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Urteil
Tagesschau-App war unzulässig

Das Oberlandesgericht Köln hat den jahrelangen Rechtsstreit um die Tagesschau-App vorerst zugunsten der Zeitungsverlage entschieden - und gegen die ARD und den federführenden NDR. Die App, wie sie am Beispieltag, dem 15. Juni 2011, abrufbar war, sei presseähnlich gewesen – und damit unzulässig.

Von Christoph Sterz | 30.09.2016
    Neun Millionen Menschen nutzen die App der Tagesschau.
    Urteil des OLG Köln: Teile der Tagesschau-App seien in der Version vom 15. Juni 2011 presseähnlich und damit unzulässig gewesen. (imago stock & people)
    Fünf Jahre lang hatten unter anderem Axel Springer und die Verlage der FAZ und der Süddeutschen Zeitung gegen die Tagesschau-App geklagt, jetzt bekamen sie Recht: Teile der App seien in der Version vom 15. Juni 2011 presseähnlich und damit unzulässig gewesen, hieß es vom Kölner Oberlandesgericht. Die Inhalte, die sich nicht direkt auf Sendungen der ARD bezogen, seien zu textlastig gewesen.
    Urteil mit Signalwirkung
    Ein Urteil mit Signalwirkung, meint der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, Dietmar Wolff.
    "Wenn wir uns jetzt einen aktuellen Inhalt anschauen, können wir das mit diesen Kriterien, den Vorgaben, die wir jetzt aus dem Urteil haben, abgleichen, und können wesentlich einfacher auch zu einer Entscheidung kommen. Also es wäre falsch zu sagen, na ja, die Entscheidung betraf jetzt einen Sachverhalt aus dem Jahr 2011 und damit ist es abgeschlossen und hilft uns heute nicht. Das Gegenteil ist der Fall."
    Wettbewerbsverzerrung wegen des Rundfunkbeitrags
    Durch die Tagesschau-App sei es zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten gekommen, weil die Tagesschau-App aus dem Rundfunkbeitrag bezahlt wird, die Angebote der Verlage aber nicht.
    Mathias Döpfner, BDZV-Chef und Vorstandschef von Axel Springer, hatte deshalb schon Anfang der Woche auf dem Kongress seines Verbands deutliche Worte gefunden in Richtung der Öffentlich-Rechtlichen und deren Online-Angebote.
    Döpfner: "Öffentlich-rechtliche Gratispresse"
    "Wenige Videos, stattdessen Texte, Fotos, Texte, Texte. Das ist und bleibt öffentlich-rechtliche Gratispresse. Aber wir haben in unseren Gesprächen mit den ARD-Intendanten vor einigen Wochen hier sehr versöhnliche Signale gehört, wie so oft. Weitere Sender seien nicht die geplant und die Presseähnlichkeit soll jetzt wirklich zurückgebaut werden. Ich hoffe, dass diesmal den Worten Taten folgen. Sonst müssen unsere Worten massive juristische Schritte folgen."
    Dass die Verlage heute Erfolg hatten mit einem solchen juristischen Schritt, wird vonseiten der ARD nicht bestritten. Der für die Tagesschau-App verantwortliche NDR moniert aber, dass Grundlage des Urteils lediglich Papierausdrucke gewesen seien; also kein vollwertiges Abbild der App. Zudem habe das Urteil keine unmittelbare Bedeutung für die aktuelle Version der Tagesschau-App. Die sei nämlich längst angepasst worden, es gebe im nicht-sendungsbezogenen Bereich mehr Videos und Audios und weniger Texte als noch 2011.
    ARD will Urteil mit Blick auf Online-Angebote prüfen
    Dennoch will sich die ARD das Urteil genau anschauen und es mit Blick auf ihre aktuellen Online-Angebote prüfen, sagt der Justiziar des Norddeutschen Rundfunks, Michael Kühn.
    "Die bayerischen Verlage haben ja auch den Rechtsweg gewählt, um gegen BR24 vorzugehen. Auch das ist einer der Gründe, weshalb wir dieses Urteil genau studieren müssen, ob etwaige Fernwirkungen bei anderen Telemedien-Angeboten der ARD zu befürchten sind. Wir sehen uns hier auf dem Weg des Rechts und meinen, dass wir uns hier rechtskonform verhalten. Ansonsten würden wir es natürlich ändern."
    Keine Revision zugelassen
    Weil das Kölner Oberlandesgericht keine Revision zugelassen hat, haben ARD und NDR nur die Möglichkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzureichen; gegebenenfalls ist auch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich.