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Nord- und Südkorea
Die Euphorie ist der Realität gewichen

Während das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin sich mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un trifft, jährt sich das Treffen zwischen den süd- und nordkoreanischen Staatschefs im Grenzdorf Panmunjom. Es war ein historischer Moment - aber seitdem ist viel passiert.

Von Katrin Erdmann | 25.04.2019
Kim Jong-un un Moon Jae-in halten sich bei ihrem Treffen in Panmunjom an den Händen und diese in die Luft
Kim Jong-un und Moon Jae-in bei ihrem Treffen in Panmunjom im April 2018 (Korea Summit Press Pool / AFP)
Die Hände im Schoss, den Blick gesenkt, die Stimme leise. Eine Träne rollt Sora* (Name geändert) über die Wange. Sie lässt sie laufen:
"Ich habe mich sehr gefreut, als Kim und Moon gemeinsam in Panmunjom über die Grenze gegangen sind. Manchmal frage ich mich, warum ich nach Südkorea gegangen bin, wo vieles so hart für mich ist. Und ich wünsche mir sehr, dass Korea wiedervereinigt wird, mein Vater fehlt mir so sehr – und dann könnte ich wieder dort leben."
2006 ist Sora aus Wonsan, einer Küstenstadt im Westen Nordkoreas, erst nach China geflohen und dann zwei Jahre später nach Südkorea gekommen. Die zierliche junge Frau beobachtet genau, was zwischen den beiden Staaten passiert.
Sora hat in Nordkorea nur die Grundschule besucht, weil sie dann an Tuberkulose erkrankte. Ihre ganze Ausbildung hat sie im Schnelltempo in Südkorea nachgeholt, jetzt schließt sie ihr Wirtschaftsstudium ab. Doch sie hat es schwer, einen Job zu finden, in Südkorea – denn erstens sind die Einheimischen selbst sehr gut ausgebildet und zweitens haftet ihr das Stigma "Nordkorea" an, wie sie immer wieder gemerkt hat.
Ihr Freundeskreis, erzählt sie, bestehe deshalb im Grunde nur aus ehemaligen Geflüchteten - und von denen seien viele gar nicht so erpicht auf eine Wiedervereinigung:
"Sie fürchten, dass Kim von Moon einen hohen Preis für eine Wiedervereinigung fordern könnte – zum Beispiel geflüchtete Nordkoreaner auszuliefern. Und einige haben auch Angst, dass sie dann die staatliche Unterstützung des Südens entfällt."
Seit 2015 sind jährlich um die 1.000 Menschen vom Norden in den Süden geflohen, eine deutliche Mehrheit war weiblich. Die meisten waren ganz normale Arbeiterinnen oder Hausfrauen.
Ein Hoffnungsschimmer
Ein Jahr nach dem ersten historischen Treffen zwischen dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-In und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un mischt sich unter ihren Wunsch nach einer Wiedervereinigung jedoch auch Ernüchterung.
Dabei war die Begegnung der beiden durchaus etwas Besonderes und in Zeiten vieler internationaler Krisen und Kriege ein Hoffnungsschimmer:
Am 27. April 2018 läuft Nordkoreas Machthaber Kim zügig, mit ernstem Gesicht auf Präsident Moon zu, der ihn bereits am Grenzstreifen in Panmunjom erwartet. Beide wechseln einige Worte, zunächst jeder noch auf seiner Seite, dann macht Kim einen Schritt in den Süden. Er ist damit der erste nordkoreanische Machthaber, der den Süden betritt. Und Kim sprengt dann auch gleich noch das Protokoll, als er Moon, der ist erst ein bisschen ziert, bei der Hand greift und mit ihm auch über einen kleinen Absatz die Grenze zum Norden überquert.
Es ist das erste Treffen der beiden Staatsmänner und das an einem historischen Ort. In der demilitarisierten Zone wurde das Waffenstillstandsabkommen 1953 unterzeichnet.
"Es hat lange gedauert bis sich der Norden und der Süden hier wieder die Hände reichen. Wir alle haben viel zu lange auf diesen Tag gewartet."
Damit unterstreicht der junge Diktator den jahrelangen Stillstand zwischen beiden Seiten. Dabei hatte es durchaus vielversprechende Ansätze gegeben – zwischen Kim Jong Il und den beiden südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung und Roh in den Jahren 2000 und 2007. Doch diese ursprüngliche als Sonnenscheinpolitik bezeichnete Zeit wurde vom Norden regelrecht zerbombt - das kommunistische Land setzte sein Rüstungsprogramm fort und testete 2006 die erste Atombombe. Auch Kim Jong Un setzt das Atomprogramm fort, testet zudem Mittelstreckenraketen und treibt die Welt an den Rand eines neuen Krieges. Dann aber, kurz vor dem historischen Treffen mit Moon erklärt er plötzlich sein ganzes Programm für abgeschlossen und erklärt lammfromm:
"Mehr als alles wollen auf diesem Boden in Frieden und ohne Krieg ein Zeitalter von Wohlstand und Glück einläuten. Dafür haben wir uns entschieden."
Bereits in seiner Neujahrsansprache hatte der 35-Jährige die Welt wissen lassen, dass sich sein Land nun auf die wirtschaftliche Entwicklung konzentrieren wolle.
Träume von der Wiedervereinigung
Davon abgesehen träumt der Norden schon lange von einer Wiedervereinigung und propagiert das auch so. Wie weit man davon im April entfernt ist, sieht man wohl nirgends so wie gut wie in der demilitarisierten Zone, einem 250 Kilometer langen Niemandsland. Die Grenze gilt als eine der am schwersten bewachten der Welt:
"Der Weg, den ich heute gekommen bin wird bald ein Weg sein, den alle Menschen aus Nord und Süd ohne Hindernisse gehen können. Panmunjom war das Symbol für Schmerz. Und wenn dieser Ort, Panmunjom, an dem wir hier heute stehen, der mit so viel Schmerz verbunden ist, ein Symbol des Friedens wird, dann einen uns ein Licht, eine Sprache, eine Geschichte und eine Kultur wieder zu einem Volk in Wohlstand."
Dieses vom Blauen Haus, dem südkoreanischen Präsidialamt zur Verfügung gestellte Foto zeigt Kim Jong Un (r), Machthaber in Nordkorea, und Moon Jae In, Präsident von Südkorea, die sich bei einem zweiten Treffen auf der nördlichen Seite der Grenze in der demilitarisierten Grenzstadt Panmunjom die Hand geben.
Kim Jong Un (r), Machthaber in Nordkorea, und Moon Jae In, Präsident von Südkorea, in der demilitarisierten Grenzstadt Panmunjom (Uncredited/South Korea Presidential Blue House via Yonhap/AP/dpa )
Doch nicht nur Kim Jong Un scheint die eintägige Begegnung mit Südkoreas Präsident Moon Jae-In zu beflügeln.
"Aus der dunklen Wolke des Krieges heraus haben wir heute einen gemeinsamen Weg zu einer friedlichen Wiedervereinigung gefunden."
Gemeinsam mit ihren Ehefrauen erheben alle das Glas und stoßen mit einem Schlückchen Sekt auf diesen neuen Abschnitt an. Anschließend sitzen sie bei schönstem Sonnenschein im Garten und reden miteinander. Diktator Kim wirkte neben dem reifen, erfahrenen Moon zwischenzeitlich wie ein Schuljunge, der sich alles von der Seele redet während ihm sein Gegenüber aufmerksam zuhört. Und so ist denn auch nicht Kim, der die Topnachricht des Tages später bekanntgibt, sondern Südkoreas Präsident Moon:
"Wir haben uns auf eine komplette Denuklearisierung auf der koreanischen Halbinsel verständigt."
Außerdem wird auf wirtschaftlicher und militärischer Ebene ein engerer Austausch angestrebt, Familienzusammenführungen sollen wieder aufgenommen werden, und: Bis Jahresende wollen beide einen Friedensvertrag unterzeichnen und damit den seit 1953 bestehenden Waffenstillstand beenden.
Es scheint, als habe der südkoreanische Präsident Moon seine Aufgabe voll erfüllt – ein vertrauensvolles Verhältnis zum Nachbarn aufzubauen und zugleich den Boden für ein Treffen Kims mit US-Präsident Trump zu bereiten. Die zur Schau getragene Euphorie beider Politiker überträgt sich offenbar auch auf die Menschen.
In den 1980er-Jahren war dieses Lied ein Hit - der Titelsong einer Fernsehshow, die damals Familien aus Nord-und Südkorea half, wieder zueinander zu finden. Heute geht der Song auf Knopfdruck los, direkt neben einem steinernen Monument zur Wiedervereinigung, 60 Kilometer nordwestlich von Seoul.
Zweifel bleiben
Die 70-jährige Yoon Pan sieht die Neuauflage der Beziehungen pragmatisch:
"Jedes Land sollte auch seine eigene Politik beibehalten, aber wir könnten wirtschaftlich zusammenwachsen. Der Süden könnte sein sehr gutes Getreide liefern, und der Norden seine Bodenschätze wie Seltene Erden."
Die 86-Jährige Park Cheul Yu hat einen ganz anderen Wunsch. Sie kennt noch das vereinigte Korea…
"Ich möchte eine Wiedervereinigung noch miterleben, das wünsche ich mir sehr….tja….." - "Wenn Kim Jong Un nicht mehr wäre, würde das ganz schnell gehen", wirft ein Verwandter neben ihr lachend ein.
Doch der erfreut sich bester Gesundheit und zieht aus dem Treffen mit Moon direkt zunächst eine ganz praktische Konsequenz. Anfang Mai Nordkorea stellt seine Uhren eine halbe Stunde nach vorn und gleicht sie damit wieder der Uhrzeit des Südens an. Kim machte damit eine von ihm selbst einige Jahre zuvor gemachte Anordnung rückgängig.
Nur wenige Tage später lässt Nordkorea seit Jahrzehnten inhaftierte US-Amerikaner frei – Washington wertet das als guten Willen im Vorfeld eines möglichen Gipfels.
Ende Mai setzt Nordkorea ein in Panmunjom gemachtes Versprechen um - und lässt die Atomtestanlage in Punggye Ri im Nordosten des Landes offiziell schließen. Bei der Sprengung dürfen allerdings nur einige wenige Journalisten und Journalistinnen teilnehmen. Experten sind unerwünscht. In der streng bewachten Anlage waren allen alle sechs Atomtests durchgeführt worden, der letzte im September 2017.
Unklar bleibt, ob Punggye Ri am Berg Mantap durch frühere Erschütterungen bereits so zerstört ist, dass sie ohnehin nicht mehr genutzt werden könnte. Machthaber Kim Jong Un widerspricht, aber Zweifel bleiben.
Historisches Treffen
Unterdessen fragt sich die Welt: Werden sich Kim und Trump nun treffen und wenn ja, wo und wann genau….
Dann endlich, am 1. Juni erfahren die Journalisten aus aller Welt endlich, wohin sie ihre Flüge buchen können:
"Wir werden uns am 12. Juni in Singapur treffen. Die Vorbereitungen waren gut. Außenminister Mike Pompeo hat zwei Tage Gespräche geführt und - ja, ich kann Ihnen sagen: Wir und Sie, wir müssen reisen, denn wir treffen uns am 12. Juni in Singapur."
Eine historische Begegnung steht bevor – noch nie haben sich ein nordkoreanischer Machthaber und ein amtierender US-Präsident getroffen. Zwei Männer, die sich zuletzt Anfang 2018 noch wie zwei Jungs beschimpft hatten.
"Die gesamten USA sind in der Reichweite unserer Atomwaffen. Und der Atomknopf steht immer auf meinem Tisch. Das ist die Realität, keine Drohung."
Und Trump twittert zurück:
"Der nordkoreanische Führer hat gerade mitgeteilt, dass der Atomknopf immer auf seinem Tisch steht. Könnte ihn jemand aus diesem ausgelaugten und hungernden Regime bitte informieren, dass ich auch einen Atomknopf habe, aber dass meiner größer und kräftiger ist – und funktioniert."
Der Schlagabtausch wird von den Satiresendungen dankbar aufgenommen.
Und dann ist es endlich soweit. 12.Juni 2018. Singapur.
Kim Jong-un (l.) und Donald Trump
Nordkoreas Diktator Kim Jong-un (l.) und der amerikanische Präsident Donald Trump in Singapur. (imago/ZUMA Press/Ministry of Communications)
Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump reichen sich die Hände - und unterzeichnen am Ende eine gemeinsame Erklärung:
"Wir wollen die Vergangenheit hinter uns lassen und unterzeichnen dieses historische Dokument. Die Welt wird einen bedeutsamen Wandel erfahren."
"Wir unterzeichnen ein wichtiges, ein umfassendes Dokument. Wir hatten eine großartige Zeit zusammen, eine großartige Beziehung. Wir führen uns sehr geehrt, dieses Dokument unterzeichnet zu haben."
Rührende Begegnung
Zu den Inhalten dieses "wichtigen" Dokuments äußert sich Donald Trump erst später. Vieles sind Absichtserklärungen und Wünsche, doch Trump bleibt dabei. Das Wichtigste Ziel wurde aus seiner Sicht erreicht, wie er anschließend im TV-Sender ABC sagt:
"Er wird komplett denuklearisieren und das umgehend. Ich denke, er fängt jetzt damit an. Einzelheiten werden in den kommenden Tagen bekanntgegeben, auch über andere Raketenbasen, sie wissen ja, es gab ja eine Zeit, da hat Nordkorea viele Raketen abgefeuert."
Und das sei inzwischen ja seit Monaten nicht mehr der Fall, lobt sich der US-Präsident dabei auch ein bisschen selbst – und auch zurecht, findet Jang Ji-Hyang vom renommierten Asan-Institut für Politikwissenschaften in Seoul:
"Er ist der erste und einzige Präsident, der sich der koreanischen Halbinsel bereits zu einem frühen Zeitpunkt seiner Amtszeit angenommen hat."
Das sieht David Satterwhite, Professor für Politische und Asienwissenschaften an der Temple Universität in Tokio ähnlich. Und er zollt auch Kim Jong Un Respekt. Immerhin ist keiner seiner Vorgänger so weit gegangen wie er.
"Hierin besteht die historische Chance, weil er jung ist, im Ausland erzogen wurde und aus der Kim Familie stammt. Und seine Autorität wird täglich größer. Die Tatsache, dass er in Singapur mit dem mächtigsten Präsidenten der Welt auf einer Bühne stand, gibt ihm eine enorme Glaubwürdigkeit. Dass es ihm gelungen ist, die USA zu einem Dialog zu bewegen."
Und nicht nur die USA, sondern auch den Nachbarn Südkorea. Bevor sich Kim zum dritten Mal mit Moon innerhalb eines Jahres trifft, kommt es zu einer rührenden Begegnung zwischen den Menschen diesseits und jenseits der Grenze.
Erstmals seit drei Jahren ermöglichen beide Länder wieder Familientreffen zwischen Nord- und Südkoreanern, die durch den Krieg getrennt wurden, erlaubt. Drei Tage lang können sich insgesamt 600 Menschen für kurze Zeit austauschen. Busse fahren von Südkorea aus dafür ins Kumganggebirge unweit der Grenze an der nordkoreanischen Ostküste. Für viele ist es nicht nur die erste Begegnung seit Jahrzehnten, sondern wegen ihrer hohen Alters vermutlich auch die letzte. Eine von ihnen ist Kim Hye-ja - sie trifft ihren Bruder wieder.
Freude über das Wiedersehen
"73 Jahre sind vergangen, seit wir getrennt wurden. Seit der Unabhängigkeit von Japan. Du warst zwei, und ich war vier ungefähr. Wie ist das nur möglich?"
Viele verlieren sind verständlicherweise regelrecht überwältigt von der Freude über das Wiedersehen.
"Schwester, Schwester, meine Schwester", sagt die Besucherin aus dem Süden, "Du musstest so viel durchmachen."
Doch es ist nur ein kleiner Schritt, denn aus 130.000 Familien wurden letztlich weniger als 200 ausgewählt. Und: Wer einmal dabei war, scheidet für das nächste Mal aus. Einen weiteren Termin für Familienzusammenführungen gibt es zu diesem Zeitpunkt nicht.
Anfang September dann feiert Nordkorea seine 70-jährige Staatsgründung – natürlich mit militärischen Aufmärschen.
Dazwischen fahren Panzer und Militärfahrzeuge, Raketen größerer Reichweite fehlen jedoch. Dann taucht Diktator Kim Jong Un auf - winkt dem jubelnden Volk zu - doch anders als von vielen erwartet, sagt er nichts. Das Reden übernimmt Parlamentspräsident Kim Yong Nam:
In seiner Ansprache fordert er das Volk auf, sich für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes einzusetzen.
Für Jeffrey Kingston, Direkter für Asien-Studien an der Temple Universität in Tokio, geht es dem Regime vor allem darum, Investoren anzuziehen und gleichzeitig Selbstbewusstsein zu demonstrieren:
"Guckt mal, 70 Jahre nach Staatsgründung gibt es uns immer noch und wir sind stärker als je zuvor. Seht Euch die Skyline von Pyöngyang an, die Wirtschaft wird moderner - also ich denke, er will zeigen, dass dies ein stabiles System ist in das man investieren kann."
Kim will viel mehr als oberster Wirtschaftsboss wahrgenommen werden und nicht als Militärchef, sagt Kingston. Und obwohl zu diesem Zeitpunkt ein zweiter US-Nordkorea Gipfel noch in weiter Ferne ist, blickt er recht nüchtern auf die gemeinsame Zukunft dieser zwei so unterschiedlichen Staaten.
"Einig Heimatland"-Rufe
"Mit der Zeit wird es akzeptiert werden, dass Nordkorea eine Atommacht ist. Vielleicht werden einige Kompromisse zu einigen Waffensystemen gemacht, aber wird das Land letztlich bereit sein, sein Atomprogramm aufzugeben?! Ich denke nicht. Wie also wird Amerika mit dieser schweren Niederlage umgehen? Es hat bereits gelernt, mit Pakistan und Israel zu leben, also wird es wahrscheinlich auch lernen, mit Nordkorea zu leben."
Nordkorea jedenfalls feiert sich erst einmal selbst – unter anderem mit den so genannten Massgames – einer zweistündigen Show mit farbenfrohen Tanz- und Akrobatikeinlagen. Mitte September besucht das gigantische Stadion in Pjöngjang sogar ein besonders prominenter Gast. Südkoreas Präsident Moon Jae-In. Es ist der erste Besuch eines südkoreanischen Politikers seit elf Jahren
Der dreitägige Besuch wird medial - das ist auch neu für Nordkorea - intensiv begleitet. Wie zwei Popstars treten die beiden Politiker auf. Fahren im offenen Wagen quer durch Pjöngjang winken den Menschen am Straßenrand zu. Die rufen "Einig Heimatland".
Das anfänglich angespannte und ernste Gesicht Kims bei dem Empfang am Morgen ist einem Lächeln gewichen.
Song Jin kellnert in Pjöngjang und hofft vor allem, dass aus den zwei Staaten schnell einer wird:
"Na klar denke ich, dass es so schnell wie möglich eine Wiedervereinigung geben sollte und ich hoffe, das wird wahr."
Auch im benachbarten Südkorea beobachten die Menschen genau, was ihr Präsident im Norden treibt - und sind weitaus nüchterner. So wie der 29-jährige Park Kwon-Lee:
"Nord- und Südkorea sind seit mehr als 50 Jahren getrennt, beide haben völlig unterschiedliche Wertvorstellungen, schon deshalb wird es keine Wiedervereinigung geben. Ein Durchbruch wird nicht einfach sein, aber ich kann mir vorstellen, dass beide Bündnispartner werden - so wie es der Fall zwischen Südkorea und den USA ist."
Am zweiten Tag treten Kim Jong-Un und sein Gast Moon Jae-In vor die Presse.
Chinas strategisches Interesse
"Süd-und Nordkorea haben sich zum ersten Mal auf einen Plan für eine Denuklearisierung verständigt. Das ist ein sehr bedeutungsvolles Ergebnis. Nordkorea hat sich entschieden, die Tongchang-ri Anlage aufzugeben und dies auch von Experten aus relevanten Ländern überprüfen zu lassen."
Tongchang-ri ist eine Raketenabschuss-station im Norden Nordkoreas an der Grenze zu China. Ebenso habe sich das Land bereit erklärt, das nordkoreanische Nuklearforschungszentrum samt Reaktor Yongbyon zu schließen. Allerdings alles nur dann, wenn die USA ebenfalls zu Kompromissen bereit seien.
In den folgenden Monaten gibt es kleine Fortschritte auf der koreanischen Halbinsel, die Grenzposten an der Demarkationslinie werden abgebaut, ein Verbindungsbüro für Treffen auf verschiedenen Ebenen wird eröffnet, eine Delegation Südkoreas inspiziert die Bahnlinien im Norden.
Der US-Präsident lässt sich indes Zeit mit einem weiteren Treffen. Die Monate vergehen. Kim bleibt stumm, macht auch keine Anstalten als erster nordkoreanischer Machthaber seit dem Kriegsende 1953 nach Seoul zu reisen.
Nach Wochen der Spannung wird endlich klar: Trump und Kim treffen sich Ende Februar zum zweiten Gipfel, dieses Mal in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi.
Kim fährt vorher nochmal schnell nach China, seinem großen Verbündeten, bei dem er sich im vergangenen Jahr offenbar immer wieder Rückendeckung geholt hat.
Kurz vor dem zweiten Gipfel sagt, Geng Shuang, Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Peking:
"China hat den Dialog zwischen Nordkorea und den USA immer unterstützt. Wir hoffen, dass der zweite Gipfel zwischen den beiden Seiten so wie geplant stattfindet und zu positiven Ergebnissen führt. So dass der Abrüstungsprozess neuen Schwung erhält und zu einem anhaltenden Frieden auf der koreanischen Halbinsel führt."
Zhao Tong vom Carnegie-Tsinghua Zentrum für Globale Politik an der Tsinghua Universität in Peking, sagt, dass China nach dem ersten Gipfel Angst hatte, zum Zaungast zu werden, doch durch die wiederholten Besuche Kims bei Präsident Xi sei man jetzt beruhigt:
"China hat ein großes, strategisches Interesse daran, bei der wirtschaftlichen Entwicklung Nordkoreas zu helfen. Das Land dabei zu unterstützen, sich langsam von einem isolierten, paranoiden Staat in ein offeneres, normales Land zu entwickeln. Der jetzige nordkoreanische Machthaber hat in diese Richtung Interesse signalisiert. China möchte dabei helfen, ein regionales Umfeld zu schaffen, indem Nordkorea mit der Welt da draußen interagieren kann. Und eine Voraussetzung dafür ist eine bessere Beziehung zwischen Nordkorea und den USA."
Der junge Diktator lächelt
Dann ist es endlich soweit. Am 27. und 28. Februar sind kleine Teile der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi immer wieder im Ausnahmezustand. Kim und Trump treffen sich zum zweiten Mal. Die Erwartungen sind hoch. Ein Ende des Krieges könnte verkündet werden, Kim deutliche Zugeständnisse bei der Abrüstung machen, die USA im Gegenzug die Sanktionen lockern - und ein erster Schritt zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen gemacht werden.
US-Präsident Donald Trump (r.) und Nordkroeas Machthaber Kim Jong Un bei ihrem Treffen in Hanoi. 
US-Präsident Donald Trump (r.) und Nordkroeas Machthaber Kim Jong Un bei ihrem Treffen in Hanoi. (AFP / Saul Loeb )
Vor ihrem ersten gemeinsamen Abendessen präsentieren sich die beiden optimistisch:
"Ich bin zuversichtlich, dass wir ein exzellentes Ergebnis erzielen werden, dass alle Welt begrüßt, ich werde mein Bestes dafür tun."
Das macht Hoffnung, auch wenn Kims Aussagen exakt dieselben sind wie bei seiner Neujahrsansprache.
Auf die Frage eines Reporters, ob er wirklich abrüsten wolle, antwortet der 35-Jährige fast trotzig:
"Wenn ich das nicht vorhätte, wäre ich nicht hierhergekommen."
Der US-Präsident steht ihm in nichts nach:
"Ich denke, dass schon der erste Gipfel ein großer Erfolg war und dieser jetzt, wird hoffentlich genauso oder noch besser als der letzte. Wir haben viele Fortschritte gemacht - und ich denke, der größte ist es, dass unsere Beziehung eine wirklich gute ist."
Trump bezeichnet Kim als seinen Freund und sagt seinem Land schon mal eine große wirtschaftliche Entwicklung voraus – der junge Diktator nimmt das lächelnd zur Kenntnis.
Am nächsten Tag beginnen die Gespräche früh - erst zwischen den beiden, dann in kleiner Runde. Mittags soll eine Vereinbarung unterschrieben werden – das klingt gut, die Welt in Asien ist gespannt, Deutschland wacht erst langsam auf.
Rätselraten und große Aufregung
Kurz nach eins dann der Knall: Mittagessen abgesagt, gemeinsame Vereinbarung auch, der US-Präsident reist früher ab. Rätselraten und große Aufregung bei den rund 3.000 angereisten Journalisten in Hanoi.
Am frühen Nachmittag tritt Trump vor die Presse, aufgeräumt, sachlich:
"Sie wollten, dass wir alle Sanktionen aufheben, aber das konnten wir ihnen nicht geben. Sie waren bereit, einen großen Teil ihrer Rüstungsanlagen, die wir gefordert hatten, aufzugeben. Aber das reichte nicht für alle Sanktionen. Wir werden also weiterarbeiten und sehen. Aber von dieser Vereinbarung müssen wir jetzt Abstand nehmen. Wir müssen davon weg."
Also: Besser kein Abkommen als ein schlechtes. US-Außenminister Pompeo erinnert später daran, dass es sich bei den Beschränkungen um Sanktionen der Vereinten Nationalen handelt und die Voraussetzung für deren Aufhebung die Denuklearisierung sei - also: Die Weltgemeinschaft da mitgehen müsse und das sei so nicht möglich gewesen.
Der nordkoreanische Außenminister, Ri, äußert sich noch am selben Abend:
"Wir haben angeboten, alle unsere Aufbereitungsanlagen in Yongbyon zu schließen. Und dies auch von unseren und US-Experten überprüfen zu lassen, wenn die USA im Gegenzug die Sanktionen lockern, die das Leben unseres Volkes beeinträchtigen."
Nordkorea wäre damit bei seinem Angebot vom Herbst beim Treffen mit Südkoreas Präsident Moon stehengeblieben. Die USA hätten die Verhandler mit ihrem Wissen einer weiteren Aufbereitungsanlage konfrontiert - die Nordkoreaner seien davon überrascht gewesen.
Große Enttäuschung im Süden
Wie weit die Forderungen nach einer Lockerung der Sanktionen gingen, beschreiben beide Seiten unterschiedlich.
Besonders bei Südkorea ist die Enttäuschung über den Ausgang des Gipfels groß. Präsident Moon versucht es dennoch, nett zu verpacken.
"Ich denke, es ist ein weiterer Schritt hin zu einer Vereinbarung. Unsere Rolle ist wichtiger geworden. Wir werden eng mit den USA und Nordkorea zusammenarbeiten, damit es zu einer Einigung kommt."
Das Land will versuchen, trotz der Sanktionen enger wirtschaftlich mit Nordkorea zusammen zu arbeiten.
Ein Jahr nach dem historischen Treffen in Panmunjom ist die erste Euphorie der Realität gewichen. Alle haben begriffen, dass es viel Zeit braucht, um den Konflikt zu lösen.
Manch ein Berichterstatter sprach von einem Scheitern der Verhandlungen, doch wer genau hinschaut, wird erkennen. Es hat sich einiges getan – vielleicht kann man das nirgendwo besser sehen als in den nordkoreanischen Fernsehnachrichten. Die klingen zwar vom Tonfall her gleich, aber der Inhalt ist ein ganz anderer.
"Die Führer haben anerkannt, dass beide Seiten Anstrengungen und Maßnahmen getroffen wurden, um Spannungen abzubauen und Frieden zu bringen. Die komplette Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel wurde ernsthaft diskutiert und Vertrauen aufgebaut. Damit hat sich das Verhältnis, dass jahrzehntelang von Misstrauen und Feindlichkeit geprägt war, komplett verändert."