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Unterschätzte Spätfolgen
Kaiserschnitte erhöhen Risiko für Fehlgeburten

Immer häufiger entscheiden sich Schwangere bewusst für einen Kaiserschnitt. Doch die Spätfolgen, die dieser Eingriff mit sich bringen kann, wurden bisher unterschätzt. Statistisch gesehen sinkt durch Kaiserschnitte unter anderem die Chance, erneut schwanger zu werden.

Von Christine Westerhaus | 24.01.2018
    Eine Kaiserschnitt-Entbindung
    In Deutschland bringt inzwischen fast jede dritte Frau ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse über die möglichen Spätfolgen eines solchen Eingriffs. (Daniel Karmann / picture alliance / dpa)
    Nicht immer sind Komplikationen bei der Geburt der Grund dafür, dass Frauen ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt bringen. Immer häufiger entscheiden sich Schwangere ganz bewusst dafür: In Deutschland bringt inzwischen fast jede dritte Frau ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt. In Südamerika sind es sogar mehr als 40 Prozent der Schwangeren. Doch die langfristigen Risiken, die ein Kaiserschnitt mit sich bringen kann, war den Frauen bisher kaum bewusst, sagt Sarah Stock von der Universität von Edinburgh.
    "Die kurzfristigen Folgen von vaginaler Geburt und Kaiserschnitt sind bekannt. Doch wir wollten herausfinden, welche Langzeiteffekte es gibt. Deshalb haben wir uns die Veröffentlichungen dazu angesehen und systematisch zusammengefasst, wie sich ein Kaiserschnitt langfristig auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirkt."
    Erhöhtes Risiko von Fehl- oder Totgeburten
    Sarah Stock und ihre Kollegen haben 80 Studien ausgewertet, an denen insgesamt knapp 30 Millionen Schwangere teilgenommen haben. Dabei sahen die Forscher, dass ein Kaiserschnitt Frauen zwar vor Inkontinenz und anderen Problemen mit dem Beckenboden schützt, die bei natürlicher Entbindung manchmal auftreten. Doch diese Frauen haben statistisch gesehen schlechtere Chancen, erneut schwanger zu werden, als nach einer normalen Geburt.
    Zudem erhöht ein Kaiserschnitt das Risiko, dass die betroffene Frau bei der nächsten Schwangerschaft eine Fehlgeburt erleidet oder ihr Kind im Mutterleib stirbt. Nach einer vaginalen Geburt kommt es bei gut neun von 100 Frauen bei der nächsten Schwangerschaften zu einer Fehlgeburt. Bei einem Kaiserschnitt sind knapp 11 von 100 Frauen davon betroffen.
    "Diese Beobachtung hat uns überrascht und wir haben Schwangere über diese möglichen Folgen eines Kaiserschnitts bisher nicht ausreichend aufgeklärt. Doch den Frauen sollte bewusst sein, dass es diese Risiken gibt, wenn sie vor der Entscheidung stehen, wie sie ihr Kind gebären wollen. Und wir sollten gemeinsam mit den Frauen über die Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts diskutieren."
    Ruf als "sicherste Methode, ein Kind auf die Welt zu bringen"
    Dabei sollte den Schwangeren ebenso bewusst sein, dass ein Kaiserschnitt langfristig auch die Gesundheit ihres Kindes beeinträchtigen kann. Zwar gilt eine Schnittentbindung als die sicherste Methode, ein Kind auf die Welt zu bringen. Doch Sarah Stock und ihre Kollegen konnten zeigen, dass Kaiserschnitt-Babys statistisch gesehen in der späteren Kindheit ein erhöhtes Risiko haben, fettleibig zu werden oder an Asthma zu erkranken. Diesen Zusammenhang haben auch andere Forscher bereits beobachtet. Doch ob wirklich die Schnittentbindung dafür verantwortlich ist, konnten Sarah Stock und ihre Kollegen nicht abschließend klären.
    "Wir sehen nur, welche langfristigen Effekte es bei schnittentbundenen Kindern gibt, wissen aber nicht, ob diese allein durch den Kaiserschnitt hervorgerufen werden. Es wäre auch möglich, dass Frauen, die ihr Kind auf diesem Weg zur Welt bringen, grundsätzlich andere gesundheitliche Probleme haben als solche, die vaginal entbinden. Und das diese Probleme zu den beobachteten Konsequenzen führen."
    Alternativen anbieten, Wahl der Frauen akzeptieren
    Obwohl manches also noch unklar ist, plädiert Sara Stock dafür, der Natur bei der Geburt möglichst ihren Lauf zu lassen. Denn die Erfahrung lehrt, dass es eher zu Komplikationen kommt, wenn Ärzte und Hebamme zu stark eingreifen und den Willen der Schwangeren womöglich ignorieren.
    "Wir sollten Frauen dabei helfen, selbst zu entscheiden, was richtig für sie ist. Sie zu drängen, Medikamente zu nehmen, die die Geburt beschleunigen oder die Wehen hemmen, ist der falsche Weg. Doch nicht einzugreifen, auch wenn es aus medizinischer Sicht ratsam wäre, ist auch nicht richtig. Wir sollten den Frauen sichere Alternativen anbieten und ihre Wahl akzeptieren."