Freitag, 29. März 2024

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Urteil zu Elbertiefung
Präsident des Hafenverbands: "Signal, dass die Vertiefung machbar ist"

Der Präsident des Hamburger Hafenverbands, Gunther Bonz, ist mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Elbvertiefung grundsätzlich zufrieden. Es sei ein gutes Urteil, sagte Bonz im DLF. Dennoch sei bedauerlich, dass man nun noch einmal Zeit verliere.

09.02.2017
    Ein Containerfrachter fährt im Hamburger Hafen über die Elbe.
    Ein Containerfrachter fährt im Hamburger Hafen über die Elbe. (picture alliance / dpa)
    Er schätze die neuerliche Wartezeit auf zwei Jahre. Vor Ende 2018 werde man nicht beginnen können. Nun müsse man mit aufwendigen Maßnahmen versuchen, die Kunden an den Hamburger Hafen zu binden. Diese seien "not amused", dass sie Wartezeiten hätten. "Wir müssen das durch gutes Management und Anreize minimieren", meinte Bonz.
    Zu den Bedenken von Umweltschützern sagte er, es sei unbestritten, dass die Elbe mit der geplanten Vertiefung am Ende ökologisch besser dastehen werde als zuvor. Der Hafen-Manager verwies auf Belgien und die Niederlande. Dort würden vergleichbare Maßnahmen mit Unterstützung von Umweltschützern durchgeführt.

    Das Interview in voller Länge:
    am Telefon ist jetzt Gunther Bonz. Er ist Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, außerdem ist er selbst in verschiedenen Funktionen in der Containerlogistik tätig. Guten Tag, Herr Bonz!
    Gunther Bonz: Guten Tag, ich grüße Sie!
    "Uns geht es nicht um Sieg und Niederlage"
    Armbrüster: Herr Bonz, das war heute eine Niederlage für die Umweltschutzorganisationen, Sie haben gesiegt. Ist das ein Grund zum Feiern heute?
    Bonz: Nein. Uns geht es nicht um Sieg und Niederlage, uns geht es um die Wirtschaft und vor allen Dingen auch die dahinter stehenden Arbeitsplätze. Und so gut das Urteil ist, weil es im Kern die Elbvertiefung als möglich erscheinen lässt, so bedauerlich ist, dass durch die Nacharbeiten wir noch mal Zeit verlieren. Wir schätzen den Zeitbedarf doch auf knapp zwei Jahre ein, sodass vor Mitte, Ende 2018 mit den realen Verbesserungsmaßnahmen nicht begonnen werden kann.
    Armbrüster: Und was bedeutet diese Verzögerung für die Hamburger Hafenwirtschaft?
    Bonz: Dass wir die Kunden und damit die Warenströme, die ja auch für Arbeitsplatzsicherheit sorgen, dass wir die an Hamburg mit sehr aufwendigen Maßnahmen zu binden versuchen müssen. Die Reeder und die Kunden sind natürlich not amused darüber, dass sie ihre Transportkapazitäten auf den Schiffen in Hamburg nicht voll auslasten können und es teilweise eben auch zu langen Wartezeiten auf der Nordsee kommt, ehe man in die Elbe einfahren darf. Dies müssen wir durch Anreizsysteme, durch gutes Management versuchen, so weitgehend wir möglich zu minimieren. Das ist der Weg. Aber für ein paar Jahre geht das noch, auf Dauer wäre es nicht tragbar. Insofern ist das Urteil gut, weil es ein positives Signal gibt, dass im Kern die Maßnahme möglich ist.
    Mehr Räume für Schutzmaßnahmen
    Armbrüster: Umweltschützer sagen jetzt, die Elbvertiefung ist eine Gefahr für die Tier- und Pflanzenwelt in der Region. Kann man da so einfach drüber hinweggehen?
    Bonz: Die Planungen, auch das hat das Gericht ja heute gesagt, geben insgesamt mehr Ausgleichsmaßnahmen für die erfolgten Eingriffe als sogar gesetzlich erforderlich, wobei einige eben nachgesteuert werden müssen, weil sie unter Rechtskriterien nicht einwandfrei sind.
    Armbrüster: Und da sagen jetzt die Umweltschützer eben, dass solche Ausgleichsmaßnahmen eigentlich nichts bringen – haben wir gerade gehört.
    Bonz: Dann dürften die Umweltverbände ja gar keinen Eingriffen zustimmen. Das haben die aber nicht gemacht, sondern die Umweltverbände sagen ja, unter bestimmten Voraussetzungen sind sie ja auch für diese Eingriffs- und dann auch Ausgleichsmaßnahmen. Wogegen die Umweltverbände sind, ist insbesondere eine ganz bestimmte Maßnahme, die aus deren Sicht den sogenannten Schierlingswasserfenchel nicht ausreichend und dessen Überleben sichert. Das ist ein ganz konkreter Punkt. Und im Übrigen, was Flachwasserzonen, was Röhrichte und was vergleichbare in den Elbauen befindliche Naturräume angeht, wird mehr getan, und am Ende der Maßnahme stehen mehr solche Räume zur Verfügung, als sie heute zur Verfügung stehen. Also, man muss nun auch bei den Umweltverbänden unterscheiden. Da gibt es konstruktive und Fundamental-Oppositionelle.
    "Der Fluss wird ökologisch besser dastehen als heute"
    Armbrüster: Aber man kann doch festhalten, Herr Bonz, wenn es um Arbeitsplätze geht, dann ziehen solche Gründe, solche Umweltschutzgründe inzwischen in Deutschland eigentlich immer den Kürzeren.
    Bonz: Das hiesige Verfahren ist, glaube ich, genau das Gegenteil, dass die Arbeitsplätze zurückstehen müssen seit 15 Jahren gegenüber diesen teilweise berechtigten Umweltanliegen. Wobei es hier in der konkreten Auseinandersetzung darum geht, dass wir ein neues europäisches Wasserrahmenrecht haben, welches noch nie zur Anwendung gekommen ist, und das ist hier so ein Trial-and-Error-Prinzip. Und das muss ausdiskutiert und ausgearbeitet werden, aber am Ende aller Tage wird der Fluss auch mit dieser Vertiefungsmaßnahme besser dastehen ökologisch als heute. Das ist meines Erachtens unbestritten.
    Armbrüster: Ein anderer Kritikpunkt setzt genau da an, da sagen die Kritiker nämlich, die Vertiefung der Elbe ist eigentlich völlig unnötig, weil – und wir haben das ja auch gerade gehört, die meisten Schiffe, die nach Hamburg kommen, gar nicht voll beladen sind und deshalb gar nicht unbedingt diese Tiefe des Flusses brauchen.
    Bonz: Ich meine, das ist ja nun aberwitzig. Wenn eine Straße oder in diesem Fall ein Wasserweg nur eine bestimmte Beladung eines Schiffes zulässt, dann kann es natürlich nicht darüber hinaus gehen, weil es dann auf Grund laufen würde. Also die Kunden, das wissen wir nun aus täglichen Gesprächen, würden viel lieber voll beladen dann nach Hamburg kommen, mit eben einer besseren Elbzugänglichkeit, als es derzeit der Fall ist. Hier nehmen auch unsere Kunden, die Kunden des Hamburger Hafens, erhebliche Restriktionen auf sich.
    "Wenn wir die Fahrrinnenanpassung nicht bekommen, werden wir unwichtiger"
    Armbrüster: Und wächst der Hafen denn überhaupt in einem solchen Maße, dass so eine Maßnahme, so eine Elbvertiefung gerechtfertigt ist, oder muss man nicht eigentlich eher feststellen, Hamburg wird eigentlich als Hafen im internationalen Vergleich eher unwichtiger?
    Bonz: Wenn wir die Fahrrinnenanpassung nicht bekommen, dann werden wir unwichtiger, das ist unbestritten. Und wir haben schon heute im Umschlag geringere Zuwächse und im letzten Jahr sogar einen leichten Rückgang als unsere Hauptwettbewerber in Belgien und in Holland. Dort werden im Übrigen Flüsse mit Unterstützung der dortigen Umweltverbände ausgebaut und ausgebaggert und vertieft und verbreitert, ohne diese schwierigen Verfahren wie hier in Deutschland. Das ist ein besonderes deutsches Phänomen, was wir hier im Übrigen vor uns haben. Aber die Kunden würden mehr Ware bringen und mehr Ladung, wenn die Fahrrinne angepasst ist, und dann würde Hamburg, der Hamburger Hafen auch wieder wachsen. Zurzeit stagnieren wir.
    Armbrüster: Sagt hier bei uns im Deutschlandfunk Gunther Bonz, der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Vielen Dank, Herr Bonz, für Ihre Zeit an diesem Donnerstagmittag.
    Bonz: Ich danke Ihnen, gern, vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.