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Urteil des Verwaltungsgerichts
Der Sonntag bleibt ein bisschen heilig

Busfahrer und Feuerwehrleute müssen sonntags arbeiten. Aber müssen auch Videotheken und Callcenter am Wochenende offen sein? Nein, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Das Urteil betrifft Hessen, dürfte aber bundesweite Signalwirkung haben.

26.11.2014
    Plakat der evangelischen Kirche mit der Aufschrift "Wir haben schon immer sonntags geöffnet"
    Evangelische Gemeinden klagten gegen die Sonntagsarbeit in Hessen. (picture alliance / dpa / Gero Breloer)
    Das Bundesverwaltungsgericht hat der Ausweitung der Sonntagsarbeit Grenzen gesetzt. Die Leipziger Richter sehen keine Notwendigkeit für sonntags geöffnete Videotheken, Bibliotheken, Callcenter sowie Lotto-Annahmestellen. Damit erklärten sie wesentliche Teile einer Verordnung des Landes Hessen für unwirksam. Das Urteil dürfte weitreichende Folgen haben, da die meisten anderen Bundesländer ähnliche Verordnungen haben
    Hessen hatte 2011 weitreichende Ausnahmen für den gesetzlich geschützten, arbeitsfreien Sonntag festgelegt. Dagegen klagten eine Gewerkschaft und zwei evangelischen Gemeindeverbände.
    Videos oder Bücher ausleihen ist auch am Werktag möglich
    Die Begründung der Richter: Die Arbeit in Videotheken und öffentlichen Bibliotheken sei an Sonn- oder Feiertagen nicht unbedingt erforderlich. Nutzer könnten Videos oder Bücher auch an Werktagen ausleihen. Auch die Beschäftigung von Mitarbeitern in Callcentern sowie Lotto- und Totogesellschaften sei nicht zwingend notwendig, um die "an diesen Tagen besonders hervortretenden Bedürfnisse der Bevölkerung" zu decken. Für zulässig erachtete das Verwaltungsgericht hingegen Ausnahmen im Buchmachergewerbe. Dies betrifft vor allem die Annahme von Wetten auf Pferderennbahnen.
    Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden. Dies gilt etwa, um "erhebliche Schäden zu vermeiden", falls die Arbeit nicht an Werktagen verrichtet werden kann. Die Länder können aber Ausnahmen regeln.
    Callcenter-Verband: Nicht erreichbar sein ist "keine Option"
    Der Callcenter-Verband kritisierte das Urteil als einen "Schlag ins Gesicht der Verbraucher". Am Sonntag telefonisch nicht erreichbar zu sein, sei "für viele Unternehmen keine Option". Es drohe die Verlagerung von Arbeitsplätzen in andere Bundesländer oder ins benachbarte Ausland, erklärte Verbandspräsident Manfred Stockmann.
    Hessen will das Verbot der Sonntagsarbeit in den betroffenen Branchen dagegen direkt umsetzen. Der Staatssekretär im Sozialministerium, Wolfgang Dippel (CDU), sprach von einem "sehr ausdifferenzierten Urteil", das alle Bundesländer betreffe. "Wir haben uns in Hessen bewusst an den in den anderen Ländern geltenden Regelungen orientiert", betonte er.
    (lob/stfr)