Inhouse-Veranstaltungen, wo man sich im Kleinen mal zum Mittagessen, mal eine Stunde trifft und ein bestimmtes Verhältnis zu Vereinbarkeit, zu Flexibilität diskutiert, bis hin zu Angeboten, die auch außerhalb des Unternehmens stattfinden: Wochenenden mit Kindern, etc."
    Zurzeit nehmen erst 13 Prozent der Männer Teilzeitregelungen in Anspruch. Und auch bei Ernst & Young bekommen Väter, die für die Familie kürzer treten wollen, ab und zu noch einen skeptischen Seitenblick von den Vollzeit-arbeitenden Kollegen. Bis sich das ändern wird, so Dormaar, ist noch einiges an Überzeugungsarbeit nötig. Und auch die Väter müssten sich zunächst einmal viele Fragen beantworten, die mit ihrer neuen Rolle zusammenhängen:
    "Was ist meine Vaterrolle? Was hat das mit Status zu tun, wenn ich nicht mehr der Alleinverdiener bin? Vielleicht nicht mehr der Hauptverdiener? Vielleicht sogar beruflich zurücktrete, um meiner Frau eine gewisse Karriere zu ermöglichen? Wie wird das in dem gesellschaftlichen Kontext aufgenommen? Und ich glaube, das müsse wir mit den Männern einfach nochmal ganz anders Diskussionen führen."
    Diskussionen, die berufstätige Frauen längst hinter sich haben. Im Wirtschaftsprüfungsunternehmen wird den Vätern erklärt, wie eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie aussehen könnte. Es gibt das Angebot, von Zuhause aus zu arbeiten und flexibel mit dem Abbau von Überstunden umzugehen.
    Strategie, um Arbeitnehmer an sich zu binden
    Dahinter steht nicht allein die Einsicht der Unternehmensführung bei Ernst & Young, dass alte Rollenbilder aufgebrochen werden müssen. Es geht auch, so Julia Dormaar, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens:
    "Das ist es, warum wir das machen, weil wir sonst nicht die Leute kriegen und weil wir nicht die Leute halten können, die wir brauchen, um als Unternehmen erfolgreich zu sein.
    Es geht darum, den Mitarbeitern zu zeigen: Wir nehmen eure Wünsche ernst. Und im Gegenzug, so Julia Dormaar, erhofft sich Ernst & Young motivierte Mitarbeiter, die ihrerseits, wenn sie nicht Windeln wechseln oder mit dem Nachwuchs auf dem Spielplatz unterwegs sind, gerne für ihr Unternehmen arbeiten.