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Urteil
Europäischer Gerichtshof stärkt Mindestlohn

Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen dürfen Städte und Gemeinden grundsätzlich Bieter ausschließen, die keinen Mindestlohn bezahlen. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil entschieden. Zur Begründung hieß es, der Mindestlohn gehöre zum Arbeitnehmerschutz.

17.11.2015
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    Der Gerichtshofs der Europäischen Union in Luxemburg. (picture alliance / dpa / Krystof Kriz)
    Die öffentliche Hand darf die Vergabe von Aufträgen grundsätzlich davon abhängig machen, dass Bieter einen Mindestlohn bezahlen. Bieter, die dies ablehnen, können vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass der Mindestlohn zum Schutzniveau von Arbeitnehmern gehöre und grundsätzlich durch das Ziel des Arbeitnehmerschutzes gerechtfertigt sei.
    Im konkreten Fall hatte RegioPost bemängelt, dass sie bei einer europaweiten Ausschreibung der Stadt Landau für Postauslieferungen ausgeschlossen worden sei, weil sie keinen Mindestlohn zahle. Die Stadt hatte das Unternehmen nach eigenen Angaben aufgefordert, den derzeitigen Mindestlohn von 8,70 Euro pro Stunde zu entrichten. Das von der RegioPost angerufene Oberlandesgericht Koblenz hatte den Europäischen Gerichtshof gefragt, der nun entschieden hat, dass der Ausschluss mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist (Az.: C-115/14).
    Kein reines Lippenbekenntnis
    Die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zeigten sich mit dem Richterspruch zufrieden. "Dieses Urteil stärkt die Belange der Beschäftigten und ist ein klares Votum für ein soziales Europa mit verbrieften Löhnen", sagte Verdi-Vizechefin Andrea Kocsis.
    Der DGB sieht die Bundesregierung nun gefordert, das Urteil bei der Umsetzung der anstehenden Vergaberechtsreform auf Bundesebene zu berücksichtigen. Der Handlungsspielraum der Länder dürfe im Hinblick auf soziale Vorgaben und Mindestlöhnen "auf keinen Fall eingeschränkt werden", forderte der DGB. Zudem müssten die Regelungen im Bundesrecht zu den sozialen Kriterien "verpflichtend sein". Nur so bleibe die Bezugnahme auf soziale Kriterien im deutschen Vergaberecht kein reines Lippenbekenntnis, erklärte der DGB.
    (pg/tgs)