Normalerweise können Verbraucher im Internet gekaufte Waren innerhalb von 14 Tagen zurückschicken - auch, wenn sie den Artikel bereits ausgepackt und ausprobiert haben. Das Widerrufsrecht macht es möglich. Klar scheint aber auch zu sein, dass etwa Zahnbürsten oder auch Unterwäsche nach der Benutzung nicht mehr zurückgeschickt, geschweige denn vom Händler wieder verkauft werden können. Aus diesem Grund sieht der Gesetzgeber Ausnahmen für solche Artikel vor. Geregelt ist das im §312g BGB:
BGB § 312g Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht besteht (...) nicht bei folgenden Verträgen:
[...] Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde [...]
Das Widerrufsrecht besteht (...) nicht bei folgenden Verträgen:
[...] Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde [...]
Das Streitobjekt beim Bundesgerichtshof ist nun eine Matratze in Schutzfolie. Ein Kunde hatte die Matraze im November 2014 online bestellt, zu Hause ausprobiert und wollte sie nun wieder zurückgeben. Der Händler weigerte sich, den Kaufpreis von knapp 1.100 Euro zu erstatten und verwies darauf, dass der Kunde vor dem Probeliegen die Schutzfolie entfernt hatte.
Was sind Hygieneartikel?
Das BGB-Gesetz basiert auf einer EU-Richtlinie, und ein Leitfaden der EU-Kommission zu den Verbraucherrechten scheint dem Händler recht zugeben. Dort heißt es: "Damit Artikel (...) vom Widerrufsrecht ausgenommen werden können, müssen triftige Gesundheitsschutz- oder Hygienegründe für die Versiegelung vorliegen". Eine solche Ausnahme könnte demnach beispielsweise für "Auflegematratzen" gelten.
Doch die Vorinstanzen hatten anders entschieden. In ihren Augen ist der Leitfaden eher als Empfehlung zu verstehen, rechtlich sei er aber unverbindlich. Entscheidend sei nicht, ob hygienische Gründe die Rückgabe ausschließen würden, sondern ob diese einer Wiederveräußerung der Ware durch den Unternehmer entgegenstünden. Da eine Matratze gereinigt werden könne, sei ein Weiterverkauf möglich. Ein ähnliches Urteil erstritt die Verbraucherzentrale Brandenburg im vergangenen Jahr vor dem Landgericht Berlin. Der BGH könnte dieser Argumentation nun folgen; es ist aber auch gut möglich, dass der Fall letzten Endes vor dem Europäischen Gerichtshof landet.
Eine Frage der Definiton
Während sich Händler eine präzisere Defintion des Begriffs "Hygieneartikel" erhoffen, ist für Verbraucherschützer die Trennung klar. "Alles was mit der Intimsphäre zu tun hat", falle unter die Gruppe Hygieneartikel, erklärt Daniel Schulz, E-Commerce-Experte beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz. Waren aus dem Bereich der Privatsphäre könnten dagegen auch nach dem Auspacken noch zurückgegeben werden, zum Beispiel Kissen, Bettzeug oder ein Schlafsack.
Als Abgrenzung könnte die Frage hilfreich sein: Wo wird es für den Durchschnittsverbraucher ekelerregend? Eine Matratze testet man auch im Laden, eine Zahnbürste dagegen nicht. Allerdings: Die Ware müsse ordnungsgemäß versiegelt sein, sagt Boris Wita von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Nur dann dürfe das Widerrufsrecht ausgeschlossen werden.
(rm/tep)