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Unterwasserroboter
Schwärmende Tauchknechte

Lübecker Forscher haben etwas vergleichbares zu den Mini-Drohnen in der Luft für das Meer entwickelt: Tauchroboter mit einem ähnlichen Antrieb wie Flugdrohnen. Sie sollen für die Meeresforschung und den Katastrophenschutz zum Einsatz kommen und nicht einzeln, sondern im Schwarm agieren.

Von Frank Grotelüschen | 01.07.2016
    Ein Füsilierenschwarm über einer Seegraswiese unter dem Meer.
    Nicht nur für die Meeresforschung sollen die Tauchroboter eingesetzt werden. (imago/stock&people/blickwinkel)
    Der Hafen von Nexø an der Ostküste von Bornholm. Auf einer Motoryacht machen sich drei Männer an einem seltsamen Gerät zu schaffen. Vielleicht ein Spielzeug, das jedenfalls legt die knallgelbe Lackierung nahe.
    Einer der Männer taucht das unterarmlange, torpedoförmige Ding ins Hafenbecken ein, um es gleich wieder herauszuheben.
    "Ja, hat gewisse Ähnlichkeit mit Modell-U-Booten, aber ist komplett entwickelt worden für diesen Einsatz", sagt Erik Maehle vom Institut für Technische Informatik der Universität zu Lübeck, einer der Männer an Bord der Motoryacht.
    Das vermeintliche Spielzeug ist ein Miniatur-Tauchroboter, konzipiert für wissenschaftliche Meeresexpeditionen. Inspiriert wurde er durch Drohnen – sogenannte Quadrocopter, die sich mit vier Rotoren stabil in der Schwebe halten.
    "Wir haben ähnlich wie bei einem Quadrocopter vier Motoren, die in die vertikale Richtung gehen und stabilisierend wirken. Der kann sich auf der Stelle drehen zum Beispiel. Und noch zwei Motoren, die nach vorne gehen. Das System ist sehr beweglich und kann sich anpassen, dass es in Wellen stabil liegt und die Tiefe genau einhält."
    Der gelbe Rumpf des Roboters ist etwa so groß wie eine Thermoskanne. An den Seiten ragen vier Flossen heraus, zwei vorne und zwei hinten. In sie sind die kleinen Propellermotoren integriert, die das Gefährt stabil im Wasser halten. Unter dem Roboter stecken zwei Messsonden, groß wie Bierdosen, beschreibt Doktorand Benjamin Meyer.
    "Die messen die wichtigsten Wasserparameter – Temperatur, Leitfähigkeit, den Salzgehalt und den Druck an der Stelle."
    Der Clou: Die Forscher haben nicht nur ein Exemplar gebaut, sondern mehrere.
    "Das Besondere dabei ist, dass es sich um Schwarmroboter handelt. Anstatt, dass man einen Großen hat, wie es heute weitgehend üblich ist, wollen wir viele kleine einsetzen, die günstiger zu realisieren sind und selbstorganisierend Aufgaben lösen können."
    Unter Wasser ist die Kommunikation schwierig
    Allerdings ist die Kommunikation unter Wasser kniffelig. Funkwellen funktionieren nicht. Es bleibt nur die Verständigung über akustische Signale, ähnlich wie bei Walen und Delfinen. Deshalb müssen manche der Schwarmroboter an der Oberfläche bleiben und als Kommunikationsknoten für ihre abgetauchten Kumpane fungieren.
    "An der Oberfläche können die wunderbar über WLAN kommunizieren. Die Navigation erfolgt an der Oberfläche über GPS. Die getaucht sind, haben natürlich kein GPS mehr. Und da behelfen wir uns der Akustikkommunikation. Im Moment ist es so, dass der Kurs mitgeteilt wird, in welche Richtung gefahren werden soll."
    Getestet haben die Experten ihre Technik bei einer Messkampagne namens Uhrwerk Ozean: In den letzten Wochen haben mehrere Forschungsschiffe, ein Flugzeug und sogar ein Zeppelin spezielle Wirbel in der Ostsee aufgespürt und vermessen. Dabei halfen die Roboter, Wassertemperatur und Salzgehalt zu messen. Allerdings war der Schwarm eher überschaubar – er bestand aus gerade mal zwei Tauchrobotern. Doch dabei soll es nicht bleiben.
    "Die Vision ist, dass man viele davon hat, die einfach im Wasser aussetzt, die organisieren sich dann: Einige gehen runter, einige bleiben oben, machen Messungen, sammeln sich wieder und können dann vom Schiff eingesammelt werden."
    Unterschiedliche Einsatzbereiche vorstellbar
    Wobei die Meeresforschung nicht das einzige Einsatzfeld bleiben soll, meint Erik Maehle.
    "Diese Technik ist interessant für alle Einsatzgebiete, wo man unter Wasser messen und in kurzer Zeit einen relativ großen Bereich abdecken will. Ein Szenario ist zum Beispiel in Häfen."
    So könnte der Schwarm aktiv werden, wenn in einem Hafen Öl ausläuft.
    Dann sollen die Roboter ausschwärmen, die Ausbreitung der Ölpest vermessen und den Einsatzkräften mitteilen, wo sie am besten agieren sollten.