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Urkundenprüfer beim BAMF
Pässe unterm Mikroskop

In den letzten Monaten gab es immer wieder Einzelfälle, bei denen Fahnder mutmaßliche IS-Terroristen festgenommen haben, die als syrische Flüchtlinge nach Deutschland eingereist waren. Im Bundesamt für Migration werden die Pässe und Visa von Flüchtlingen geprüft. Die Fälschungsquote liegt bei zwei bis drei Prozent.

Von Claudia van Laak | 24.11.2016
    Im Seehafen Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) zeigen am 12.11.2015 Transitflüchtlinge Pässe (aus dem Irak und Syrien), die sie vorlegen müssen, um für sich und Mitreisende Tickets für eine Fähre nach Schweden kaufen zu können.
    Die Dokumentenprüfer achten darauf, ob Pässe gefälscht, teilweise gefälscht oder Nummern von gestohlenen Pass-Formularen haben. (picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck)
    Helmut Damm hält einen dunkelblauen, syrischen Pass mit goldenem Aufdruck in der Hand, schiebt ihn in ein Urkundenuntersuchungsgerät, das mit verschiedenen Lichttypen arbeitet.
    "Sie haben hier ganz normales Tageslicht, sie haben Durchlicht, Auflicht, ein Untergrundlicht, damit sie das Wasserzeichen erkennen können. Das ist ein ganz wichtiges Kriterium, das Wasserzeichen, weil das ganz schwer gefälscht werden kann. Das ist ein Sicherheitsmerkmal, das wir zuerst prüfen."
    Nicht nur deutsche Experten, auch Mitarbeiter aus den Herkunftsländern der Asylbewerber arbeiten in der Urkundenprüfung des BAMF. Mohamed Shiridin, Kurde aus Syrien, sitzt an einem der Schreibtische, übersetzt Dokumente vom Arabischen ins Deutsche.
    "Ich übersetze ID Karten, Staatsangehörigkeitsurkunden, Geburtsurkunden, Auszüge aus dem Zivilregister, das mache ich alles handschriftlich."
    Die gebürtige Irakerin Ban Al Katib betritt das Büro von Helmut Damm, in der Hand einen irakischen Pass. Sie ist sich nicht sicher, ob die dort eingeklebten Visa in Ordnung sind.
    "Die hier aus dem Iran, ja das steht da ja auch drauf. Dies hier, Number of Entries, das soll laut meiner Unterlagen in Stichtiefdruck sein. Das muss ich mir jetzt erst einmal unter dem Mikroskop angucken, um das nachzuvollziehen."
    Wie lassen sich die Fälschungen entdecken?
    Helmut Damm – früher Urkundenprüfer im Berliner Landeskriminalamt – schiebt den Pass unter das Mikroskop, nickt. Alles in Ordnung mit den Visa. Anhand der roten Seriennummern auf zwei irakischen Personalausweisen zeigt er, wie sich Fälschungen mit dem Mikroskop entdecken lassen – die roten Ziffern sind an den Rändern ausgefranst.
    "Die herkömmlichen Dokumente, die werden überwiegend im Hochdruckverfahren gefertigt. Und wenn ich mir das strittige Dokument anschaue, so, das ist im Laserdruckverfahren aufgebracht worden."
    370 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge BAMF prüfen derzeit die Dokumente der Flüchtlinge, die Asyl beantragt haben. Nur vier von zehn nach Deutschland Eingereisten haben überhaupt einen Personalausweis oder einen Reisepass dabei.
    "[Im großen Ganzen ist ja auch] Im Zuge der ganzen Schleuserorganisationen kriegen Sie ein Rundumsorglospaket, sie werden mit entsprechenden Papieren ausgestattet, die sind professionell gefälscht, und deshalb muss man auch genau hingucken."
    Gefälschte, verfälschte und gestohlene Dokumente
    Es gibt komplett gefälschte Dokumente oder auch verfälschte – Reisepässe, bei denen zum Beispiel eine Seite oder das Foto ausgetauscht worden sind - aber auch gestohlene Dokumente.
    "Sie haben Pässe, die echt sind und auch an deren Ausführung ist nichts, aber sie sind gestohlen. Der IS hat im Zuge seiner Raubzüge auch massenweise Pass-Formulare gestohlen und auch das entsprechende Ausstellungsequipment, das müssen Sie über die entsprechenden Seriennummern verfügen. Das prüfen wir hier natürlich auch. Das kann nicht sein, dass der Pass unbeanstandet durchgeht, er ist aber ein gestohlenes Exemplar. Es gibt also neben den ge- und verfälschten Dokumenten auch noch die Kategorie der widerrechtlich ausgestellten. Das ist ganz wichtig."

    Nur zwei bis drei Prozent der Dokumente sind gefälscht
    Die Zahl der Fälschungen hält sich allerdings in Grenzen, sie liegt bei 2 bis 3 Prozent. Ein gefälschtes Dokument bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Asylantrag dieser Person abgelehnt wird – vielleicht war es für den politisch Verfolgten die einzige Möglichkeit, sein Heimatland zu verlassen. Entdecken die Urkundenprüfer Unregelmäßigkeiten, wird allerdings genauer hingesehen. So führte die Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei, Staatsanwaltschaft und BAMF vor kurzem zur Festnahme eines Terrorverdächtigen in Berlin. Helmut Damm hatte dessen Pass wenige Wochen zuvor in der Hand.
    "Dieser Pass ist bei uns aufgelaufen. Ja, wir haben festgestellt, dass er falsch ist oder dass er verfälscht worden ist. Das war eine sehr gute Verfälschung, muss man sagen. Die Fälscher sind gut, aber wir sind besser."