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Unveröffentlichte Urteile

Das Deutsche Sportschiedsgericht (DIS) hat zuletzt vor einer Woche für Aufsehen gesorgt, mit einem Urteil in der Causa Erfurt. Die Nationale Anti Doping Agentur (Nada) war gegen einen Sportler vorgegangen, dessen Blut vor 2011 mit der umstrittenen UV-Bestrahlung behandelt worden war. Der Sportler wurde freigesprochen. Auch für andere Urteile wird das Sportschiedsgericht kritisiert.

Von Andrea Schültke | 10.11.2012
    Das Deutsche Sportschiedsgericht hat die Nada-Interpretation des Urteils relativiert. Generalsekretär Jens Bredow:

    "Eine grundsätzliche Aussage, dass vor 2011 es zulässig war, Blut zu entnehmen, zu bestrahlen und wieder zuzuführen, die enthält das Urteil nach meinem Dafürhalten ganz sicher nicht."

    Die Öffentlichkeit kann sich keine eigene Meinung bilden. Denn in seiner fast fünfjährigen Geschichte, hat das Deutsche Sportschiedsgericht noch nie ein Urteil veröffentlicht. Und damit sind wir bei der Institution an sich. Schiedsgerichte sind Privatgerichte. Sie entscheiden Fälle anstelle des staatlichen Gerichtes. Das Sportschiedsgericht arbeitet unter dem Dach der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit. Initiiert von der Nationalen Anti Doping Agentur, hat diese mit dem DIS eine Schiedsordnung vereinbart. Die Grundlage der Rechtsprechung etwa in Dopingfällen. Alle Verbände, die sich dem Deutschen Sportschiedsgericht angeschlossen haben, stimmen damit der Schiedsordnung zu. Das gilt auch für die Athleten dieser Verbände.

    "Derzeit haben wir 51 Sportfachverbände, die mit uns kooperieren, die also als zumindest letzte Instanz national bei Dopingvergehen das Deutsche Sportschiedsgericht in Anspruch nehmen. Es gibt andere, die das mit eigenen Mitteln zunächst betreiben, wie DSV und wenn das Ergebnis der verbandseigenen Gerichtsbarkeit dann einer Partei nicht gefällt, kann man zum staatlichen Gericht gehen. Und das war ja genau das, was eigentlich ausgeschlossen werden sollte, dass man zum staatlichen Gericht gehen kann, man wollte ja eine einheitliche, private Gerichtsbarkeit für den Nada/Wada Code haben."

    Genau hier liegt aber nach Meinung von Ute Döpfer das Problem. die Anwältin mit Schwerpunkt Strafverteidigung und Sportrecht sieht ein Sportschiedsgericht dann als das richtige Entscheidungsorgan, wenn es um wettkampfspezifische Belange geht.
    Etwa die Frage: ist die Größe des Tennisschlägers erlaubt, entspricht das Teil am Formel 1-Auto dem Regelwerk?

    "In dem Moment aber, wo es darüber hinaus um Sanktionen also nicht nur um sportinterne Entscheidungen über die Wettkampfordnung sondern um Sanktionen gegen den Athleten geht, um Sperren, um Schadensersatzansprüche, möglicherweise um lebenslange Wettkampfausschlüsse, in dem Moment halte ich den Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges für hochproblematisch und ich meine für rechtswidrig."

    Vor allem dann, wenn sich die Athleten dem Verbandswillen nicht freiwillig unterwerfen, so Döpfer.

    Mehr als die Hälfte der knapp 100 Mitgliedsverbände im Deutschen Olympischen Sportbund lassen ihre rechtlichen Auseinandersetzungen durch das Sportschiedsgericht regeln. Die anderen entscheiden ihre Fälle verbandsintern und setzen sich damit dem Vorwurf der Intransparenz aus.
    Der lastet allerdings auch auf dem Sportschiedsgericht, das bisher keine seiner Entscheidungen öffentlich gemacht hat. Dabei sieht die Schiedsordnung das eigentlich vor, besonders bei Dopingvergehen. Ausnahme: beide Parteien vereinbaren Vertraulichkeit.
    Und genau das war bisher immer der Fall. Auch auf Druck der Öffentlichkeit, soll jetzt aber das jüngste Urteil in der Causa Erfurt veröffentlicht werden. Was die Zukunft angeht, plädiert Generalsekretär Jens Bredow für ein Umdenken:

    "Ich denke, dass wir jetzt das Thema neu aufrollen müssen und es wäre sicher eine gute Lösung aus meiner Sicht, wenn man dem CAS-Beispiel folgt und sagt, grundsätzlich werden diese Urteile veröffentlicht."

    Die Urteile des Internationalen Sportgerichtshofs CAS sind auf dessen Internetseite einsehbar. Entscheidungen, die meistens von drei Richtern getroffen werden. Beim Deutschen Sportschiedsgericht handelte es sich bei den jüngsten Urteilen meist um Schiedssprüche eines einzelnen Richters. Auch ein Kritikpunkt an den DIS-Entscheidungen. Basis dafür ist wieder die Schiedsordnung. Die sieht bei einem Streitwert unter 25tausend Euro einen Einzelschiedsrichter vor. Aus Kostengründen:

    "Es ist also bewusst eine Lösung gewählt worden, die für jeden Athleten finanziell erträglich ist. Das Honorar des Einzelschiedsrichters ist auch begrenzt und reduziert als Pauschalsumme auf Wunsch und im Interesse der Athleten, die für den Fall des Unterliegens die Kosten tragen müssen gering gehalten werden."

    Das gelte auch für die Nada oder den Verband:

    "Das erklärt, dass eine gewisse Neigung besteht, das mit Einzelrichtern zu machen, oder wenn man die Wahl hat, Fälle auszusuchen, die einen geringen Streitwert haben, ganz einfach um das Kostenrisiko gering zu halten."